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Gurke wie Pommes: Warum beides wichtig ist für Kinder

Kinder gesund ernähren wollen ist Knochenarbeit für die meisten Erziehenden. Oft fruchten ihre ganzen Bemühungen nichts, im Gegenteil. Hinzu kommt eine allgemeine Verunsicherung, geschürt von Werbung auf der einen und Medienberichten auf der anderen Seite. Ein Plädoyer für einen entspannteren Umgang mit dem Thema.

Zu viele Burger sind nicht gesund für Kinder, aber einer darf es schon mal sein.
Essen sollte Spass machen, deshalb raten Experten, die Kinder auch mal Fast Food essen zu lassen. Foto: Creatas, Creatas Images, Thinkstock

Wir wissen es längst: Die Kinder schauen zu viel fern und sitzen zu lang am Computer. Mit dem Resultat, dass sie sich zu wenig bewegen. Indem Eltern ihre Sprösslinge zur Schule fahren, erweisen sie dem Nachwuchs einen Bärendienst - eine weitere Gelegenheit, sich bewegen und sozialisieren zu können, entfällt. Heute ist bereits jedes fünfte Kind übergewichtig. Mit der Bewegung und der Ernährung liegt es offenbar bei den Schweizern je länger je mehr im Argen.

Ob man nun Kalorien zählt, Körner pickt oder Fast Food verschlingt: Die Kinder werden durch das Ernährungsverhalten der Eltern geprägt, im positiven wie im negativen Sinn: «Im Umgang mit Kindern sollte kein Kalorienzählen im Vordergrund stehen», sagt zum Beispiel Nathalie Metzger, dipl. Ernährungsberaterin HF. Möglichst gesund aber sollte es trotzdem sein.

Geschmack wird erlernt und Vertrautes schmeckt besser. Hier liegt die Chance für Gemüse und Früchte.

Das hat auch Mcdonald’s erkannt, wenngleich dahinter wohl eher Marketingüberlegungen stecken als die Sorge darum, dass Kinder genügend Grünfutter zu sich nehmen. «Gemüse als feste Beilage soll die Kinder lehren, dass es zu jeder Mahlzeit dazugehört», sagt Nicole Schöwel, Communications Manager der Fast-Food-Kette.

Ungesundes essen erlaubt – im Mass

Gemüse in Ehren – doch wirklich scharf sind die meisten Kinder auf Süsses und Mahlzeiten Stil «Chicken Nuggets Pommes». «Es gibt keine schlechten Lebensmittel», entwarnt Marianne Botta Diener, «sie müssen nur im Mass gegessen werden.» Die Expertin für Kinderernährung ist keine graue Theoretikerin. Als Mutter von sieben Kindern betreibt sie sozusagen täglich empirische Forschung am Familientisch. Naschereien gehören ebenso auf den Menüplan. Kinder, die ab und zu sowohl Fast Food als auch Süssigkeiten oder anderes sogenannt Ungesundes bekommen, haben es nicht nötig, heimlich zu naschen. Weil Eltern ihnen solche Lebensmittel nicht ganz verbieten, üben sie keinen besonderen Reiz auf sie aus.

Auch Fast Food kann einen Platz in der gesunden Ernährung haben. Entscheidend ist das Mass.

«Meine Kinder trinken zu Hause Apfelsaft und Wasser, dürfen aber durchaus in einem Restaurant eine Cola trinken, damit sie es kennen», sagt Marianne Botta Diener. Eine falsche Ernährung entstehe nicht durch einzelne ungesunde Mahlzeiten, sondern durch zu viele Fehlgriffe in der Ernährung. Auch Rosmarie Eggimann, Geschäftsleiterin des Trägervereins der Kinderkrippe KinderHut, erlaubt den Kindern zwischendurch Glace, ab und zu Schokolade oder Geburtstagskuchen und –torten, «damit die Kinder solche Produkte kennen und nicht darauf verzichten müssen», wie sie sagt.

Kinder sollen Gemüse essen – einfacher gesagt, als den Kindern schmackhaft gemacht. Eine Binsenwahrheit, die praktisch alle Eltern unterschreiben könnten. «Mit Gemüse tut sich manches Kind schwer», sagt auch Caroline Bernet, dipl. Ernährungsberaterin HF. Jedes vierte bis fünfte Kind gibt in einer Untersuchung von etwa 550 St. Galler Schülerinnen und Schülern an, Gemüse nicht zu mögen. Zum einen ist der Geschmack vieler Gemüsearten sehr ausgeprägt. Kinder schmecken vielfältiger und reagieren deshalb - zum Beispiel auf Bitterstoffe. Zum anderen bringen Kinder aufgrund des genetischen Überlebensprogramms eher eine Neigung für energiereiche Lebensmittel mit. Die Vorliebe für Süsses ist dem Menschen angeboren, die für Gemüse muss erst erlernt werden.

Ernährungsspezialisten sehen die Abneigung unter entwicklungsgeschichtlichen Aspekten: Unsere Vorfahren mussten auf der Suche nach Essbarem bei Pflanzen und Früchten besonders achtsam und skeptisch sein, da einige davon giftig sind. Längst ist in unserem kulturellen Rahmen festgelegt, was essbar ist und was nicht. Doch die Gefühle sind noch immer dieselben. Eine Portion Neugier reibt uns, neue Lebensmittel zu probieren, eine gewisse Angst vor unangenehmen oder schädlichen Wirkungen lässt uns sie eher ablehnen. Bei Kindern ist das Misstrauen oft noch stärker ausgeprägt, Ablehnungen also eher «normal».

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Eltern können helfen die Sinne für das Neue zu schulen. Denn Geschmack wird erlernt und Vertrautes schmeckt besser. Hier liegt die Chance für Gemüse und Früchte. Wenn Kinder bei der Zubereitung der Mahlzeit mit helfen dürfen, entdecken sie Gemüse und Früchte über ganz verschiedene Sinneskanäle. Eine angenehme, vertraute Tisch-Atmosphäre, Eltern, die selbst gerne beim Gemüse zugreifen - das steckt an. Nötigung oder selbst Belohnungen in irgendeiner Form helfen auf dem Weg zum genussvollen Esser dagegen nicht weiter. Im Gegenteil, sie können sogar die Ablehnung verstärken.

Haben Sie schon eine Scheibe?

Die Ernährungsscheibe zeigt auf einen Blick, worauf es bei einer gesunden Ernährung von 5- bis 12-jährigen Kindern ankommt. Auf der Scheibe sind fünf Ernährungsbotschaften mit je zwei praktischen Tipps dargestellt.

Bezugsquelle: Schweizerische Gesellschaft für Ernährung

Wasser trinken

Von Wasser kann man nie genug kriegen: Wasser sollte zu jeder Mahlzeit und auch zwischendurch getrunken werden. Wasser trinken ist besser und erfrischender als gesüsste Getränke.

Früchte und Gemüse essen

Kinder haben die Wahl, die Vielfalt von Früchten und Gemüse zu entdecken. Früchte und Gemüse sind zu den Hauptmahlzeiten sowie als Snack zwischendurch zu empfehlen.

Regelmässig essen

Für Kinder nach dem ersten Lebensjahr bis zum Eintritt in die Pubertät wird, gleich wie für Erwachsene, eine abwechslungsreiche Mischkost empfohlen. Konkret bedeutet das: Häufig kleine Mahlzeiten. Kinder brauchen zwei ausgewogene Zwischenmahlzeiten.

Essen und Trinken schlau auswählen

Abwechslungsreich essen, um gut in Form zu bleiben, ist wichtig. Fett- und zuckerreiche Lebensmittel dürfen nur ab und zu und in kleinen Mengen genossen, jedoch nicht gänzlich verboten werden.

Beim Essen Bildschirm aus!

Das Essen sollte nicht vor dem Fernseher eingenommen werden. Bewegung ist wichtig: 4 bis 5 Stunden täglich. Spielen, basteln, dem Bildschirm öfters den Rücken kehren und etwas anderes unternehmen, das Spass macht.

Text: Manuela Mondelli

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