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Baby abhalten: Expertinnen erklären die Technik und den richtigen Griff

Schon wieder ist die Windel voll. Eltern haben oft das Gefühl, aus dem Wickeln nicht herauszukommen. Doch auch Babys können schon manches Geschäft in die Toilette, ein Töpfchen oder ein anderes Gefäss machen. Abhalten – so nennt man das. Wichtig dabei ist der richtige Griff. Mit der Technik sparen Sie zwar Windeln und Geld. Ihr Kind wird dadurch aber nicht eher trocken. 

Weniger Windeln: Mit der Abhalte-Technik machen schon kleine Babys ihr Geschäft ins Töpfchen.
Weniger Windeln: Mit der Abhalte-Technik machen schon kleine Babys ihr Geschäft ins Töpfchen. © GettyImages Plus, ozgurcankaya

Das Wichtigste in Kürze rund ums Baby abhalten:

  • Abhalten heisst, ein Baby über ein entsprechendes Behältnis zu halten, damit es dort ausscheiden kann. Lesen Sie hier mehr. 
  • Einem Kind, das abgehalten wurde, wird erspart, in einer nassen Windel zu liegen. Das schont die Haut, die Umwelt und das Budget. Weitere Gründe fürs Abhalten.
  • Viele Eltern halten ihr Baby beim Wickeln ab. Dafür erlernen sie einen unkomplizierten Griff, der sich für die meisten Situationen eignet.

Neulich erzählte mir eine Freundin total begeistert, dass sie ihren Kleinen abhalte. Der sieben Monate alte Louis mache schon super ins «Töpfli», wenn sie ihm das Signal gebe. Ich war beeindruckt. Und hatte gleichzeitig ganz viele Fragen. Ich wusste nicht, dass solche Methoden mit so kleinen Kindern schon funktionieren.

Das Baby abhalten –was bedeutet das?

Wie hält man Babys ab?

Es gibt eine Halteposition, die besonders geeignet ist. «Die meisten Babys schätzen es, wenn man sie an den Oberschenkeln fasst, die Beinchen ein bisschen spreizt, den Rücken mit dem eigenen Körper abstützt und sie dann auffordert, ihr Geschäft zu machen», erklärt die Schweizer Therapeutin und Erwachsenenbildnerin Rita Messmer, Entwicklerin der Windelfrei-Methode, im Interview.

Abhalten: Auf diese Signale sollten Sie achten

Babys senden Signale, wenn sie Pipi machen müssen oder Stuhldrang haben. «Allerdings können diese Signale sehr unterschiedlich sein», weiss die Hebamme Irmgard Beerli aus Grabs. «Eltern, die ihr Kind abhalten möchten, müssen daher aufmerksam sein und die typischen Signale herausfinden. Manche Kinder werden unruhig und strampeln, andere suchen Augenkontakt oder weinen leicht.»

Es geht aber auch umgekehrt, weiss Irmgard Beerli: Ihr hatte eine Mutter erzählt, dass ihr Kind schreie, wenn sie mit ihm zum Waschbecken gehe und die Kleine nicht pieseln müsse. «Dann hat sie nie was gemacht. Wenn das Kind dagegen ruhig war, kam auch immer etwas.»

Die richtige Position fürs Baby

Irmgard Beerli erklärt für Familienleben, wie es geht:

«Ich halte die Kinder mit ihrem Rücken an meinen Bauch gelehnt, die Zeigefinger in den Kniekehlen, die restlichen Finger unter dem Po verteilt. Die Daumen halte ich vor der Brust, sodass sie beim Bewegen nicht nach vorne fallen können. Manchmal sind die Kinder zu Beginn nervös und bewegen sich oder schreien auch kurz. Dann gilt es, Ruhe zu bewahren und ihnen zu sagen, dass sie nun Pipi machen können. Sobald sie ruhig und entspannt werden, klappt es auch. Unruhig sind sie nur in den ersten Tagen. Sie wissen sehr schnell, was kommt.»

Was ist die beste Stellung fürs Baby bei Stuhlgang?

Besonders praktisch ist es, das Baby direkt über der Toilette sein grosses Geschäft machen zu lassen.

 Wer nicht mit gebeugtem Rücken oder kniend vor der Toilettenschüssel verharren will, setzt sich einfach breitbeinig mit dem Kleinen auf die Toilettenschüssel und hält es zwischen die eigenen Beine. Dabei ist es wichtig, selbst so weit wie möglich nach hinten zu rutschen.

-Alternativ ist es möglich, sich – ebenfalls breitbeinig – verkehrt herum auf die Toilettenschüssel zu setzen. Auch hier gilt dann: weit nach hinten rutschen, damit noch Platz fürs Baby bleibt.

Jungs abhalten: Worauf muss ich achten?

Bei kleinen Jungen kann der Bogen des Urinstrahls schon mal weiter reichen, als Eltern erwartet haben. Damit Pipi dort landet, wo er landen soll, können sich Mutter oder Vater ein wenig mehr nach vorne lehnen. So schiesst der Urin erst gar nicht so sehr in die Höhe.

Wie oft abhalten?

Viele Eltern, deren Ziel nicht darin besteht, völlig windelfrei zu leben, halten ihr Baby lediglich beim Wickeln ab. Irmgard Beerli: «In den ersten zwei Wochen haben die Babys ja sehr häufig Stuhlgang, meistens bei jedem Stillen. Aber danach wird er weniger häufig und so höre ich von vielen Eltern, die ihr Kind abhalten, dass es im ersten Jahr kaum Stuhlgang in den Windeln hat.»

Nachts abhalten

Auch nachts sind dringende Geschäfte zu erledigen. Es hilft dem Baby, wenn die Eltern ruhig und gelassen bleiben. Irmgard Beerli empfiehlt Eltern, ihre Kinder vor allem zwischen vier und sechs Uhr abzuhalten, da um diese Zeit der Darm am meisten arbeitet und die Kinder meist sehr unruhig sind, bis sie gegen sechs Uhr Stuhlgang machen. «Durch das Abhalten geht es etwas besser und schneller und das Baby kommt schneller wieder zum Schlafen.»

Ab wann kann man Babys abhalten?

Diese Frage, die sich viele Eltern stellen, lässt sich leicht beantworten: Von Anfang an!

Neugeborene abhalten

«Ich zeige den jungen Eltern während des ersten Besuchs der Wochenbettbetreuung, wie sie ihr Baby abhalten können», berichtet Irmgard Beerli. «Wenn es beim ersten Mal klappt, was bei Mädchen häufiger vorkommt als bei Knaben, sind die Eltern sehr motiviert, es auch selbst zu versuchen.»

«Später können Entwicklungsschritte kleine Rückschläge bewirken», weiss Rita Messmer. «Der Durchbruch der Zähne, Impfungen und Krankheiten haben oft kurzfristige Auswirkungen auf die Reinlichkeit. Je älter das Kind aber wird, um so mehr kann es halten.»

Warum sollten Babys abgehalten werden?

Babys abzuhalten, hat mehrere Vorteile:

Weniger unangenehm nasse Windeln

«Kein Baby möchte in seinen Ausscheidungen liegen», sagt Rita Messmer. «Zwar empfindet es ein Säugling als angenehm, wenn es um ihn herum warm wird, doch spürt er ohne Windel auch die unangenehme Nässe.» Dieses Gefühl wolle er vermeiden. «Deshalb beginnt das Gehirn, einen Zusammenhang zwischen Nässe und Ausscheidungen herzustellen, der letztendlich dazu führt, dass das Baby lernt, seine Ausscheidungen zu kontrollieren.»

Weniger Umweltbelastung, weniger Kosten

Abhalten schont die Umwelt und das Budget. Der Anteil an vollen Windeln im Haushaltsmüll liegt laut Bundesamt für Umwelt bei rund zehn Prozent. Kinder, die nicht abgehalten werden, verbrauchen pro Tag zwischen drei und sechs Windeln. Bis das Kind drei Jahre alt ist, haben Eltern bereits ein kleines Vermögen in Windeln investiert.

Weniger Hautreizung

Wer sein Kind abhält, bewahrt es vor mancher Hautreizung und Hautentzündung im Windelbereich, die häufig durch nasse Windeln hervorgerufen werden.

Die richtige Ausrüstung fürs Abhalten

Wer sein Kind abhalten möchte, benötigt zum einen praktische Kleidung, die sich leicht an- und ausziehen oder für das Abhalten öffnen lässt. Darüber hinaus ist ein Behälter notwendig, der die Ausscheidungen auffängt.

Worüber kann ich mein Baby windelfrei abhalten?

Es gibt viele Möglichkeiten, worüber ein Baby windelfrei abgehalten werden kann.

  • über dem Waschbecken: Dabei lässt sich bequem stehen.
  • über einer Schüssel: Sie lässt sich flexibel dort aufstellen, wo sie benötigt wird.
  • über der Toilette: Wer nicht mit gebeugtem Rücken oder kniend vor der Toilettenschüssel verharren will, setzt sich einfach breitbeinig mit dem Baby auf die Toilettenschüssel.

Welches Töpfchen eignet sich?

Das Windelfrei-Töpfchen ist klein und lässt sich durch seine ovale Form leicht zwischen die Beine klemmen – was zum Beispiel während des Stillens praktisch ist. Sobald das Kind sitzen kann, ist ein normales Töpfchen geeignet, wenn eine Bezugsperson hinter dem Kind hockt, um es zu stützen.

Welche Kleidung ist optimal?

Auch die praktischste Kleidung bewahrt Kind und Eltern nicht davor, dass manches Geschäft in die Hose geht. «Ich erlebe sehr viele Eltern, die das Abhalten probieren und sehr glücklich sind, dass es so super funktioniert.»

Anders als Rita Messmer, die sich für die Windelfrei-Methode einsetzt, findet sie es aber schwierig, ganz auf Windeln zu verzichten. «Zu viele Kleider», sagt sie. Manche Eltern beschliessen, zumindest in bestimmten Situationen ihr Kind zu wickeln – zum Beispiel vor der Nacht oder dem Besuch der Spielgruppe. Eltern, die ihr Kind abhalten möchte, können selbst herausfinden, ob sie komplett windelfrei leben oder auch weiterhin Windeln nutzen wollen. In den ersten Wochen können sich Eltern noch mit Windeln oder Stoffwindeln behelfen. Später erleichtern Hosen mit Schlitzen im Schritt das Abhalten.

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