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Nicht ohne mein Plüschtier!

Das eine Kind liebt den dicken Teddy, das andere die weiche Maus: Viele Kinder haben ein Lieblings-Plüschtier, das sie besonders lieben. Welche Rolle Stofftiere haben und warum sie für eine gesunde Entwicklung der Kinder wichtig sind.

Mein Plüschtier - mein bester Freund
Durch dick und dünn, über Stock und Stein: Das Lieblings-Plüschtier ist für Kinder der treueste aller Freunde. Bild: Ritter75, iStock, Thinkstock.

Das Schaf mit den abstehenden Ohren hockt im Kinderbett, auf der Spieldecke wartet ein rosa Schweinchen mit grossen Augen, während die Eule auf dem Wickeltisch über das Kind wacht. Kaum ist ein Kind auf der Welt, wird es umgeben von vielen Plüschtieren, die es zur Geburt oder nach und nach geschenkt bekommt. Lebendig werden sie für die Kinder aber erst ungefähr in der zweiten Hälfte des zweiten Lebensjahres.

Als-Ob-Spiele hauchen Plüschtieren Leben ein

In dieser Phase beginnen die sogenannten «Als-Ob-Spiele»: Spiele, bei denen man das Kind glauben lässt, dass ein Gegenstand oder ein Plüschtier lebendig werden und einen bestimmten Charakter erhalten. Solche Spiele sind erst möglich durch das sogenannte Symbolisierungsvermögen und Fantasie, die das Kind in diesem Lebensabschnitt neu dazu gewinnt. «Wenn ich irgendeinen Gegenstand in die Hand nehme und so tue, als ob ich damit telefoniere, lacht das Kind. Es begreift, dass ich es zum Spielen einlade», erklärt Alain Di Gallo, Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel. Von nun an kann jederzeit aus einem Bauklotz ein Auto werden - und aus einem Plüschtier ein lebendiges Wesen.

Plüschtiere sind mehr als Spielzeug

Plüschtiere werden durch diese «Lebendigkeit» zu Freunden – und sind damit mehr als einfach nur Zeug zum Spielen. Denn sie sprechen über die Sinne das Bedürfnis nach Geborgenheit an und befriedigen es teilweise. «Sie sehen in der Regel lieb aus und fühlen sich besonders weich und kuschelig an. Als Dialogpartner im Spiel können Kinder ihren Plüschtieren auch zuhören», erklärt Di Gallo. Darüber hinaus nehme das Lieblings-Kuscheltier, ein treuer Begleiter im Alltag, nach und nach seinen ganz bestimmten Geruch an. «Deshalb wollen Kinder oft nicht, dass ihr Plüschtier gewaschen wird – danach riecht es anders und fremd.»

Die Wahl des Lieblings-Plüschtier

Doch wie wird ein Plüschtier zu diesem ganz besonderen Lieblings-Kuscheltier, an das es sich noch als Erwachsener erinnern wird? Auf welches Tier die Wahl fällt, können Eltern kaum beeinflussen. Viele Faktoren spielen eine Rolle. Als Beispiel nennt Alain Di Gallo neben dem Geschmack des Kindes auch seine Bedürfnisse. Sehnt es sich nach Schutz? Will es das Tier selbst bemuttern? «Ein grosses starkes Tier kann Stärke ausstrahlen. Ein kleineres oder zarteres Tier bietet die Möglichkeit, dass das Kind es selbst auch mal beschützen kann.» Möglicherweise spiele auch der Zufall mit. «Vielleicht ist das Plüschtier, das zum Lieblingstier wird, einfach gerade in einem Moment verfügbar, in dem es dringend gebraucht wird, weil es gerade in der Nähe liegt und das Kind nach ihm greift.» Das ist dann der Moment, in dem eine grosse und lange Freundschaft beginnt.

Mit dem Plüschtier selbstständig werden

Während dieser Zeit können Plüschtiere Gefährten, Sorgenpuppen und Talismane sein, die Glück bringen. «Das klassische Plüschtier aber ist ein Übergangsobjekt, ein Stellvertreter für ein Liebesobjekt, in der Regel die Mutter», erklärt Di Gallo. Es springe ein, wenn die Mutter, die meist liebevoll für das Kind da sei, keine Zeit habe oder zurückweisend sei. «Es übernimmt dann die Rolle der Mutter, besänftigt und beruhigt das enttäuschte Kind.» Kurzum: Indem das Kuscheltier dem Kind hilft, sich nicht mehr allein zu fühlen, hilft es ihm auch, einen neuen Entwicklungsschritt hin zur Autonomie zu machen. «Ein solches Übergangsobjekt zu haben gehört zur gesunden Entwicklung», sagt Di Gallo. Der Umkehrschluss sei dagegen nicht möglich. «Manche Kinder brauchen kein Lieblings-Plüschtier – auch das ist gesund.»

Eltern sollten das Plüschtier mit Wertschätzung behandeln

Doch wie viele Plüschtiere braucht ein Kind, um glücklich zu sein? Grundsätzlich sollten Erwachsene gemäss Alain Di Gallo die Kinder nicht mit Plüschtieren überhäufen. «Je mehr Tiere im Kinderzimmer hocken, umso bedeutungsloser werden sie.»

Die wenigen Stofftiere, die das Kind besonders schätzt, sollten die Eltern aber respektieren und ihren besonderen Wert für das Kind schätzen. Das bedeute zum Beispiel, das Lieblings-Kuscheltier auf Ausflüge mitzunehmen wenn sie ahnen, dass das Kind es brauchen könnte. «Doch sollte das Tier doch mal vergessen worden sein, gehört es dazu, die Zeit ohne das Plüschtier gemeinsam auszuhalten. So lernt das Kind, dass auch ein Plüschtier nicht immer verfügbar ist», sagt Di Gallo und ergänzt: «Kurzfristige Trennungserfahrungen gehören zur Entwicklung dazu und fördern die Autonomie.»

Vorsicht beim Kauf von Plüschtieren

Wichtig ist beim Kauf der Plüschtiere, dass man darauf achtet, dass sie sorgfältig verarbeitet wurden und aus hochwertigen Materialien bestehen. Denn auch Plüschtiere können, wie viele andere Spielzeuge, mit Schadstoffen belastet sein. Die Stiftung Warentest bemängelte bei ihrem letzten Plüschtier-Test im Dezember 2015 kritische Mengen gesundheitsgefährdende Substanzen, vorweg krebserzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, auch «PAK» genannt. Sie gelten als krebserregend und erbgutschädigend. 20 der 30 getesteten Tiere wiesen solche Schadstoffe auf. Tipps für schadstoffarmen Einkauf finden Sie hier: «Gift im Spielzeug: Weichmacher schädigen Entwicklung». 

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