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Nein heisst nein: So lernt Ihr Kind, Regeln zu akzeptieren

Schon die Kleinsten testen aus, wie weit sie bei Mami und Papi gehen können, was zu einer normalen Erziehung durchaus dazugehört. Wieso Eltern ihre «Neins» jedoch sparsam einsetzen sollten, erfahren Sie hier. 

«Nein» sollte in der Kindererziehung sparsam eingesetzt werden.
Ein «Nein» kann für ein Kind im ersten Moment schmerzhaft sein und zu einigen Tränen führen. Bild: Mukhina1, iStock, Getty Images Plus

«Nein» zu der Steckdose, «Nein» zum Rumknabbern auf der Fernbedieung, «Nein» dazu, den Boden leckerer zu finden als das Essen auf dem Tisch: Ganz ohne Grenzen und Verbote kommt Erziehung nicht aus. Doch: Wie viel «Nein» muss sein? Und was sollten Eltern tun, wenn Ihr Kind das «Nein» nicht akzeptiert?

Viel Liebe und Geborgenheit sind die Schlüssel für eine liebevolle Kindererziehung. Regeln zu haben und Grenzen zu setzen, schadet aber nicht. Auch das Wort «Nein» sollte eingesetzt werden. Damit weiss Ihr Kind, wann Schluss ist und wer die Entscheidungen im Haushalt trifft oder wer die Führungskraft im Haus ist.

Kindererziehung: So lernt Ihr Kind das Wort «Nein»

Dabei sind vor allem zwei Sachen wichtig: Regelmässigkeit und Konsequenz: Kinder lernen durch das repetitive Spielen. Bis ein Kind versteht, dass es sein Gegenüber nicht schlagen darf, sind möglicherweise mehrere Anläufe nötig. Zeigen Sie in der ersten Zeit der Kindererziehung bei unerwünschtem Verhalten noch Verständnis für Ihr Kind. Die Impulskontrolle eines Menschen beginnt nämlich erst ab dem zweiten Lebensjahr zu funktionieren.

Nach einem «Nein» warten Kinder häufig auf eine Reaktion, weil sie den Begriff oder das damit verbundene Thema möglicherweise noch nicht verstehen. Für Kinder nachvollziehbare und logische Verhaltensweisen zu zeigen, zeichnet demnach Konsequenz aus und lässt sie Wissen aneignen und lernen. Nach dem «Nein» sollte also unbedingt auch eine Tat Ihrerseits folgen, weil das Kind weiss, wieso Sie «Nein» gesagt haben und versteht Ihre Motivation dahinter. Und erinnern Sie sich daran: Er braucht mehrere Anläufe, bis die Bedeutung im Hirn angekommen ist. 

Vor allem in der sogenannten Trotzphase (>18 Monate) ist ein klares und verständliches «Nein» Gold wert, wie auch einst der Erziehungsexperte Jesper Juul sagte: «In dieser Phase haben Kinder wichtige Bedürfnisse: Erstens brauchen sie ein Feedback auf ihre unablässige Erkundung und Erprobung der Wirklichkeit, was die individuellen Grenzen und Werte ihrer Eltern mit einschliesst.» Zudem hat der mittlerweile Verstorbene Experte dazu geraten: «Daher ist es auch notwendig, immer und immer wieder Nein zu denselben Dingen zu sagen. Je persönlicher und selbstsicherer sich die Eltern ausdrücken, desto schneller werden die kleinen Forscher ihre Schlussfolgerungen ziehen.» 

Gewalt in der Erziehung ist keine Lösung

Wenn Kinder nicht gehörchen oder zuhören, werden sie zur Belastungsprobe für Eltern. Sind sie zudem erstmal in der Lage zu reden, diskutieren sie gerne mit ihren Eltern und akzeptieren Regeln oder «Neins» nicht mehr ohne weiteres. Gleiches gilt für Schulkinder und Teenager, die sich immer mehr von ihren Eltern distanzieren und bewusst provozieren, um ihre Grenzen auszutesten. Kindererziehung ist in dieser Phase ein Geduldspiel, welches schnell in einen nervenaufreibenden Machtkampf ausartet.

In dieser Situation fällt es Eltern schwer, gelassen zu bleiben. «Egal in welcher Phase Eltern sich mit ihrem Kind befinden, handgreiflich zu werden geht auf keinen Fall», kommentiert Susanna Fischer, Leiterin der Familienpraxis Stadelhofen. Ein Füdlitätsch, eine Ohrfeige kann nämlich für das soziale und emotionale Gleichgewicht eines Kindes negative Folgen haben. «Grenzüberschreitungen auf körperlicher und emotionaler Ebene sowie Liebesentzug gehören zu den grössten Fehlern in der Kindeserziehung», sagt Erziehungsexpertin Fischer. 

Hilfe holen bei Überforderung

Haben Eltern das Gefühl, mit der Erziehung überfordert zu sein, gehört eine Erziehungsberatung zu den besten Lösungen. Dass dieser Weg nicht immer gewählt wird, zeigen jedoch Studien: Gemäss einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften aus dem Jahr 2018 haben rund zwei Drittel der Schweizer Jugendlichen in ihrer Jugend eine Form von elterlicher Gewalt erlebt.

Andere Schätzungen gehen davon aus, dass rund 20 Prozent der Eltern ihre Führungskraft darin sehen, ihre Kinder zu schlagen. Der Studie zufolge gehört Gewalt in der Erziehung fast schon zur Schweizer Erziehungskultur. Nachbarländer wie Österreich oder Deutschland weisen so beispielsweise weitaus tiefere Raten auf als die Schweiz. Kinder, die unter dem harten Führungsstil ihrer Eltern leiden, können sich bei Hilfsorganisationen melden. 

Sind Sie sich unsicher, ob in Ihrer Kindererziehung alles glatt läuft? Besuchen Sie unser Erziehungs-Dossier und lernen Sie mehr über das Thema Kindererziehung. 

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