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Übergewichtige Kinder: Wann ist es Zeit für die Diät?

Dicke Kinder und Jugendliche leiden in der Schule unter Hänseleien und Schamgefühl. Ihre Eltern leiden mit. In der Schweiz sind aktuell 17 Prozent aller Kinder und Jugendlichen übergewichtig. Aber wann ist mein Kind zu dick? Und welche Auswirkungen hat Adipositas auf mein Kind?

Immer mehr Kinder und Jugendliche sind übergewichtig.
Übergewicht und Adipositas können massive Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes haben. Bild: Maya23K, Getty Images

Simon ist zehn Jahre halt und übergewichtig. Von seinen Mitschülern wird er einfach «der Dicke genannt», was Simon sehr verletzt. Versucht abzunehmen hat er schon oft. Leider haben seine Methoden bislang nicht funktioniert. Er leidet immer mehr unter seinem Übergewicht, wirkt traurig und zieht sich zurück. Simon ist nicht das einzige übergewichtige Kind in der Schweiz. Etwa jedes fünfte Kind in der Schweiz leidet an Übergewicht.

Übergewicht bei Kindern und seine Ursachen

Laut einer Untersuchung der Gesundheitsförderung Schweiz aus dem Schuljahr 2017/18 beginnt Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen bereits im Kindergartenalter. Für die Untersuchung wurde der BMI (Body-Mass-Index) von über 13'000 Kindern aus den Städten Basel, Bern und Zürich analysiert. Bereits im Kindergarten sind 12,4 Prozent aller Kinder von Übergewicht betroffen. Diese Zahl steigt während der Primarschule auf 19,3 Prozent und findet in der Oberstufe mit 24,8 Prozent einen Höchstwert. Kurz: 19,3 Prozent der Schüler aller untersuchten Schulstufen sind übergewichtig oder leiden unter Adipositas (Fettleibigkeit).

Fasst man alle Untersuchungsjahre der Gesundheitsförderung Schweiz zusammen, zeigt der Langzeitvergleich seit Messbeginn im Schuljahr 2005/06, dass auf Stufe Kindergarten und 1. Klasse sowie Unter- und Mittelstufe ein Abwärtstrend zu beobachten ist. In der Oberstufe kam es zu einem übergewichtigen Anstieg, der sich aber über die letzten Jahre stabilisierte.

Dicke Eltern – dicke Kinder?

Die Ursachen für Übergewicht und Adipositas sind vielseitig. In vielen Fällen führt die kalorienreiche Ernährung in Kombination mit Bewegungsmangel zu überschüssigen Pfunden. Statt draussen Fussball zu spielen oder herumzutoben, sitzen Kinder vor dem Computer oder Fernseher. Auch Eltern haben einen grossen Einfluss auf das Essverhalten ihrer Kinder. Zum einen, weil sie eine Vorbildfunktion haben und Kindern falsche Ernährungs- und Bewegungsgewohnheiten vorleben, zum anderen steigt die Wahrscheinlichkeit auf Fettleibigkeit, wenn bereits die Eltern davon betroffen sind. Extrapfunde aus der Kindheit werden meist bis ins Erwachsenenalter hineingetragen, wodurch gesundheitliche Risiken erhöht werden.

Adipositas: Wann ist mein Kind zu dick?

Diese Frage, die sich viele Eltern stellen, ist nicht immer leicht zu beantworten. Manchmal täuscht das äussere Bild, manchmal wollen Eltern das Problem einfach nicht erkennen. Eine Untersuchung ergab, dass 89 Prozent der Eltern mit übergewichtigen Kindern im Alter von fünf bis sechs Jahren sich gar nicht bewusst sind, dass ihre kleinen Kinder zu viel wiegen oder dick sind. In solchen Fällen kann der Body-Mass-Index (BMI) als Orientierungshilfe dienen. Dieser setzt das Gewicht eines Menschen im Verhältnis zu seiner Körpergrösse. Errechnet wird er mit dem Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch die Körpermasse in Metern im Quadrat. Lesen Sie hier, in welchem Gewichtsbereich Ihr Kind liegen sollte. Wenn Ihr Kind einer gesunden Ernährung nachgeht und sich genügend bewegt, aber trotzdem einen zu hohen BMI hat, sollten Sie mit dem Arzt abklären, ob das Übergewicht an einer Krankheit liegen könnte.

Übergewichtige Kinder: Folgen

Viele Eltern sind der Meinung, dass Kinder frei von Diäten und Kalorienzahlen aufwachsen und eine unbeschwerte Kindheit führen sollten. Ein bisschen Babyspeck hat ja auch noch niemandem geschadet, oder? Natürlich müssen Kinder nicht gertenschlank wie Supermodels sein und keine Pizza mehr essen dürfen. Gefährlich wird es aber, wenn das übergewichtige Kind an Gesundheitsproblemen leidet. Zu den bekanntesten Krankheiten, welche durch Adipositas ausgelöst werden, gehören Diabetes oder Bluthochdruck. 

Die ersten Anzeichen von gesundheitlichen Problemen ausgelöst durch Übergewicht sind Kurzatmigkeit bei Bewegung, verstärktes Schwitzen, Rücken- und Gelenkschmerzen und Schlafprobleme. Ausserdem erhöht Übergewicht das Risiko auf Diabetes mellitus Typ 2, Herzkrankheiten, Arthrose und bestimmte Krebserkrankungen. Auch die psychische Gesundheit kann unter dem Übergewicht leiden: Oft werden dicke Kinder in der Schule von gehänselt, haben ein vermindertes Selbstwertgefühl und erkranken vielleicht sogar an Depressionen. Spätestens dann, wenn Ihre Kinder unter dem Übergewicht leiden oder weinend aus der Schule nach Hause kommen, sollten Sie sich gemeinsam eine sinnvolle Methode zum Abnehmen überlegen. Aber Achtung: Übertreiben Sie es mit der Umstellung der Ernährung nicht! Quälen Sie Ihr Kind wegen kleinen Fettpölsterchen nicht und planen Sie das Abnehmen mit einer Diät in kleinen Schritten.

Diät? Mit diesen Tipps nehmen übergewichtige Kinder gesund ab

Ernährung: Ziehen Sie als Familie an einem Strang

Kinder können nur schlecht verstehen, weshalb sie verzichten müssen, während ihre Geschwister unbeschwert Süssgetränke trinken und genüsslich Glacé schlecken. Lassen Sie Ihr Kind deshalb nicht nur gesunden Salat essen, wenn Sie für die restliche Familie Pasta Bolognese auftischen. Verkleinern Sie besser die Portionen oder tischen kleinere Teller. Wenn Sie erst nach 10 min nachschöpfen, lernen Kinder, das Sättigungsgefühl zu spüren. Lassen Sie den Kochtopf während dem Essen nicht auf dem Tisch stehen. Eine Möglichkeit ist auch, für die ganze Familie ausgewogenere Gerichte zu kochen. Das nährt und sättigt länger. So sind Eltern ihren Kindern ein gesundes Vorbild.

Kinder sollen schwitzen

Kinder brauchen Bewegung und Sport um sich fit zu halten. Sie müssen Ihr Kind dafür nicht gleich in einen Fussball- oder Gymnastikverein schicken; auch unorganisiertes Spielen an der frischen Luft wirkt bereits Wunder. Wenn dicke Kinder beim Spazieren, Radfahren, Trampolin springen, Herumtollen oder Durchstreifen der Nachbarschaft ins Schwitzen kommen, haben sie bereits viel für ihre Gesundheit gemacht.

Medienkonsum auf Diät setzen

Fernsehprogramme sind zwar ein guter Zeitvertreib, werden aber passiv konsumiert. Das Gleiche gilt für Computerspiele und Spielkonsolen. Ihr Kind muss nicht gleich auf seine Lieblingssendungen verzichten, Sie sollten aber feste Fernseh- und Computerzeiten einführen.

Essen Sie frisch und saisonal

In Fertigprodukten sind oft Inhaltsstoffe versteckt, die Ihrem Kind nicht gut tun. Wenn Sie das Essen selbst frisch zubereiten, wissen Sie genau, was in den Topf kommt. Tipp: Lassen Sie die Kinder Ihnen beim Kochen helfen. Servieren Sie bunt und ansprechend, so schmeckt auch gesundes Essen. Als Getränk bietet sich ungesüsstes Wasser an. Welche Flüssigkeitsmenge Ihr Kind benötigt, erfahren Sie hier. Wer's digital mag: Die Gesundheitsförderung Schweiz hat eine App entwickelt, bei der man den zusätzlichen gesunden Flüssigkeitsbedarf während sportlichen Aktivitäten berechnen kann. Weitere Informationen dazu finden sich hier.

Tipp: Bei der Diät keine Mahlzeit auslassen

Kinder brauchen Energie für den Alltag. Lassen Sie deshalb auf keinen Fall das Frühstück weg. Besser ist es, wenn ihre Kinder am Abend etwas Leichtes und Gesundes essen.

Bei all diesen Tipps ist wichtig, dass Sie als Eltern mit Ihrem Kind zusammenarbeiten. Geben Sie dem Kind nicht das Gefühl, dass es wegen der überschüssigen Pfunde weniger wert ist und erklären Sie ihm, wie wichtig ein normales Gewicht für die Gesundheit ist. Stecken Sie die Ziele vorerst nicht zu hoch, motivieren und loben Sie Ihr Kind für sein Durchhaltevermögen. Falls Ihr Kind stark übergewichtig ist, kann sich auch ein Gespräch mit dem Ernährungsberater lohnen.

Übergewicht bei Kindern: Übertreiben Sie es nicht

Was die gute Ernährung von Kindern angeht, ist Vorsorge besser als Nachsorge. Brechen Sie nicht in Panik aus, wenn Ihr Kind noch ein wenig Babyspeck hat – dieser verschwindet meist von alleine, wenn sich Kinder im Kindergarten oder nach Schulstart zusammen mit Freunden austoben. Wichtig ist, dass Sie sich bereits früh Gedanken über eine gesunde Ernährung für die ganze Familie machen. Kinder müssen aber weder Models noch Puppen sein! Solange sie sich mit ihrem Gewicht wohl fühlen und kein Gesundheitsrisiko besteht, sind auch ein paar überschüssige Rundungen kein Grund zur Sorge.

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