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Alleinerziehend: So gelingt die Beziehung mit dem neuen Partner

Auch wenn die Trennung oder Scheidung schmerzhaft verlaufen ist, für viele Alleinerziehende ist die Lebensform der Einelternfamilie nur vorübergehend. Zum glücklichen Leben gehört ein Partner. Viele sind aber verunsichert. Wann sind die Kinder bereit für eine neue Beziehung? Tipps gibt es hier.

Familien-Glück: Nach der Trennung oder Scheidung vom Ex wünschen sich viele Singles mit Kindern einen neuen Partner.
Familienglück: Das kann Alleinerziehenden auch mit einem neuen Partner gelingen.

Alleinerziehende, die sich gerade von ihrem Partner getrennt haben, erleben Trauer und den Schmerz über den Verlust ihrer Liebe. Hinzu kommen Existenzängste und Alltagssorgen. In dieser völligen Neuorientierung bleibt der Wunsch nach einer neuen Partnerschaft auf der Strecke. Zunächst müssen Singles, das neue Leben alleine meistern.

Irgendwann, bei manchen nach Monaten, bei anderen erst nach vielen Jahren, wünschen sich viele einen neuen Partner. Sie sind nun nicht mehr auf den ehemaligen Partner fixiert und blicken stattdessen in die Zukunft. «Jeder hat sein individuelles Empfinden, wann die Zeit reif für einen Neuanfang ist», sagt die Paar-und Familientherapeutin Roswitha Birk-Becht. Singles sind reif für einen Neubeginn, wenn die Sehnsucht nach einem neuen Lebenspartner überhandnimmt und sie den Neuen nicht sofort mit dem Ex vergleichen.

Vor allem bei Müttern vermischt sich der Wunsch nach einem Lebenspartner mit dem aufkommenden schlechten Gewissen den Kindern gegenüber. Eine neue Beziehung – kann ich meinen Kindern das zumuten? Verunsichere ich sie dadurch? Ist es egoistisch, ihnen nach der Trennung noch einen neuen Mann zuzumuten? Werde ich trotz neuer Liebe all ihren Bedürfnissen gerecht? Ist es für die Kinder nicht am besten, wenn ich bis zu deren Volljährigkeit ohne Partner bleibe?

Im Fall einer alleinerziehenden Mutter darf das Kind nicht die Rolle des Lebenspartners übernehmen. (Margarete Schindler im Buch «Den Neuanfang wagen»)

Triftige Gründe gegen diese These führt die Psycho- und Familientherapeutin Margarete Schindler in ihrem Buch «Den Neuanfang wagen» auf: «Mutterliebe heisst nicht, sich für das Kind aufzuopfern. Das wäre für beide Seiten ungesund. Im Fall einer alleinerziehenden Mutter darf das Kind nicht die Rolle des Lebenspartners übernehmen. Es muss seinen eigenen Lebensentwurf erfinden und sich auf den eigenen Weg machen dürfen.»

Ein Kind wird nicht vernachlässigt, wenn die Mutter ihr eigenes Leben pflegt. So ist sie im Alltag glücklicher und ausgeglichener. Davon profitiert auch das Kind. Ausserdem werden alle Kinder grösser. Eine Mutter, die nicht gelernt hat, ein Leben jenseits von Kind und Haushalt zu führen, will ihr Kind nicht ziehen lassen und wird es weiterhin bemuttern. Diese Kinder haben erschwerte Bedingungen selbstständig und eigenverantwortlich zu werden.

Eine glückliche Familie kann Alleinerziehenden auch mit einem neuen Partner gelingen
Wenn das Kind Vertrauen zum neuen Partner gewonnen hat, steht gemeinsamen Ausflügen nichts mehr im Weg.

Was aber, wenn aus dem Wunsch plötzlich Wirklichkeit wird und eine Mutter oder ein Vater ist tatsächlich verliebt? Klar ist, dass sich die neue Verliebtheit sehr von der ersten Phase in noch jüngeren Jahren unterscheidet. Damals war alles frisch und neu, das Herz unverbraucht, nicht enttäuscht und frei von Altlasten. Die Liebe war jung und aufregend.

Die Prioritäten haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. An erster Stelle steht nun nicht mehr das persönliche Gefühlsleben und das Ausleben der eigenen Bedürfnisse, sondern die eigenen Kinder, welche gerade die Trennung der Eltern verarbeitet haben oder noch am verarbeiten, sind. Schon werden sie mit der nächsten Veränderung konfrontiert. Vor allem jüngere Kinder fassen dies erstmals als Schock auf, denn die meisten von ihnen träumen insgeheim noch immer davon, dass Mama und Papa wieder ein Paar werden.

Jüngere Kinder müssen langsam an die neuen Umstände herangeführt werden. Sie sollten ihnen von der Tatsache berichten. Besprechen Sie gemeinsam mit dem Kind, wie und wo das erste Treffen stattfinden soll. So wird nicht über das Kind entschieden, es fühlt sich wertgeschätzt und kann die neue Situation selbst mitbestimmen. Der neue Partner sollte auf keinen Fall sofort einziehen. Ausserdem sollten Aktivitäten auch ohne ihn auf dem Programm stehen. Ungeteilte Aufmerksamkeit ist für Kleinere enorm wichtig.

Ein erstes Treffen mit dem neuen Partner und den Kindern sollte ungezwungen sein

Vorteilhafter, vor allem für ältere Kinder, ist es, sobald der Partnerwunsch des Elternteils aufkommt, sie an das Thema heranzuführen. Denn der Grossteil des Nachwuchses kann nachvollziehen und verstehen, dass Mama oder Papa nicht alleine bleiben will. Hat sich der Wunsch nach einem neuen Partner realisiert, sollte ein ungezwungenes erstes Treffen beim Eislaufen oder Kino mit allen Beteiligten organisiert werden.

Der neue Partner und die Kinder können sich langsam annähern und auf lockere Art kennenlernen. Nichtsdestotrotz wäre es falsch, jeden möglichen Flirtpartner mit nach Hause zu bringen und den Kindern vorzustellen. Roswitha Birk-Becht rät Betroffenen, sich nicht vom neuen Partner unter Druck setzen zu lassen, sondern sich die Freiheit der Verliebtheit und Überprüfung zu gönnen und den Kindern die Zeit der Gewöhnung mit den neuen Veränderungen zu lassen.

Kinder haben feine Antennen und sind gute Beobachter. Teilweise mit Freude werden sie beobachten, wie die Mama hektisch vom Kleiderschrank zum Badezimmer rennt, nebenbei Schuhe anzieht, den Lippenstift aufträgt, in den Haaren rumfuchtelt und sich für die erste Verabredung vorbereitet. Sie sehen, es geht ihr besser, sie lacht wieder öfter und das Leben in der Familie ist allgemein wieder fröhlicher geworden, als direkt nach der Trennung. Zu diesem erfreulichen Zustand gesellt sich aber Angst. Durch das Auseinanderbrechen der Kernfamilie sind die Kinder empfindlicher und sensibler geworden. Sie sehnen sich vermehrt nach Sicherheit und sind nicht erfreut, die Aufmerksamkeit mit dem neuen Partner teilen zu müssen.

Die Angst der Kinder nehmen

Margret Schindler schreibt dazu: «Der Neue ist ein Konkurrent, der seine bisherige Position streitig macht. Plötzlich verändert sich wieder etwas, und Veränderung macht Angst. Das ist eine bekannte Tatsache.» Das Wichtigste in dieser Situation, als Mutter oder Vater, ist es den Kindern die nachvollziehbaren Ängste zu nehmen und eindeutig die Rangfolge zu klären: Du bist mein Kind, du stehst an erster Stelle, trotz des neuen Partners habe ich genügend Zeit für dich und bin für dich da.

Auf die Worte sollten Taten folgen! Genauso wie zwischen Paaren gezielt Unternehmungen ohne Kinder geplant werden, sollten auch Aktivitäten der Kernfamilie ohne den neuen Partner umgesetzt werden. Für das Kind ist der oder die Neue nichts als ein unbekannter Mensch, der plötzlich in sein Leben tritt. Die Beziehung zwischen beiden muss sich entwickeln und wachsen, hierzu braucht es Zeit und Geduld auf beiden Seiten. Ein Kind kann schnell begreifen, dass der oder die Neue nicht nur Konkurrent/in ist, sondern tatsächlich auch eine Bereicherung für das Familienleben sein kann. Klare Rollenverhältnisse begünstigen dies ungemein, wenn jeder der Beteiligten weiss was von ihm erwartet wird. Der neue Freund wird sich wesentlich lockerer mit dem pubertierenden Teenager abgeben können, wenn von ihm nicht verlangt, wird die die Vaterrolle zu übernehmen. Auch ein Kind fühlt sich mit der klaren Information besser: «Der Fred ist Mamas Freund, mit dem Papa hat das nichts zu tun. Der Papa wird immer dein Papa bleiben.»

Egal wie sich die neue Konstellation entwickeln wird, ob der neue Partner geliebt, gehasst oder einfach nur akzeptiert wird, weil er Mama glücklich macht, dieser Zustand ist nicht von Dauer. In einer Patchworkfamilie wird aufgrund der vielen Beteiligten und involvierten Personen immer mehr ausgehandelt werden müssen als in einer «normalen» Kernfamilie, da sich Modalitäten stets verändern.

Anfangs wird sich der neue Partner bei Besuchen galant aus der Erziehung raushalten. Denn dies ist eindeutig der Part des Elternteils. Je inniger die Beziehung zwischen Kind und dem Lebenspartner wird, desto intensiver wird dessen Einsatz und Verantwortung ausfallen. So rät Margarete Schindler, «wer kontinuierlich Verantwortung für die Kinder des Partners übernimmt, hat das Recht sich aktiv in die Erziehung einzumischen.»

Damit die Kinder sich nicht zum vorherrschenden Alltagsthema innerhalb der Beziehung entwickeln, schlägt die Therapeutin einen festen wöchentlichen Gesprächsaustausch der beiden Erwachsenen vor, bei dem die anfallenden pädagogischen Probleme geklärt und besprochen werden.

Im umgekehrten Fall, wenn die Beziehung ausschliesslich zwischen den beiden Erwachsenen verläuft, die Kinder und der Partner keinerlei Berührungspunkte haben, ist dies auch zu akzeptieren. Nur sollte dann dem Partner auch keinerlei Erziehungsbefugnis zugesprochen werden – die Erziehung ist dann alleiniger Part des Elternteils. Für die Kinder wäre es eine absolut unzumutbare Situation von einem Menschen, der sich sonst nicht kümmert, Anordnungen und Massregelungen zu empfangen.

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