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Diagnose Krebs: Mit Kindern über Krebs sprechen

Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt, verändert sich das Leben aller Familienmitglieder. Manche Eltern sprechen mit ihren Kindern über die neue Situation, andere befürchten, ihr Kind damit zu überfordern und zu ängstigen. Sabine Jenny, Leiterin des Krebsinformationsdienstes der Krebsliga Schweiz und selber Mutter erklärt, warum es wichtig ist, mit den Kindern über Krebs zu sprechen und wie es gelingen kann.

Eltern sollten mit ihren Kindern über Krebs sprechen.
Mit Kindern über Krebs sprechen: Mit der Wahrheit können Kinder viel besser umgehen. Foto: Wavebreak Media, Thinkstock

Die Diagnose Krebs trifft alle Beteiligten schwer. Sie ist verbunden mit Unsicherheiten und Ängsten und rüttelt an Zukunftsplänen. Die vielen Gefühle, die aufkommen, die Sorgen und die Belastungen einer Therapie lassen Eltern oft wenig Kraft und Zeit für ihre Kinder. Oft möchten sie diese auch schonen und wagen darum nicht, mit ihnen über die Krankheit zu reden. Das ist verständlich, es gibt jedoch gute Gründe, dies zu tun. Denn Kinder und Jugendliche spüren wichtige Veränderungen und entwickeln unter Umständen eigene belastende Erklärungen für die «komische Stimmung» zu Hause.

Seien Sie gewiss, Kinder können häufig besser mit der Wahrheit umgehen, als wir Erwachsene ihnen zutrauen. Es ist die Ungewissheit, die verunsichert. Wissen jedoch hilft gegen Angst. Wenn alle Familienmitglieder – natürlich ihrem Alter entsprechend – über die Krebserkrankung Bescheid wissen, kann dies darum entlastend sein. Kinder neigen dazu, sich schuldig zu fühlen. Wenn Sie mit Ihrem Kind über Krebs reden, können Sie ihm Schuldgefühle ersparen. Und Sie müssen sich nicht ständig darüber Sorgen machen, dass es versehentlich etwas hören könnte, was nicht für seine Ohren bestimmt ist. Eltern und Kinder fühlen sich durch diese Offenheit nicht voneinander isoliert, sondern verbunden. Diese Nähe kann der ganzen Familie Kraft geben, um die Zeit der Krankheit möglichst gut zu meistern und zu verarbeiten.

Der richtige Zeitpunkt, um mit Kindern über Krebs zu sprechen

Es ist nicht einfach, mit Kindern über eine solche Krankheit zu sprechen und den richtigen Zeitpunkt für ein Gespräch zu finden. Leider gibt es kein Patentrezept dafür, denn jede Familie und jede Situation ist einzigartig. Aber es gibt Empfehlungen, die sich bewährt haben. Orientieren können Sie sich an der Faustregel, Ihre Kinder spätestens dann aufzuklären, wenn die Diagnose feststeht und Sie für sich selber etwas Zeit gehabt haben, eine gewisse Klarheit zu finden und zu verstehen, welche unmittelbaren Folgen die Krankheit für Sie und Ihre Familie haben könnte.

Im Idealfall sagen Sie Ihrem Kind selbst, dass Sie krank sind und nun eine möglicherweise längere Zeit der Behandlung ansteht. Vielleicht fühlen Sie sich dazu aber nicht in der Lage. Scheuen Sie sich in diesem Fall nicht, jemanden um Hilfe zu bitten. Das kann Ihr Partner sein oder ein Grosselternteil, vielleicht sogar die Ärztin oder der Arzt. Versuchen Sie, bei diesem Gespräch dabei zu sein. So fühlt sich Ihr Kind von Ihnen unterstützt.

Manchmal kommt der «rechte Zeitpunkt» auch unverhofft. Es kann sein, dass Ihr Kind Kummer hat oder es Sie geradeheraus fragt, was eigentlich los ist. Vertrauen Sie dann darauf, dass Sie es gut machen werden. Sie haben als Eltern schon so oft improvisieren müssen!

Wie spreche ich mit den Kindern über Krebs?

Was sich ein Kind unter Krebs vorstellt, wie es sich durch die Erkrankung eines Elternteils bedroht fühlt, was es fürchtet und braucht, und wie es auf diese Situation reagiert, das alles hängt stark vom Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder Jugendlichen ab. Ihre Kinder sollten das Recht haben, auf ihre eigene Art zu reagieren, ohne dafür zurechtgewiesen zu werden. Auch, wenn sie vielleicht im Moment nicht über Krebs reden möchten oder sich in Freizeitaktivitäten «flüchten». Das heisst nicht, dass Sie unangebrachtes oder verletzendes Verhalten hinnehmen sollten. Die Broschüre der Krebsliga «Mit Kindern über Krebs reden» geht detaillierter darauf ein, wie Kinder und Jugendliche auf die Nachricht einer Krebserkrankung reagieren könnten und was Sie als Eltern Ihren Kindern im Vorschulalter, Kindern zwischen sieben und zwölf Jahren und Jugendlichen sagen können.

Sabine Jenny,  Leiterin des Krebsinformationsdienstes der Krebsliga Schweiz erklärt, warum es wichtig ist, mit Kindern über Krebs zu sprechen.
Sabine Jenny,  Leiterin des Krebsinformationsdienstes der Krebsliga Schweiz spricht mit Eltern über das Thema Krebs. Foto: Krebsliga

Über Krebs sprechen: Tipps für Eltern

Wichtig ist, dass Sie Ihre Kinder informieren, entlasten und begleiten.

  • Nehmen Sie sich Zeit für ein Gespräch.
  • Sie müssen nicht alles sagen, was Sie wissen. Aber alles, was Sie sagen, muss wahr sein.
  • Sagen Sie jüngeren Kindern, dass man Ihre Krankheit «Krebs» nennt. Erklären Sie, dass dies mit dem Tier nichts zu tun hat, sondern dass bestimmte Zellen im Körper krank sind.
  • Verwenden Sie gegenüber jüngeren Kindern einfache Worte und kurze Sätze: «Ich habe im Bauch einen Knoten. Man nennt das Krebs. Er macht mich krank. Darum muss der Arzt ihn herausnehmen. Deshalb gehe ich für ein paar Tage ins Spital. Ihr könnt mich dort besuchen.»
  • Entlasten Sie Ihr Kind indem Sie ihm sagen, dass es geliebt wird und keine Schuld an der Krankheit trägt.
  • Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass Krebs in vielen Fällen geheilt werden kann, aber machen Sie keine Versprechungen. Statt «Ich werde sicher wieder gesund» können Sie sagen «Ich hoffe sehr, bald wieder gesund zu werden.»
  • Erklären Sie Ihrem Kind, dass Krebs nicht ansteckend ist.
  • Für Ihr Kind ist es wichtig zu wissen, was sich in seinem Alltag verändert. Es ist hilfreich, wenn Sie eine gewisse Routine beibehalten können.
  • Sagen Sie Ihren Kindern, wer sich in der Zeit Ihrer Behandlung um sie kümmert. Und dass es gut ist, wenn sie weiter Freunde treffen, spielen und lachen.
  • Unterdrücken Sie Ihre Gefühle nicht. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass es normal ist, traurig oder auch wütend über die Krankheit zu sein.
  • Es kann hilfreich sein, wenn Lehrpersonen oder Lehrmeister über die Familiensituation Bescheid wissen. Als Eltern jüngerer Kinder sollten Sie die Lehrperson informieren. Sind die Kinder älter, besprechen Sie am bestem mit ihnen, ob und wie informiert werden sollen.

Über Krebs sprechen: Was bei Teenagern besonders zu beachten ist

Jugendliche ziehen sich oft zurück, wenn ein Elternteil ernsthalt erkrankt. Oder sie stürzen sich zur Ablenkung in Freizeitaktivitäten, sie fragen selten nach, können aggressiver reagieren als sonst und in der Schule weniger Interesse zeigen. Legen Sie wie bisher Regeln fest und setzen Sie Grenzen.

Besonders Töchter von erkrankten Müttern übernehmen häufig eine Erwachsenenrolle, die sie überfordert. Dann ist es wichtig, dass Sie klar festlegen, was Ihnen hilft. Dass es zum Beispiel prima ist, wenn Ihre Tochter die Einkäufe erledigt, Sie aber auch möchten, dass sie weiterhin etwas mit Freundinnen und Freunden unternimmt.

Anders als jüngere Kinder machen sich Jugendliche oft Sorgen um einen möglichen Tod. Wenn es Ihnen möglich ist, reden Sie über Ihre Situation und Ihre eigenen Gedanken über das Sterben. Akzeptieren Sie aber, wenn Ihr «Kind» seinerseits lieber Ihnen zuhört anstatt selber zu reden.

Pubertierende entwickeln nicht selten Ängste, selber krank zu werden. Wie gross oder wie klein für sie die Wahrscheinlichkeit ist, zu erkranken, kann in einer fachärztlichen Beratung besprochen werden.

Hier finden Eltern und Kinder krebskranker Eltern Unterstützung:

  • Kostenloses Krebstelefon: 0800 11 88 11, werktags, 9-19 Uhr
  • Kantonale Krebsligen: www.krebsliga.ch
  • Die  Broschüre «Wenn Eltern an Krebs erkranken» zeigt, wie der Familienalltag und der gegenseitige Austausch weitergehen könnte – trotz und mit Krebs. Der Flyer «Krebskrank – Wie sagt man es den Kindern?» gibt Eltern und Lehrpersonen Tipps zum Thema. Broschüre und Flyer sind kostenlos. Bestellmöglichkeiten unter www.krebsliga.ch

 

Autor: Sabine Jenny, Krebsliga Schweiz

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