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Kindergeschichten spannend erzählen und vorlesen

Jungen und Mädchen lieben Kindergeschichten – gleichgültig, ob sie erzählt oder vorgelesen werden. Wie sie sich spannend vortragen lassen, weiss Prof. Andrea Bertschi-Kaufmann, Leiterin des Instituts «Forschung und Entwicklung» der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwest Schweiz.

Kindergeschiten spannend erzählen und vorlesen
Welchen Nutzen Kindergeschichten haben, erklärt Frau Prof. Bertschi-Kaufmann im Interview. Foto: Goodshoot, Goodshoot, Thinkstock

Immer wieder hört man, wie gut es ist, Kindergeschichten vorzulesen. Welchen Nutzen haben sie für Jungen und Mädchen?

Andrea Bertschi-Kaufmann: Wer Kindern vorliest, bietet ihnen Stoff für Fantasie und neue Vorstellungen, an denen sie mit eigenen Ideen anknüpfen können. Darüber hinaus verinnerlichen Kinder, denen oft vorgelesen wird, mit der Zeit ein Muster dafür, wie sich Geschichten zur Sprache bringen lassen. Viele Studien zeigen: Nichts bereitet Kinder so gut auf die Schrift vor wie das Vorlesen. Jungen und Mädchen, die häufig Kindergeschichten hören, lesen tendenziell lieber und besser als andere.

Nicht immer hat man ein Buch zum Vorlesen in Reichweite. Lassen sich Kindergeschichten genauso gut aus dem Kopf erzählen?

Kindergeschichten zu erzählen, hat ebenfalls grossen Wert. Erzählte Geschichten orientieren sich zwar weniger an der schriftlichen Form, lassen sich aber leicht auf das Kind abstimmen, damit es die Zusammenhänge gut verstehen kann. Noch während des Erzählens kann die Kindergeschichte so abgewandelt werden, wie sie am besten ankommt. Wo das Kind gelangweilt reagiert, wird Spannung eingebaut. Wo es ängstlich wird, lässt sich die Gefahrensituation schnell auflösen. Besonders schön ist eine Kombination von Erzählen und Vorlesen.

Welche Kindergeschichten eignen sich gut zum Vorlesen und Erzählen?

Gute Kindergeschichten machen neugierig auf die nächste Station. Gleichzeitig bleiben sie dem Alter entsprechend übersichtlich, das heisst, es dürfen nicht zu viele Figuren vorkommen. Natürlich sollten die Figuren interessant sein! Sie sollten den Wunsch wecken, das Abenteuer mit ihnen zusammen erleben zu wollen. Darüber hinaus brauchen Kindergeschichten überraschende Momente. Schön, wenn Geschichten auch Humorvolles enthalten und Erwachsene und Kinder zwischendurch gemeinsam lachen können. Schliesslich sollte auch der Vorleser oder die Vorleserin selbst Spass an der Geschichte haben!

Wo lassen sich Kindergeschichten am besten vorlesen oder erzählen?

Kindergeschichten lassen sich überall da vortragen, wo es für den Vorleser und das Kind ruhig und behaglich ist. So assoziiert das Kind die Vorlesesituationen und den Umgang mit Geschichten und  Büchern mit emotionaler Wärme. Daran wird es sich später erinnern. Wird ein Bilderbuch aufgeschlagen, muss der Blick auf die Bilder für alle fei sein.

Manche Kinder unterbrechen ständig mit Kommentaren und mit Fragen.

Das ist gut! Vorlesen und Erzählen von Kindergeschichten ermöglichen Kommunikation. So kann das Kind ganz aktiv mitkonstruieren und -fantasieren.

Oft bekommen Kinder gar nicht genug von Kindergeschichten.

Ja, viele Kinder können sehr ausdauernd zuhören, oft länger, als Erwachsene Zeit zum Vorlesen und Erzählen haben. Andere dagegen verlieren schneller das Interesse. Dann sollte man aufhören. Denn Vorlesen ist nur so lange sinnvoll, wie Kinder aufmerksam sind.

Wie lässt sich so vorlesen, dass Kinder gerne zuhören?

Motiviert, Sinn verstehend und mit dem Herzen. Wer Kindern vorliest, sollte sich nicht bemühen, sich mit der Qualität von Schauspielern zu messen, denn das ist überflüssig und eine Überforderung. Wer dennoch meint, ein Buch nicht fesselnd genug vorzulesen, kann mit dem Kind zusammen auch mal ein Hörbuch hören.

Zur Person:

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Andrea Bertschi-Kaufmann ist Professorin für Deutsche Literatur und Didaktik an der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz. Sie leitet das Institut «Forschung und Entwicklung». Als Privatdozentin lehrt sie darüber hinaus Deutsche Philologie an der Universität Basel. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt in der Leseforschung. 2009 erhielt sie den Hans Aebli-Anerkennungspreis für hervorragende Leistungen im Dienste der schweizerischen Lehrerinnen- und Lehrerbildung.

Weiterführende Links:

  • Das Zentrum Lesen forscht zum Themenbereich «Lesen, Medien, Sprache» am Institut Forschung und Entwicklung» der Pädagogischen Hochschule FHNW finden Sie hier.
  • Das Schweizerische Institut für Kinder- und Jugendmedien SIKJM sammelt und dokumentiert Kinder- und Jugendmedien.

 

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