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Kinderwagen oder Tragetuch: was ist besser?

Seit dem 19. Jahrhundert gehört der Kinderwagen zu unseren Alltagsgegenständen. Doch zwei Drittel der Menschen dieser Welt tragen nach wie vor ihre Babys. Das Tragen wird auch hier wieder attraktiv: Das moderne Tragetuch und die praktische Babytrage haben viele Vorteile.

Ist das Baby im Tragetuch, haben Sie die Hände frei
Kinderwagen oder Tragetuch? Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Foto: iStock, Thinkstock

Tragetuch: Geborgenheit und Urvertrauen

Gerade ist das Baby so schön auf dem Arm eingenickt. Wenn es jetzt im Bettchen weiter schliefe, dann, ach ja, dann wäre die ersehnte Atempause im gestressten Familienalltag endlich da. Doch: Kaum liegt das Baby, beginnt es zu schreien. «Kinder wollen getragen sein», schrieb bereits 1999 die Humanethnologin Evelin Kirkilionis in ihrem gleichnamigen Buch.

Ganz nah bei Mama oder Papa, da fühlt sich ein Baby sicher. «Es findet am Körper vieles von dem wieder, was ihm im Bauch vertraut war: zum Beispiel Geräusche von Herzschlag und Atmung», erklärt Sarah Lindenmann, Präsidentin des Vereins‚ Trageberaterinnen Schweiz’ mit Sitz in Meisterschwanden am Hallwilersee.

Der intensive und regelmässige Körperkontakt schenkt Urvertrauen. Eine Studie des Kinderspitals Zürich unter der Leitung von Dr. Urs A. Hunziker zeigt: Mehrstündiges Tragen verringert deutlich die Schreidauer. Darüber hinaus sind die Kinder auch während der Wachphasen zufriedener.

Ein Baby häufig auf dem Arm zu tragen, ist allerdings mühsam. Fachgeschäfte und Anbieter wie Didymos und Manduca bieten vielfältige Hilfsmittel. So lässt sich mit einem Tragetuch, der ältesten Form der Tragehilfe, ein Kind vor die Brust, auf die Hüfte und auf den Rücken binden. Keine andere Tragehilfe ist so vielseitig. Ein Babytragesitz hat dank verstellbarer Tragegurte einen anderen Vorteil: Er muss nur umgeschnallt werden.

Eine Babytrage ist ideal für den unkomplizierten Transport des Babys.

Mit einer Babytrage haben Eltern die Hände immer frei. Foto: Babybjörn

Tragetuch und Babytrage – weitere Vorteile im Überblick

  • Gut für die Hüften: Die gespreizte Haltung in der Hocke mit leicht gerundetem Rücken fördert die optimale Entwicklung der Hüften Ihres Babys. Beim Kauf einer Tragehilfe sollten Sie allerdings darauf achten, dass die kleinen Beine Ihres Neugeborenen in den ersten Wochen nicht überspreizt werden können.
  • Starke Muskeln: Die dauernden Bewegungen stärken die Rücken- und die Halsmuskulatur Ihres Kindes.
  • Ruhigere Nächte: «Getragene Kinder fallen während des Tragens nicht in den Tiefschlaf – dafür schlafen sie nachts fester», erklärt Tragetuchberaterin Sarah Lindenmann.
  • Hohe Mobilität: Ob im Haus, im Geschäft, auf der Strasse oder in öffentlichen Verkehrsmitteln: Mit einem Baby huckepack lässt sich leichter ein Weg bahnen als mit einem Kinderwagen oder Buggy.
  • Hände frei: Wer sein Kind am Körper trägt, hat die Hände frei. So kann der Alltag trotz Nachwuchses wie gewohnt weitergehen.

Tragetuch und Babytrage: Nachteile

  • Komplexe Bindetechnik: 4,70 bis 5,70 Meter: So lang muss ein Tragetuch sein, damit es sich sicher binden lässt. Eine Technik, die gelernt sein will. Was Sie dafür brauchen? Ein paar Stunden Zeit und eine Portion Geduld. Unter www.youtube.com findet sich ein Video, das zeigt, wie es geht.
  • Eingeschränkte Beweglichkeit: Klar, mit dem Baby am Körper fällt es schwerer, sich zu bücken und zu beugen.
  • Rückenschmerzen: Wird das Baby schwerer, können Rückenschmerzen die Folge sein. Mut macht der Verein Schreibabyhilfe mit Sitz in Oberglatt (bei Kloten): «Wichtig ist, früh mit dem Tragen zu beginnen.» Ihre Rückenmuskulatur kann sich dann dem schwerer werdenden Baby anpassen.
Ein Kinderwagen ist ideal für lange Spaziergänge.

Der Kinderwagen schont im Gegensatz zum Tragetuch den Rücken der Eltern. Foto: ©iStockphoto.com/kzenon

Wem das häufige Tragen des Babys zu anstrengend ist, der kommt ums Schieben nicht herum. Wenn Ihr Baby fröhlich im Kinderwagen spielt, brabbelt oder schläft, können Sie unbelastet durch die Strassen spazieren.

Kinderwagen – weitere Vorteile im Überblick

  • Lange im Dienst: Bewährt hat sich der klassische Kombi-Kinderwagen. Er lässt sich zum Buggy umbauen, sobald Ihr Baby sitzen kann.
  • Packesel: Praktisch, dass sich unter dem Fahrgestell Einkäufe unterbringen lassen! Auch die Tasche am Lenker bietet Platz für vieles, was mit auf den Ausflug kommen soll.
  • Sport treiben: Sich fit halten – trotz Nachwuchs im Schlepptau: Das ermöglichen Kinderwagen dann, wenn sie geländegängig sind. Die dreirädrigen Jogger mit hohem Griff sind so konstruiert, dass Sie beim Joggen Ihr Kind im Wagen vor sich her schieben können.

Noch nie waren Kinderwagen so alltagstauglich: schmal und leicht, gut gefedert. Darüber hinaus bieten moderne Kinderwagen jede Menge Komfort: vom höhenverstellbaren Schieber, die sich der Körpergrösse anpassen lassen, bis hin zu schwenkbaren Vorderrädern, die jederzeit einen Fahrtrichtungswechsel ermöglichen. (Beispiele unter www.maxi-cosi.de)

Kinderwagen: Nachteile

  • Sperrig: Lange Treppen erweisen sich oft als unüberwindliche Hindernisse. Beim Einsteigen in Bus und Bahn sind Sie mit Kinderwagen und Buggy oft auf Hilfe angewiesen.
  • Platzraubend: Nicht jeder Kinderwagen lässt sich zusammengeklappt ohne Mühe in den Kofferraum Ihres Autos zwängen. Und zu Hause braucht der Kinderwagen einen eigenen Parkplatz.

Der Kauf eines Kinderwagens bedeutet eine hohe Investition. Sie liegt in der Regel zwischen 300 und 1.100 Schweizer Franken. Tragehilfen sind deutlich preiswerter. Ein Tragetuch kostet zwischen 80 und 160 Schweizer Franken, Babytragesitze ab 110 Schweizer Franken.

Lässt sich der Kinderwagen zum Buggy umbauen, kann das Kind bis weit ins Kleinkindalter durch die Gegend geschoben werden. Ein Tragetuch und ein Tragesitz kann – je nach Gewicht und Grösse des Kindes - ebenfalls mehrere Jahre genutzt werden.

Fazit

«Sicher, es ist sehr gut, sein Baby zu tragen. Denn: Körperkontakt ist wichtig für jedes Baby», sagt Liliane Maury Basquier, Vorsitzende des Schweizerischen Hebammenverbandes mit Sitz in Bern. Doch sie betont auch: «Alle sollen sich wohl fühlen - Kinder und Erwachsene.» Wer lieber schiebt, müsse kein schlechtes Gewissen haben. «Wichtig ist, das Leben zu geniessen. Fröhliche Eltern tun auch dem Baby gut.»

Die Vorteile von Kinderwagen und Babytrage lassen sich wunderbar ergänzen. Oft ist ein Tragetuch oder eine Babytrage für kurze Wege mit dem Baby gut geeignet. Bei längeren Unternehmungen freut sich der Rücken, wenn der Kinderwagen oder Sportwagen ihn entlastet.

Wem die Doppel-Investition zu teuer ist, bietet sich folgende Alternative an: auf den Kinderwagen verzichten und sich stattdessen ein Untergestell für die Auto-Babyschale besorgen. Sobald das Baby sicher sitzt, lässt sich dann direkt auf den Buggy umsteigen, der deutlich günstiger als ein Kombi-Kinderwagen ist.

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