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Spina bifida: Manche können auf eine gute Lebensqualität hoffen

Spina bifida (offener Rücken) ist eine angeborene Fehlbildung, die in der Schweiz und in Mitteleuropa durchschnittlich bei einem von 1000 bis 2000 Neugeborenen auftritt. Damit ist sie nach Herzfehlern der zweithäufigste Geburtsdefekt - gehört aber immer noch zu den seltenen Krankheiten.

Kinder mit Spina Bifida haben oft Probleme mit dem Laufen.
Viele Kinder mit Spina bifida sind auf Gehhilfen angewiesen. Foto: Tracy Lee Carroll, flickr.com, CC-Lizenz (by-nc-nd)

Von unproblematisch bis Querschnittslähmung: Ausprägung und Folgen des Geburtsfehlers

Spina bifida bedeutet wörtlich «gespaltene Wirbelsäule». Ein oder mehrere Wirbel - meist im Bereich der Lendenwirbelsäule - weisen einen Spalt auf, so dass die Rückenmarkshäute (Meningen) mit dem darunter befindlichen Rückenmark frei liegen. Bei der leichten Form des Geburtsfehlers, der Spina bifida occulta befinden sich Rückenmark und Meningen in ihrer üblichen Lage innerhalb des Wirbelkanals. Wölben sich die Meningen und eventuell sogar das Rückenmark durch den Spalt hervor, spricht man von der offenen oder manifesten Form, der Spina bifida aperta.

Relativ unproblematisch ist ein offener Rücken auch dann noch, sofern nur die Rückenmarkshäute ausgestülpt sind (Meningozele). Nur bei Beteiligung des Rückenmarks an der Ausstülpung (Myelomeningozele) sind Nervenschädigungen und die damit verbundenen körperlichen Behinderungen unvermeidlich.

Durch die bereits im Mutterleib aufgetretene Lähmung kann die normale Entwicklung von Hüften und unteren Extremitäten beeinträchtigt sein. Möglich sind Hüftdislokationen, die Verkürzung von Sehnen und Bändern oder Störungen der Muskulatur.

Offener Rücken: Lebenserwartung und Lebensqualität

Ein manifester offener Rücken (Spina bifida aperta) beeinträchtigt die kognitive Entwicklung eines Kindes nicht. Wird diese Form des offenen Rückens operiert, treten meist auch keine gefährlichen Gesundheitsrisiken auf. Viele Spina bifida Patienten haben mit orthopädischen Hilfsmitteln wie Gehilfen, Physiotherapie und besonderer Aufmerksamkeit für Nierenprobleme, die eine gestörte Blasenkontrolle mit sich bringen kann, gute Chancen auf ein weitgehend selbstständiges Leben, praktisch normale Lebenserwartung und eine gute Lebensqualität.

Schwerere Fälle des Geburtsfehlers sind allerdings nicht selten von Fehlbildungen im Bereich des Gehirns begleitet: Ableitungsstörungen des Hirnwassers (Hydrocephalus) und Verlagerungen sowie Unterentwicklung von Hirnarealen können die Prognose ungünstig beeinflussen.
So entsteht die Fehlbildung Spina bifida

Zwischen dem 22. und 28. Lebenstag, also sehr früh in der Embryonalentwicklung, bildet sich das sogenannte Neuralrohr durch Verschmelzung der beiden Ränder einer rinnenförmigen Vertiefung. Aus dem Neuralrohrgewebe entstehen später Rückenmark und Gehirn. Schliesst sich das Neuralrohr nicht vollständig, kommt es zu den sogenannten Neuralrohrdefekten, zu denen auch der offene Rücken gehört. Die gemeinsame Entstehung erklärt das häufig kombinierte Auftreten von Fehlbildungen an beiden Enden des Neuralrohrs: Ein offener Rücken resultiert aus Verschlussdefekten im unteren Bereich, während ein unvollständiger Verschluss im oberen Bereich Unregelmässigkeiten in der Anatomie des Gehirns mit sich bringt.

Vorbeugung mit Folsäure

Studien haben nachgewiesen, dass Folsäure das Risiko von Neuralrohrdefekten um 70 Prozent verringert. Wichtig ist dabei, dass der Folsäurespiegel bereits zum Zeitpunkt der Empfängnis erhöht ist . Daher sollten Sie schon etwa drei Monate vor der geplanten Schwangerschaft Folsäurepräparate einnehmen.

Das B-Vitamin spielt eine wichtige Rolle bei der Zellteilung. Defizite werden überall dort kritisch spürbar, wo Wachstum und Differenzierung stattfinden, wie etwa bei der Bildung der roten und weissen Blutzellen - oder eben in der Embryonalentwicklung. Hier kann Folsäuremangel neben Neuralrohrdefekten auch zu Herzfehlern, Fehlbildungen des Urinaltrakts und anderen Störungen des normalen Wachstums führen.

Spina bifida Therapie

Die Spina bifida occulta benötigt in aller Regel keine Therapie und bereitet keine Beschwerden. Und auch eine Spina bifida aperta mit Meningozele, die sich als kleine bis tennisballgrosse, flüssigkeitsgefüllte Blase am Rücken präsentiert, ist meist unproblematisch. Beim operativen Verschluss werden die Meningen zurück in den Wirbelkanal geschoben und der Spalt versiegelt.

Kritisch ist der Fall einer Myelomeningozele. Die Operation muss bereits kurz nach der Geburt erfolgen, um weitere Schädigungen der Nerven zu verhindern. Meningen und Rückenmark werden behutsam an den richtigen Ort gebracht und die Öffnung verschlossen. Fehlt die Rückenmarkshaut an der offenen Stelle, wird sie durch ein Transplantat von Hirnhaut ersetzt. An einigen medizinischen Zentren, so etwa am Zentrum für fötale Chirurgie vom Kinderspital und Universitätsspital in Zürich, werden auch bereits vorgeburtliche Operationen mit beachtlichem Erfolg durchgeführt. «Will man dem Kind die bestmögliche Chance geben, muss man die fötale Operation empfehlen», motiviert Professor Martin Meuli, Chefarzt in Zürich und europäischer Pionier der pränatalen Chirurgie, den schwer wiegenden Eingriff am Fetus gegenüber der NZZ.

 

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