Kind > Erziehung

Wenn Geschwister streiten: Wie Eltern sich richtig verhalten

Wenn sich Geschwister untereinander streiten, sollen Eltern bloss nicht den Schiedsrichter spielen, aber sich auch nicht ganz raushalten. Was Experten raten.

Geschwister streiten häufig, das ist normal. Was Eltern trotzdem tun können.

Wenn Geschwister streiten, heisst das nicht unbedingt, dass sie sich nicht mögen. Foto: iStockphoto, Thinkstock

Wenn’s zum Streit kommt, kämpft jedes Geschwisterkind mit seinen eigenen Waffen. Je nach Persönlichkeit gibt es Worte statt Taten, wie gemeine Bemerkungen, fiese Beleidigungen oder Drohungen aussprechen. Aber auch kleine Prügeleien gehört zum Alltag bei Geschwisterkinden: Treten, schubsen, an den Haaren zerren, hauen. Etwa über die Hälfte aller Kinder greifen ihre Geschwister während ihrer Kindheit körperlich an. Mädchen werden ebenso häufig handgreiflich wie Buben.

Kampf um Aufmerksamkeit

Die Auslöser für Geschwisterstreitigkeiten sind oft ganz harmlos. Der Bruder stört die Schwester mit ihren Freundinnen. Der kleine Bruder hat den Turm vom Grossen umgestossen. Die kleine Schwester hat heimlich den Computer benutzt. Weshalb aber streiten manche Geschwister so häufig und heftig, oft aus nichtigem Anlass?

Geschwister leben sehr eng aufeinander, und natürlich kommt es da zu Neid, Eifersucht und Aggression und damit auch zu Auseinandersetzungen.

Dazu kommt der Wunsch nach Abgrenzung. Und nicht zuletzt spielen die modernen Familienverhältnisse eine Rolle: Die meisten Kinder haben heutzutage nur eine Schwester oder einen Bruder. Damit konzentriert sich die ganze Streitlust auf einen einzigen Gegner. Und es liegt auf der Hand, dass wer sich derart nahe steht wie Geschwister – räumlich und gefühlsmässig – auch besonders schnell aneinander gerät und weniger Hemmungen hat, wenn es darum geht, so richtig auszuteilen.

Regelmässiger Streit unter Geschwistern muss auch nicht heissen, dass die Kinder sich nicht mögen – im Gegenteil: Viele Geschwister haben eine sehr intensive Beziehung zu einander und verbünden sich sofort wieder, wenn es beispielsweise Ärger mit den Eltern oder Schulkameraden gibt.

Das geht manchmal schneller, als man denkt – selbst bei Geschwistern, die sich häufig und heftig in den Haaren liegen. Und wenn sie etwas durchsetzen wollen, beispielsweise mehr Taschengeld oder länger in den Ausgang, dann halten sie zusammen wie Pech und Schwefel.

Geschwister lernen durchs Streiten

Streit zwischen den Geschwistern ist also etwas ganz Normales und hat auch seine guten Seiten. Beim Streiten lernen die Kinder, ihre Meinung zu vertreten, sich durchzusetzen, Kompromisse zu schliessen und sich wieder zu versöhnen – das ist wichtig auch im Umgang mit Menschen ausserhalb der Familie.

Interessanterweise machen sich die Kinder selbst kaum Gedanken darüber, dass sie ständig mit Bruder oder Schwester im Clinch liegen. Für die Eltern aber ist das Gezänke ganz schön nervig. Trotzdem sollten sie nicht eingreifen, denn meist gelingt es den Geschwistern, den Streit ohne fremde Hilfe zu beenden. Experten raten, auch niemals Partei zu ergreifen, denn das kann nur ungerecht sein.  Der genaue Hergang lässt sich selten rekonstruieren. Stattdessen können Eltern ihre Kinder beim Konflikt lösen unterstützen, indem sie moderieren. «Wie wollt er in Zukunft weitermachen? Sollen wir eine Regel einführen?».

Raushalten ist beim Geschwisterstreit also die beste Devise– es sei denn, das eine ist dem anderen haushoch überlegen: Wenn ein Vierjähriger das Baby plagt, müssen die Eltern natürlich schon handeln. Dies gilt auch, wenn der Streit derart eskaliert, dass es zu gegenseitigen körperlich bedrohlichen Angriffen kommt. Dann gilt es, sofort und energisch zu reagieren: So nicht! Es darf niemand verletzt werden! Wenn sich alle wieder beruhigt haben, wird die Sache geklärt. Ansonsten ist es aber Aufgabe der Kinder, den Streit, den sie begonnen haben, auch zu einem Ende zu bringen und sich wieder zu vertragen – bis zum nächsten Mal.

Streit schlichten und vermeiden

Wenn die Kinder aber praktisch im Dauerstreit sind und das Gezänk einfach nicht aufhören will, sollten sie sich eine Zeitlang aus dem Weg gehen. Wenn das auch nichts hilft, können Eltern als eine Art Schlichtungsstelle auftreten. Dabei darf jeder in Ruhe seine Meinung abgeben und seinen Standpunkt erklären, und gemeinsam wird dann nach einer Lösung gesucht. Diese muss aber von beiden Kindern akzeptiert werden, weil sonst der Streit sofort wieder los geht, sobald die Mutter oder der Vater das Kinderzimmer verlassen haben.

Übrigens gibt es kritische Zeiten an denen sich Geschwisterstreits oft häufen. Zum Beispiel nach der Schule, wenn Kinder müde, hungrig oder gereizt sind. Hier helfen Eltern, wenn sie es denn Kindern ermöglichen sich in ihren eigenen Raum zurückzuziehen oder einfach ein offenes Ohr für die Kinder haben. Oft streiten Kinder auch schlicht aus Langeweile. Besonders betroffen sind Wochenenden, Feiertage oder Ferien. Da tut es gut, wenn Kinder getrennt ihren eigenen Hobbys nachgehen oder Freunde treffen können.

 

 

Text: Marianne Siegenthaler

Neueste Artikel

Beliebte Artikel