Von der Noterfindung zum beliebten Kindervelo
Aufsteigen, abstossen und losfahren: Laufräder für Kinder sind derzeit angesagt. Wir zeigen, worauf Sie beim Kauf eines Laufrades achten müssen und geben Tipps, wie Ihre Kinder sicher unterwegs sind.

Von holzigen bis zu Laufrädern aus Metall: Es gibt ganz verschiedene Modelle, wie etwa dieses Retro-Bike. (Foto: zVg/ Sylvia Tribel)
«Mir ist es eingefallen, während ich Fahrrad fuhr», sagte der Schweizer Physiker Albert Einstein über die Relativitätstheorie. Zum guten Glück hatte jemand das Velo erfunden, sonst wäre die Welt um eine geniale Entdeckung ärmer. Dieser jemand ist der Deutsche Carl Freiherr von Drais: Er hatte vor 200 Jahren das Ur-Fahrrad erfunden, die Draisine. Es glich eher einer Laufmaschine als einem heute herkömmlichen Fahrrad. Die Laufmaschine bestand aus einem Holzrahmen und –rädern sowie einem Deichsel-Lenker, mit dem das vordere Rad gesteuert werden konnte. Der Fahrer trieb die Maschine durch abwechselndes Abstossen mit den Beinen an.
Wie die meisten Erfindungen entstand auch diejenige Carl von Drais’ aus der Not: Von 1812 bis 1816 führten Missernten und der Ausbruch eines Vulkans in Südostasien zu der schlimmsten Hungersnot des Jahrhunderts. Somit wurde der Unterhalt des bisher günstigsten Transportmittels – dem Pferd – deutlich teurer. Die Nahrungsmittel waren so knapp, dass manche Menschen sogar ihre Pferde essen mussten.
Laufräder: die heutigen Laufmaschinen
Das Laufrad, das Kinder in den letzten Jahren immer mehr brauchen, gleicht eher Drais’ Laufmaschine als dem heutigen Fahrrad: Es hat keine Pedale und die Kinder geben wie vor 200 Jahren an, indem sie sich mit den Beinen vom Boden abstossen. Die damals fehlenden Pedale scheinen aus der Perspektive eines Erwachsenen ein Manko zu sein, doch für Kinder hat das Laufrad viele Vorteile. Sie können damit sehr früh selbstständig fahren und üben so intuitiv und ohne Stützräder das Gleichgewicht. So sind sie besser fürs spätere Velofahren vorbereitet.
Das sieht auch der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) so: «Trottinett-/Laufradfahren fördert die meisten Fähigkeiten, die man fürs Radfahren braucht: Gleichgewichtssinn, Einschätzen von Geschwindigkeiten und Abständen, den Umgang mit Bremsen, Koordinations- und Reaktionsfähigkeit.» Gleichzeitig verletzen sich Kinder beim Laufradfahren deutlich weniger als auf dem Velo, weil der Körperschwerpunkt beim Laufrad tief liegt und die Füsse schnell für sicheren Halt auf dem Boden sorgen.
Ein Kind kann ab dem Moment Laufradfahren, wenn es sicher laufen kann – etwa im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren. Das Lernen geschieht meist intuitiv; nach ein paar Wochen Übung bekommt das Kind ein immer feineres Gefühl fürs Gleichgewicht und gewöhnt sich ans Fortbewegen mit dem Laufrad. So können Sie mir Ihren Kleinsten längere Spaziergänge machen und kommen zügiger voran. Mit dem Laufrad geht auch die Lust am Spaziergang weniger schnell verloren, weil es weniger ermüdet als durch das Laufen. Das gute Gefühl, so schnell wie Papa und Mama laufen zu können, gibt zusätzlichen Aufschwung.
Sicherheit ist das A und O
Behalten Sie Ihr Kind aber immer im Auge, wenn es mit dem Laufrad unterwegs ist. Denn Kinder im jungen Alter können Gefahren nicht gut einschätzen und erkennen oft nicht, ob ein Fahrzeug steht oder fährt. «Bis zum fünften oder sechsten Lebensjahr bemerken Kinder Gefahren erst, wenn sie bereits akut gefährdet sind», warnt der VCS. Der eigene Garten oder Hinterhof sowie ruhige Pärke sind Orte, die besser fürs Laufradfahren geeignet sind als der Strassenverkehr.
Auch wenn das Kinderlaufrad kleiner als ein Velo ist, müssen die Kinder unbedingt einen Helm tragen. Wer schon mal ein Kind hat auf einem Laufrad durch die Gegend flitzen sehen, weiss, dass man auch mit diesem Fahrzeug schnell Geschwindigkeit aufnehmen kann. Zudem braucht es gutes Schuhwerk, damit das Kind die Füsse beim Anstossen und Bremsen nicht aufschürft. Wenn das Kind noch unsicher ist und das Gleichgewicht noch nicht so gut halten kann, sind am Anfang sogar noch Knie- und Armschoner zu empfehlen. Eine Leuchtweste gibt zusätzliche Sicherheit, wenn Sie mit dem Kind bei Dämmerung unterwegs sind.
Das Auge fährt mit
Es empfiehlt sich, das Laufrad mit dem Kind zusammen zu kaufen. Wenn das Laufrad aber ein Überraschungsgeschenk werden soll, messen Sie Ihr Kind vor dem Kauf sorgfältig aus. Neben der Körpergrösse ist vor allem die Innenbeinlänge wichtig, denn diese stellt sicher, dass Ihre Kleinen mit den Füssen auf den Boden kommen. Auch ein verstellbarer Sattel und Lenker sind von Vorteil. So entwächst das Kind dem Laufrad nicht schon nach kurzer Zeit, weil sich das Velo der Grösse des Kindes anpassen lässt.
Eines darf trotz Qualität und Sicherheit nicht fehlen: Ein cooles Design. Schliesslich fährt das Auge auch mit. Es gibt bestimmt ein Modell, das Ihrem Kind gefällt, denn die Laufräder gibt es in allen möglichen Farben und Formen. Accessoires wie zum Beispiel eine auffällige Klinge oder ein geflochtenes Körbchen verleihen dem Laufrad das gewisse Extra.
In Kürze: Das sollten Sie beim Kauf eines Laufrades beachten
- Beim Sitzen muss das Kind gut mit beiden Füssen auf dem Boden stehen können. Der Sattel sollte etwas tiefer als der Schritt des Kindes sein, wenn es steht.
- Gehen Sie am Besten zusammen mit Ihrem Kind das Laufrad kaufen, damit die Grösse des Laufrades stimmt.
- Kaufen Sie wenn möglich ein Laufrad, bei dem Sattel und Lenker verstellbar sind. So lässt es sich dem wachsenden Kind anpassen und ist länger nutzbar.
- Achten Sie auf die Qualität des Laufrades, indem Sie einzelne Verbindungen und Gelenke prüfen. Wackelnde Lenker oder Reifen sind gefährlich.
- Das Material des Laufrades sollte solid sein, Metallverbindungen bei Achsen sind empfehlenswert.
- Die Handgriffe sollten griffig und rutschfest sein.
- Bei grösseren Laufrädern sollte eine Bremse vorhanden sein.