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Vollzeit-Papa: «Ich werde immer wieder distanziert bestaunt»

Sie werden bewundert, sie werden belächelt. Vollzeit-Papas und Hausmänner rufen sehr unterschiedliche Reaktionen hervor. Und sie machen neugierig. Unterscheidet sich ihr Leben von dem einer Hausfrau oder Vollzeit-Mutter? Wir haben bei Guido Schüffelgen, Vater eines dreijährigen Sohnes, nachgefragt.

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Nicht nur das Kind, sondern der ganze Haushalt lastet auf den Schultern des Vollzeit-Papas. Foto: Nadezhda1906, iStock, Thinkstock

Seit drei Jahren kümmern Sie sich zu Hause um Ihren Sohn Piet. Wollten Sie schon immer Vollzeit-Papa werden?

Guido Schüffelgen: Meine Frau und ich hatten gesagt: «Wer weniger verdient, bleibt zu Hause, wenn ein Kind kommt!» Obwohl ich immer fand, dass ich einen gut bezahlten Job hatte, entschied ein Vergleich der Lohnzettel ganz klar, dass ich mich um den Nachwuchs zu kümmern hatte und Vollzeit-Papa werden würde. Nach einem Jahr Elternzeit konnte ich dann nicht mehr in die Firma zurückkehren, weil sie mittlerweile dicht gemacht hatte.

Unterscheidet sich Ihr Alltag vom Leben einer Vollzeit-Mutter und Hausfrau?

Auf jeden Fall! Im Alltag, in der Mutter-Kind-Gruppe, in der Krabbelgruppe, bei der Eingewöhnung in den Kindergarten, werde ich immer wieder distanziert bestaunt. Schliesslich bin ich in dieser Frauenwelt meistens der einzige Mann! Viele Frauen beäugen mich durchaus misstrauisch. «Ein Mann? Da kann es sich nur um ein Versehen oder um eine zeitliche Befristung handeln», denken wohl viele.

Es gibt also immer noch Vorurteile gegen Vollzeit-Papas und Hausmänner?

«Wann gehst du endlich wieder ordentlich arbeiten?» Diese Frage habe ich schon öfter gehört. Wäre meine Frau zu Hause geblieben, würde ich als Mann sicher gelyncht, wenn ich einen solchen Satz loslassen würde (lacht). Es sind aber nicht nur Vorurteile, sondern auch Berührungsängste, die den Alltag manchmal schwierig machen. An unserem früheren Wohnort hat es tatsächlich ein Jahr gebraucht, bis ich mit einer Mutter mal in ihrer Küche Kaffee getrunken habe, während die Kinder miteinander spielten. Da sind Mütter untereinander sicher schneller in der Kontaktaufnahme!

Und die Hausarbeit?

Ich habe jetzt erheblich mehr Respekt vor meiner Mutter, die damals bereits Vollzeit berufstätig war und den Haushalt noch oben drauf hatte. Ich erledige alles gern, ausser Bügeln, damit kann ich mich einfach nicht anfreunden. Wenn meine Frau morgens aus dem Haus geht, sind die Butterbrote schon fertig und der Tee steht im Reisebecher bereit.

Haben Sie schon mal überlegt, Ihr Leben als Vollzeit-Papa und Hausmann an den Nagel zu hängen?

Die ersten zwei Jahre waren schon hart. Meine Frau und ich hatten kein Anfängerkind bekommen. Unser Sohn ist drei bis fünf Mal in der Nacht aufgewacht und hat erst mit zwei Jahren das erste Mal richtig durchgeschlafen. Bisher habe ich die Entscheidung, zu Hause zu bleiben, trotzdem nicht bereut.

Wie teilen Sie die Aufgaben mit Ihrer Frau?

Wir haben einen echten Rollentausch durchgeführt. Wenn wir eingeladen sind, unterhält sich meine Frau mit den Männern mit einem Bier in der Hand und spricht über Fussball, während ich mit den Frauen in der Küche stehe. Sie wirft mittlerweile den dreckigen Pulli von links in irgendeine Ecke, so wie ich es früher getan habe, und stellt das dreckige Geschirr auf die Spülmaschine statt hinein. Das war mal anders. Trotzdem: Ich habe den besten «Ehemann», den man sich vorstellen kann!

Was sind die besten Momente in Ihrem Vollzeit-Papa-Dasein?

Ach, da gibt es sicher viele. Aber an einen Moment erinnere ich mich besonders. Als ich Piet einmal wieder nachts die Flasche gegeben habe, habe ich darüber nachgedacht, welche Rolle eigentlich mein Vater in meiner Kindheit für mich gespielt hat. Und ich stellte fest, dass er in meiner Erinnerung fast gar nicht auftauchte. Die Vorstellung, dass sich Piet später einmal an mich erinnert, dass er noch weiss, wie wir zusammen mit Lego gespielt oder ein Sportfest besucht haben, macht mich froh und stolz. Auch meine Frau bringt sich stark ein und versucht, möglichst viel für ihn da zu sein.

Wollen Sie irgendwann einmal wieder in Ihren alten Beruf einsteigen?

Nein, denn wenn ich wieder als Produktmanager arbeiten wollte, würde man mich fragen: «Wie viele Wochenstunden stellen Sie sich denn vor?» Würde ich dann «Teilzeit» antworten, würde ich vermutlich ausgelacht werden. Teilzeitjobs in meinem Beruf gibt es nicht. Doch durch das Einkommen meiner Frau und bald einem  kleinen Job sind wir finanziell gut aufgestellt. Mittlerweile bin ich auch zertifizierte und qualifizierte «Kindertagespflegeperson» und werde demnächst sicher auch wieder Kinder betreuen.

Welche Tipps würden Sie einem angehenden Vollzeit-Papa mit auf den Weg geben?

Väter, die zu Hause bleiben, um sich ums Kind zu kümmern, sollten nicht glauben, sie hätten nun mehr Zeit für sich. Diese Vorstellung wird sich unter Garantie als falsch herausstellen. Alle Probleme, die vorher berufstätige Frauen in der Zeit zu Hause treffen, treffen auch Männer, inklusive der Wochenbettdepression. Darüber sollte Mann sich klar sein.

Zur Person

Vollzeit-Papa Guido Schüffelgen

Vollzeit-Papa Guido Schüffelgen

 

Der Gross- und Aussenhandelskaufmann Guido Schüffelgen aus dem deutschen Mönchengladbach hat 2011 zum Vollzeit-Papa und Hausmann umgesattelt. Mittlerweile ist er auch zertifizierter Tagesvater. Über seine Erfahrungen mit Schnullern, Trotzphase, Kinderarztbesuchen und Wäsche bloggt er auf vollzeitvater.de

Buchtipp zum Vollzeit-Papa

Allein unter Super-Mamis: www.carlsen.de

im Juli 2014

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