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Allergien vorbeugen: Eine Portion Dreck, bitte!

Immer mehr Kinder und Erwachsene leiden an allergischen Reaktionen wie zum Beispiel Heuschnupfen oder Laktose-Intoleranz. Ein Forschungsteam aus Genf ist den Ursachen durch ein Experiment mit Mäusen auf den Grund gegangen.

Ein mit Erde bedeckter Junge
 Spielen im Dreck macht nicht nur Spass, sondern kann gemäss einer neuen Studie auch Allergien vorbeugen. (Bild: ChristinLola / iStock, Thinkstock)

Was im Volksmund schon lange als Weisheit gilt, ist nun wissenschaftlich bestätigt: Zu viel Sauberkeit schadet. Denn die zunehmende Verbesserung der Hygiene in der industrialisierten Welt hat zwar zum Rückgang von Infektionskrankheiten beigetragen, es führt aber gleichzeitig zu einer vermehrten Allergieanfälligkeit. Wenn der Körper sich nicht mehr gegen fremde Bakterien oder Viren wehren muss, können Überreaktionen auf harmlose Dinge auftreten. Im Gegensatz dazu sind Kinder, die mit mehr Staub und Schmutz in Kontakt kommen, weniger anfällig für Allergien.

Dieser sogenannte «Bauernhof-Effekt» hat ein Forscherteam vom Universitätsspital Genf untersucht: Laut der Studie treten bei Kindern, die auf dem Bauernhof aufwachsen, seltener allergische Reaktionen auf. «Wir können das Immunsystem von Kindern nur anhand von oberflächlichen Messwerten untersuchen», erläutert der Studienleiter Philippe Eigenmann in einer vom Schweizerischen Nationalfonds veröffentlichten Medienmitteilung. Deshalb untersucht Eigenmanns Forschungsgruppe allergische Reaktionen von Mäusen, die in einem Kuhstall aufwachsen.

Wie der Mensch, so das Tier

Für das Experiment wurde den Mäusen ein künstliches Allergen verabreicht. Diejenigen Tiere, die im Kuhstall in Vollèges bei Martigny (VS) geboren wurden, wiesen weniger Symptome auf als ihre Artgenossen aus der Labor-Tierhaltung. Die allergische Reaktion wurde anhand der Schwellung am Ohr gemessen. Gemäss Eigenmann stimmen diese Testergebnisse mit früheren Studien mit Menschen überein: «Die Kinder von Bäuerinnen, die auch während der Schwangerschaft im Stall arbeiteten, haben entsprechend noch weniger Probleme mit Allergenen.»

Auch auf der mikrobiologischen Ebene schnitten die Mäuse im Stall besser ab. Das Immunsystem der Bauernhofmäuse war durch die vermehrten Keime in ihrer Umgebung aktiver und dadurch stärker reguliert im Vergleich mit den Labormäusen. Gleichermassen unterschied sich der Verdauungstrakt der Tiere: Die Bauernhofmäuse besassen eine grössere Vielfalt an Bakterien sowie eine erhöhte Menge Mastadenoviren in der Darmflora.

Ein Hoch auf den Schmutz

Gemäss der Studie vom Universitätsspital Genf sind die Darmflora und unsere Abwehr komplizierte und vielschichtige Systeme. Das erklärt, weshalb gewisse Präventionsmassnahem wie beispielsweise das Einnehmen von Bakterienstämmen aus probiotischen Nahrungsmitteln nicht wirken. Ein zugefügtes Bakterium kann die Vielfalt der Erreger, die auf einem Bauernhof existieren, nicht ersetzen. Deshalb das Fazit von Eigenmann: «Wir sollten die Faktoren so global wie möglich betrachten und unser Konzept der Sauberkeit überdenken.»

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