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PCO-Syndrom: Warum viele Frauen nicht schwanger werden können – und es gar nicht wissen

Rund jede zehnte Frau ist vom PCO-Syndrom betroffen – und weiss nichts davon. Denn meist wird die Hormonstörung erst entdeckt, wenn eine Frau die Pille absetzt – und trotzdem nicht schwanger werden kann. Einmal erkannt, lässt sich das PCO-Syndrom medizinisch aber gut behandeln.

Schon ganz junge Frauen leiden unter dem PCO-Syndrom, oft ohne von der Krankheit zu wissen.
Schon ganz junge Frauen leiden unter dem PCO-Syndrom. Oft unbemerkt. Foto: iStock, Thinkstock

Die meisten Frauen, die sich ein Baby wünschen und bei denen sich Monat um Monat keine Schwangerschaft einstellt, werden irgendwann einen Arzt aufsuchen. Bei etwa fünf bis fünfzehn Prozent dieser Frauen wird der Gynäkologe das PCO-Syndrom (PCOS) feststellen.

Die Hormonstörung, auch bekannt als polyzystische Ovarien, ist einer der häufigsten Gründe, warum es mit einer natürlichen und spontanen Schwangerschaft nicht klappt. Dass viele Frauen aber erst zehn oder zwanzig Jahre nach der Erkrankung mit dem PCO-Syndrom davon erfahren, hängt mit der weitverbreiteten hormonellen Verhütung zusammen. Rund 65 Prozent der Schweizerinnen verhüten allein mit der Anti-Baby-Pille, die viele Krankheitssymptome übertüncht.


Was ist das POC-Syndrom?

Gebärmutter mit polyzystischen Ovarien (PCO-Syndrom).
Eierstöcke mit polyzystischen Ovarien bilden Zysten, die im Ultraschall zu erkennen sind. Illustration: iStock


Bei Polyzystischen Ovarien werden durch eine Hormonstörung viele kleine Bläschen in den Eierstöcken gebildet. Tatsächlich handelt es sich dabei aber um unreife Vorstufen der Eizellen. Weil der weibliche Körper beim PCO-Syndrom zu viel Testosteron produziert, kommt es aber nicht zum Eisprung. Stattdessen verkümmern die unreifen Eizellen und sorgen für die zystenartigen Gebilde an den Eierstöcken, die bei einem Ultraschall meist gut zu erkennen sind.

Anti-Baby-Pille übertüncht Symptome des PCO-Syndroms

Das PCO-Syndrom ist aber nicht nur für unerfüllten Kinderwunsch verantwortlich, sondern für eine Vielzahl anderer Symptome: Übergewicht, Akne oder übermässiger Haarwuchs können vor allem junge Frauen oft jahrelang belasten, ohne dass sie die Ursache dafür kennen.
Nehmen sie irgendwann die Anti-Baby-Pille, verschwinden sie oft, genauso wie die Mens. Wunderbar denken sich diese Frauen wahrscheinlich, die böse Überraschung kommt dann erst, wenn sie die Pille absetzen und nicht schwanger werden können.

Wer unter polyzystischen Ovarien leidet, hat auch ein erhöhtes Risiko, an Brust- oder Gebärmutterkrebs zu erkranken. Durch den erhöhten Insulinspiegel ist zudem die Wahrscheinlichkeit höher, von Diabetes mellitus betroffen zu sein. Auch Stimmungsschwankungen bis hin zu Depressionen können eine Folge des PCOS sein.

Früher dachten Mediziner, dass das PCO-Syndrom immer mit Übergewicht einhergehen müsse. Heute weiss man, dass circa. 50 Prozent der PCOS-Betroffenen normalgewichtig ist. Die Ausprägungen der Symptome sind je nach Patientin also völlig individuell, auch deshalb wird das PCO-Syndrom oft spät oder gar nicht erkannt.

Warum erkranken so viele Frauen am PCO-Syndrom? Ursachen genetisch

Bis heute rätselt die Medizinwissenschaft, warum manche Frauen von dieser Hormonstörung betroffen und andere nicht sind. Da die Krankheit in vielen Familien gehäuft auftritt, gehen Experten davon aus, dass das PCO-Syndrom genetisch bedingt ist.
Sie könnte Frauen ursprünglich sogar einen evolutionären Vorteil verschafft haben. Da Frauen mit dm PCO-Sydnrom durch die seltene Follikelreife auch seltener schwanger wurden, war die Wahrscheinlichkeit von Mutter- und Kindersterblichkeit auch sehr viel geringer.Da die Krankheitsraten aber weltweit unterschiedlich sind, gehen Forscher davon aus, dass auch der Lebensstil sowie Ernährung und Fitness eine Rolle spielen.

So lässt sich das PCO-Syndrom behandeln

Einmal erkannt, lässt sich das PCO-Sydrom jedoch häufig gut in den Griff bekommen. Die Behandlung richtet sich danach, welche Symptome im Vordergrund stehen. In jedem Fall wird das PCO-Syndrom wirksam mit Hormonen behandelt.
Eine Antibabypille, die viel Östrogen- und Gestagenhormone enthält, hat sich dabei als besonders vorteilhaft erwiesen, um den Hormonhaushalt zu normalisieren. Gegen den hohen Insulingehalt hat sich die Einnahme von Metformin, das auch bei Altersdiabetes gegeben wird, bewährt.

Aber auch ein gesunder Lebensstil kann zu einer Besserung beitragen. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass bereits ein Gewichtsverlust von fünf Prozent PCO-Symptome lindern kann. Regelmässiger Sport kann beispielsweise helfen, dass das Insulin besser durch den Körper aufgenommen wird.

Schwanger werden trotz PCO-Syndrom

Die Chancen stehen sogar recht gut auch bei einer PCOS-Erkrankung schwanger zu werden. Etwa 20 Prozent je Zyklus. Allerdings ist dafür oft eine jahrelange Hormonbehandlung nötig.
Wenn bei einer Patientin das PCOS festgestellt wurde und ein Kinderwunsch besteht, kann es sein, dass der Arzt trotzdem für einige Monate eine Antibabypille verschreiben wird, bis sich der Zyklus wieder regelmässig einstellt.

Erst anschliessend wird in der Regel eine Hormontherapie durchgeführt, bei der sich die Patientin Hormone an bestimmten Tagen des Zyklus spritzt. Die Eizellenreifung wird durch die Gabe von Clomifen unterstützt.

Medizinisch kann Frauen und Paaren mit Kinderwunsch inzwischen also recht gut geholfen werden. Psychologisch kämpfen sie aber oft noch alleine mit der Erkrankung. Bin ich nur eine halbe Frau, wenn ich meinem Mann kein Kind schenken kann? Werde ich je Vater werden? Warum können wir nicht wie andere Paare einfach Sex haben, wenn wir Lust dazu haben?
Selbsthilfegruppen, soziale Netzwerke und PCOS-Awarenesskampagnen helfen aber Betroffene aufzuklären und sich gegenseitig zu ermutigen.

Hilfreiche Adressen für Betroffene des PCO-Syndroms


•    PCOS-Selbsthilfe www.Pcos-Selbsthilfe.org - hier handelt es sich zwar um die Website der PCOS-Selbsthilfegruppen in Deutschland, die Seite enthält jedoch auch viele Informationen zur Krankheit
•    Kinderwunsch.ch – das Betroffenen-Netzwerk hilft bei unerfülltem Kinderwunsch weiter
•    Unter dem Hashtag  #pcosfighter machen sich Betroffene auf Instagram gegenseitig Mut.


von Julia Wohlgemuth

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