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Ferien ohne Beziehungsprobleme: So geht die Liebe nicht baden

Endlich Ferien! Viele Eltern erhoffen sich vom Urlaub auch ein Aufatmen der Partnerschaft und Entlastung durch den Partner. Doch gerade in der freien Zeit kracht es besonders häufig. Wie sich Beziehungsprobleme während der Ferien vermeiden und lösen lassen, weiss René Hess, Paartherapeut in Bern.

Beziehungsprobleme in den Ferien: Paare streiten sich öfters
Unterschiedliche Vorstellungen, gemeinsam Ferien: Viele Paare verstreiten sich in den Ferien heftig. Foto: Alicia_Garcia, GettyImages Plus

Herr Hess, laut ECA (European Coaching Association) ist die Nachfrage nach qualifizierten Partnercoachings nach den Sommerferien besonders hoch. Warum kommt es ausgerechnet im ersehnten Familienurlaub immer wieder zu Beziehungsproblemen zwischen Eltern?

René Hess: Mit dem Familienurlaub verbindet jedes Familienmitglied ganz individuelle Wünsche und Sehnsüchte. Und jedes Familienmitglied hofft – verständlicherweise –, dass der Urlaub diesen Bedürfnissen Rechnung trägt. Der Vater zum Beispiel möchte mit dem Wohnmobil durch Frankreich reisen und nie länger als zwei Nächte am selben Ort übernachten. Die Mutter will am liebsten die Ferien am Meer verbringen und erhofft sich von ihrem Partner, dass er sich Zeit für die Kinder nimmt, damit sie sich beim Lesen am Strand vom Alltag erholen kann. Die beiden Kinder wären in den Ferien am liebsten zu Hause und in der Badi. Nun wird die Angelegenheit dadurch sehr komplex, dass all diese Wünsche sehr unterschiedlich und damit teilweise unvereinbar sind.

Interessenkonflikte bleiben in den Ferien nicht aus …

Ja, gerade in den Ferien treten Interessenkonflikte offen zu Tage und schüren Beziehungsprobleme. Die Familie steht dann vor einer grossen Herausforderung. Wie lässt sich mit den auftretenden Konflikten umgehen? Wie lassen sich Beziehungsprobleme lösen? Wer auf eigenen Bedürfnissen beharrt, erzeugt zusätzlichen Stress. Wenn keine Bereitschaft zu Kompromissen besteht, wird es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, eine Lösung zu finden. So kann der Urlaub zum frustrierenden Familienerlebnis voller Enttäuschungen und Ärger werden.

Lassen sich Beziehungsprobleme in den Ferien dennoch vermeiden?

Schon bei der Planung der Ferien lässt sich einiges für ein harmonisches Miteinander im Urlaub tun. Alle Familienmitglieder sollten im Vorfeld die Möglichkeit erhalten, von ihren Wünschen zu erzählen. Da Kinder ihre Wünsche noch nicht präzise formulieren können, sind Eltern aufgerufen, ihre Bedürfnisse feinfühlig zu erspüren. Kleinkinder lieben keine Langstreckenflüge, finden kulturelle Städtereisen selten umwerfend und legen keinen Wert auf eine Unterkunft im Fünf-Sterne-Hotel. Nachdem die Eltern die wichtigsten Bedürfnisse und Wünsche gesammelt haben, gilt es zu konkretisieren, wohin die Reise gehen und welche Art von Urlaub stattfinden soll. Dabei wird rasch deutlich, dass Verzichte und Kompromisse unumgänglich sind.

Wie macht der Familienurlaub trotzdem Spass?

Nicht die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten bestimmen den Spass. In den Familienferien findet die Familie über positive Erlebnisse zueinander. Welche Aktivitäten begeistern alle? Was kann unternommen werden, wovon man noch lange sprechen wird, woran man sich gerne erinnern wird?

Bleibt in den Familienferien Raum für die Paarbeziehung?

Wenn Eltern bereits im Vorfeld der Ferien ihre Wünsche und Interessen geklärt haben, ist bereits eine günstige Voraussetzung geschaffen, um Ferien ohne Beziehungsprobleme zu verleben. Eltern tun ausserdem gut daran, die Erwartungen an Nähe zum Partner nicht zu hoch zu stecken. Ein Familienurlaub kann nicht dasselbe sein wie ein Urlaub zu zweit. Grundsätzlich ist deshalb zu überlegen, ob sich die Eltern nebst dem Familienurlaub ab und zu Ferien oder ein Wochenende zu zweit gönnen wollen, so dass ihnen dann ausgiebig Zeit für die Paarbeziehung zur Verfügung steht.

 

Dr. René Hess, ist Fachpsychologe für Psychotherapie FSP und arbeitet in Bern in eigener PraxisDr. René Hess, ist Fachpsychologe für Psychotherapie FSP und arbeitet in Bern in eigener Praxis. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Psychotherapie, Paartherapie, Supervision und Teamentwicklung. Er unterrichtet als Lehrbeauftragter an verschiedenen Fachhochschulen.

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