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Wann dein Baby endlich durchschläft und wieso Schlaftrainings nichts bringen

DefinitionPlötzlich doch nicht durchschlafenWundermittel?Warum wachen Babys nachts auf?Tipps, wenn das Baby nicht durchschläft

Sie ist eine der essenziellen Fragen des Elternseins: Wann schläft unser Kind endlich durch? Eine allgemeingültige Antwort oder ein Geheimrezept gibt es leider nicht. Denn Schlaf ist ein Reifeprozess – körperlich und emotional.  Wir haben eine Schlafberaterin um Durchschlaf-Tipps für Still- und Flaschenkinder gebeten. 

Mutter liegt nachts neben Baby im Bett und gähnt
Müde ist in den ersten Monaten oft ein Dauerzustand: Mit einem Baby sind die Nächte oft kurz und turbulent. © GettyImages Plus, stock_colors

Als unser Sohn mit knapp zwei Monaten die ersten Nächte sechs Stunden am Stück durchschlief, konnten wir unser Glück kaum fassen. Wir scheinen einen guten Schläfer zu haben, freuten wir uns. Denn laut dem bekannten Schweizer Kinderarzt Remo Largo († November 2020) ist es grundsätzlich möglich, dass Kinder schon mit wenigen Wochen durchschlafen. Unsere Freude war aber nur von kurzer Dauer. Schon bald meldete sich der Kleine wieder alle paar Stunden und wir standen morgens wieder gähnend vor der Kaffeemaschine.

So sei das oft, sagt Eva Monteneri, Familienbegleiterin und Schlafberaterin (1001Kindernacht®). «Der Schlaf eines kleinen Kindes ist selten konstant», erklärt sie. «Schlaf ist ein Reifeprozess, der von ganz vielen Faktoren beeinflusst wird.»

Eva Monteneri

Eva Monteneri ist diplomierte Pflegefachfrau mit  Schwerpunkt Kind und Familie sowie Expertin für Pädiatrische Intensivpflege. Vor einer Weile hat sie sich als Familienbegleiterin selbstständig gemacht. Ihr Herzensthema ist der Kinderschlaf. Die ausgebildete Schlafberaterin (1001Kindernacht®) kennt als Mama von zwei Töchtern die Sorgen und Herausforderungen der Eltern.

Definition von Durchschlafen beim Baby: Wie viele Stunden Schlaf?

An dem Punkt müssen wir kurz die Fragen klären, wann man überhaupt von Durchschlafen spricht bei einem Baby. Kinderarzt Remo Largo definiert es so: «Durchschlafen bedeutet, dass der junge Säugling zwischen zwei Schlafzyklen von je drei bis vier Stunden Dauer nicht aufwacht und schreit.» Das heisst: Wenn dein Baby nachts sechs bis acht Stunden am Stück schläft, schläft es durch. Wenn der Nachtschlaf deines Babys von zehn Uhr nachts bis fünf Uhr morgens dauert, ist das also schon eine grosse Leistung! 

Ab wann Babys und Kinder durchschlafen 

Ab wann dein Kind nachts durchschläft, kann dir leider niemand sagen. Nur knapp zwei Prozent der Kinder schlafen laut Monteneri bereits bis Ende des ersten Lebensjahrs durch. Die meisten Kinder seien erst mit drei Jahren soweit, dass sie von alleine wieder einschlafen und nicht nach den Eltern rufen, wenn sie aufwachen. «Bis dahin brauchen viele Kinder eine intensive und liebevolle Einschlafbegleitung», weiss Monteneri. 

Wie dein Kind schläft, hängt von diversen Faktoren ab. Neben dem, was das Kind tagsüber erlebt, spielen unter anderem auch die Gene und der Charakter des Kindes eine Rolle. Schlaf ist also nicht nur ein emotionaler Reifeprozess, den Eltern fördern können. Es ist auch ein biologischer Prozess. Das Hirn muss sich erst auf lange Schlafphasen einstellen. «Aus diesem Grund bringen auch Schlaftrainings nichts», erklärt Monteneri

Durchschlafen lernen: So entwickelt sich der Schlaf im 1. Lebensjahr

Wenn dein Baby auf die Welt kommt, hat es zunächst noch keinen Tag- und Nachtrhythmus. Die Schlaf- und Wachphasen verteilen sich gleichmässig über 24 Stunden, wie Untersuchungen von Kinderarzt Remo Largo zeigen. Dies ändert sich in den nächsten Wochen und Monaten: «Bis zum dritten Lebensmonat wird der Schlaf so umverteilt, dass im Verlaufe der Nacht eine längere Schlafperiode von sechs oder mehr Stunden zustande kommt und die Kinder in den frühen Abendstunden längere Zeit wach sind», so Largo. Dein Kind lernt also von alleine zu schlafen.

Wenn das Kind plötzlich nicht mehr durchschläft

Vielleicht geht es dir wie uns mit unserem Sohn. Es kann sein, dass euer Kind schon mit wenigen Wochen mehrere Nächte sechs Stunden am Stück oder mehr schläft und dann plötzlich wieder stündlich aufwacht. «Der Reifeprozess des Schlafs verläuft nicht linear», weiss Monteneri. Solche Phasen kommen häufig dann vor, wenn das Kind einen der sogenannten Meilensteine erreicht – und davon gibt es im ersten Lebensjahr einige.

Erfahrungen und Erwartungen rund ums Durchschlafen bei Babys

Monteneri rät Eltern darum, in den ersten Jahren keine Erwartungen zu stellen und zu akzeptieren, «dass es schwierig und anstrengend ist». Eltern werde oft ein falsches Bild des friedlich schlafenden Babys vermittelt. Die Realität sieht jedoch anders aus. «Das erste Jahr ist wirklich eine Herausforderung», weiss die Expertin. Darum sei es umso wichtiger, als Familie eine Routine zu finden und zu leben, die allen guttut. Tipps dazu findest du hier.

Vater sitzt auf Bettkante und hält kleines Baby mit Schnuller im Arm.
Arrangiert euch mit der Situation: Findet Lösungen, mit denen beide Elternteile regelmässig zur Ruhe kommen können. © GettyImages Plus, DGLimages

Stillen, Flasche oder Schlaftraining: Wie schafft man es, dass ein Baby durchschläft?

Alle müden Eltern, die verzweifelt auf längere Nächte hoffen, müssen wir hier leider enttäuschen: Tricks, wie man ein Baby zum Durchschlafen bringt, gibt es nicht, stellt Monteneri klar. «Das Konzept des Abendbreis oder des angereichterten Schoppens ist veraltet.» Auch Schlaftrainings, wie sie bis heute noch angepriesen und verkauft werden, bringen wie bereits erwähnt nichts. Dies sei mittlerweile wissenschaftlich erwiesen.

Teure und aufwändige Schlaftrainingsprogramme kannst du dir sparen.

Diese These stützte auch Remo Largo . Er hielt in seinen Publikationen fest: «Das Schlafverhalten eines Kindes lässt sich nicht durch erzieherische Massnahmen wie Schreienlassen, zusätzliche Flaschennahrung oder Medikamentengabe beeinflussen.»

Monteneri rät, das Kind nach seinem Bedürfnis schlafen zu lassen und da zu sein, wenn es nach den Eltern ruft. Das bedeutet auch, dass du dein Kind nicht aufwecken solltest, wie es in vielen Schlaftrainings-Plänen empfohlen wird.

Warum wachen Babys überhaupt nachts auf?

Ob es nun nach dir ruft oder von alleine wieder einschläft: Babys und kleine Kinder wachen in der Nacht oft und regelmässig auf. Eva Monteneri erklärt, dass dies daran liegt, dass Kinder mehr REM-Schlafphasen, also leichte Schlafphasen, durchmachen als wir Erwachsenen. Sie wachen also viel leichter auf, wenn sie Durst oder Hunger haben, sich erschrecken, Angst haben oder einfach nicht alleine sein wollen. «Wenn Kinder in solchen Momenten nach den Eltern rufen, ist es wichtig, da zu sein, sie zu trösten und ihnen Sicherheit zu vermitteln.» Dies helfe dem Kind nicht nur beim Einschlafen, sondern festigt auch die Bindung zwischen Eltern und Kind und stärkt das Urvertrauen. 

Frau hält nachts Baby in rosa Body im Arm und füttert es mit der Flasche.
Ob aus Hunger oder weil sie sich fürchten: Kleine Kinder wachen nachts oft auf – auch weil sie mehr leichte Schlafphasen durchmachen. © GettyImages Plus, Miljan Živković

Das hilft! Tipps, wenn das Baby nicht durchschläft

Wir wissen nun: Die ersten drei Jahre mit Kind werden wir wohl regelmässig nachts geweckt und selbst immer wieder zu wenig schlafen. Und wenn wir das schon hinnehmen müssen, wie die Schlafberaterin Eva Monteneri sagt, dann versuchen wir zumindest das Beste daraus zu machen. Zusammen mit der Expertin haben wir hier darum sechs Tipps zusammengestellt, mit denen ihr das Schlafmanko am besten übersteht. 

1 Stellt keine hohen Erwartungen ans Kind. Es ist normal, dass ein Kind in den ersten drei Jahren eine intensive Schlafbegleitung braucht. Gebt eurem Kind die Zeit, die es braucht. In diesem Artikel gibt es Tipps, wie ihr eurem Kind die Schlafsituation so angenehm wie möglich gestaltet. 

2 Schafft eure eigenen Rituale vor dem Schlafen! Rituale sind wichtig für Kinder. Sie vermitteln Sicherheit. So sind Einschlaf- und Gute-Nacht-Rituale eine schöne Möglichkeit, das Kind in den Schlaf zu begleiten.

3 Habt den Mut, eure Schlafsituation so zu gestalten, wie ihr wollt und wie sie euch guttut. Das bedeutet vielleicht, sich von der romantischen Vorstellung des Familienbetts zu verabschieden, ein Beistellbett auszuprobieren oder das Kind sogar schon früh ans eigene Zimmer zu gewöhnen. Findet heraus, was für euch am besten funktioniert!

4 Eine gute Ressourcenplanung ist nicht nur im Job, sondern auch in der Familie wichtig. Wie können sich in eurer Situation die Eltern gegenseitig entlasten und allenfalls die Einschlafbegleitung aufteilen? 

5 Habt den Mut, euch Auszeiten zu nehmen – sei dies, um zu schlafen, spazieren, Sport zu treiben oder um Freunde zu treffen. Das Leben mit Kind ist anstrengend, vor allem, wenn es einem noch an Schlaf mangelt. Es ist wichtig, dass beide Elternteile immer wieder Kraft tanken können, indem sie Zeit für sich haben. Wie wäre es zum Beispiel mit einem regelmässigen Papi-Tag?

6 Zu wenig Schlaf bedeutet eine Belastungssituation für den Körper. Eine gesunde, ausgewogene Ernährung mit genügend Kalorien und Kohlenhydraten ist wichtig. In diesem Artikel gibt es neben Tipps zum Abnehmen nach der Geburt ganz viele wertvolle Hinweise zum Thema Ernährung für gestresste Eltern!

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