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Smartphones im Bett stören die Schlafqualität bei Jugendlichen

Whatsapp, Online-Games oder Serien: Für viele Jugendliche endet der Tag vor dem Bildschirm. Die aktuelle JAMES Studie zeigt, dass digitale Medien die Schlafqualität mindern können. Erfahren Sie hier, was die Gründe dafür sind und was Eltern tun können, um mit den Jugendlichen Medienkompetenz zu üben.  

Das Smartphone am Abend zu benützen mindert Schlafqualität
Das Handy gehört nicht ins Bett, denn es kann die Schlafqualität verschlechtern. (Bild: Milann/iStock, Thinkstock)

Schlaf ist wichtig, auch für Jugendliche. Doch jeder zweite Jugendliche fühlt sich unter der Woche zu wenig erholt, sagt die JAMES Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW und Swisscom. Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten befragten Jugendlichen zwischen acht und achteinhalb Stunden schlafen. Allerdings nimmt die Schlafdauer mit dem Alter ab. Während die 12- bis 13-jährigen noch über acht Stunden pro Nacht schlafen, sind es bei den 18- bis 19-jährigen nur noch etwas mehr als sieben Stunden. «Die Einschlafzeit der Jugendlichen verschiebt sich natürlicherweise mit zunehmendem Alter nach hinten, sie werden zu sogenannten ‹Eulen›», sagt ZHAW-Medienpsychologe Daniel Süss, der die JAMESfocus-Studie mit Gregor Waller und seinem Team durchgeführt hat.

Risikofaktoren für die Erholung

Forscher der ZHAW vermuten, dass die digitalen Medien hinter der schlechten Schlafqualität stecken. Bei der Studie untersuchten sie 1’000 Jugendliche. Jugendliche, die Videogames spielten, Fotos und Filme mit dem Handy versendeten oder das Handy als Wecker benutzten, fühlten sich am nächsten Tag unerhohlter, als die anderen. Es wäre daher sinnvoll, wenn man das Smartphone ganz aus dem Schlafzimmer verbannen würde. «Mobile Geräte lassen sich problemlos ins Zimmer oder sogar ins Bett mitnehmen. Eltern können den Medienkonsum ihrer Kinder dadurch weniger gut kontrollieren», sagt Daniel Süss. Daher empfehlen die Forscher: eine Stunde vor dem Einschlafen alle elektronischen Geräte ausschalten.

Schlafqualität und digitale Medien

Ist das Blaulicht der Bildschirme wirklich so böse, wie sein Ruf? «In den heutigen Bildschirmen gibt es mehr Blaulicht als in den alten Röhrenfernsehern. Bei zu viel Blaulicht wird die Melatonin-Ausschüttung verzögert. Dieses Hormon ist für den Schlaf-Wach-Rhythmus verantwortlich. Daher kann das Blaulicht der Bildschirme den Schlaf stören», sagt Isabel Willemse, Mitautorin der JAMES Studie. «Blaulicht filternde Brillen oder Bildschirmprogramme, die das Blaulicht gegen Abend rausfiltern, sind keine Lösung. Nicht nur das Licht, sondern auch die neuen Nutzgewohnheiten sind entscheidend.» Bei der Online-Kommunikation kann es zudem passieren, dass die Jugendlichen zwischen den Nachrichten einschlafen und durch die akustische Nachrichtenmeldung wieder geweckt werden. So zögert sich die Einschlafphase unnötig hinaus. Auch wer sein Handy nur als Wecker benutzt kann damit seinen Schlaf stören, denn er hat es immer griffbereit. Mitten in der Nacht kann noch eine Kurznachricht beantwortet oder eine Website besucht werden.  

Buch statt Handy

Die Studie hat auch untersucht, was die Schlafqualität positiv beeinflusst. Das gute alte Buch steht hier an oberster Stelle. Isabel Willemse sagt: «Buch lesen klingt natürlich verstaubt, aber viele Jugendliche lesen durchaus gerne. Es können auch Comics sein.» Genauso wie das Buch wirke sich ein Abend mit der Familie positiv auf den Schlaf aus. Eltern kennen ihre Jugendlichen aber am Besten und können mit ihnen interessante Alternativen finden, damit das Handy aus dem Bett verbannt wird. Isabel Willemse weiss aus ihrer Tätigkeit als Psychologin, dass Regeln, die von oben herab kommandiert werden, meist schlechter ankommen als «Herausforderungen». Dabei setzt sich am besten die ganze Familie ein Ziel: «Schaffen wir es eine Woche lang ab 21 Uhr keine Bildschirme mehr eingeschaltet zu haben?» oder «Immer Montags und Dienstags wollen wir am Abend unsere Geräte ausschalten und gemeinsam etwas unternehmen.» Mit solchen Abmachungen sitzt die ganze Familie in einem Boot und kann an ihrem Umgang mit Medien arbeiten.

Tipps für den Umgang mit Medien in der Familie

Isabel Willemse ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZHAW und arbeitet als Psychologin. Als Therapeutin hat sie sich auf Handysucht, Cybermobbing, Onlinesucht spezialisiert. Hier sind ihre Tipps für Mediennutzung.

  1. Medienerziehung beginnt schon bei den Kleinkindern. Regeln sind meist der einfachste Weg, um den Umgang mit Medien zu lernen. Dabei wissen beide Seiten was gilt. Wer bis ins Jugendalter die Medienerziehung versäumt hat, kann nicht vom Jugendlichen erwarten, dass er sein Verhalten sofort ändert. Die Veränderungen brauchen Zeit.
  1. Beobachten Sie Ihren eigenen Medienkonsum. Viele Eltern sitzen selbst täglich zwei Stunden vor dem Fernseher, bezeichnen ihre Jugendlichen aber als handysüchtig. Nur wer sein Verhalten überdenkt, kann glaubhafte Regeln mit den Jugendlichen finden.
  1. Eine Stunde vor dem Schlafengehen sollen die Bildschirme ausgeschaltet werden. Sprechen Sie mit den Jugendlichen und finden Sie alternative Aktivitäten für diese Stunde. Meist haben sie viele Ideen.
  1. Interessieren Sie sich für die Games Ihrer Jugendlichen. Versuchen Sie zu verstehen, wie das Game funktioniert und was daran interessant ist. Beispielsweise dauert bei vielen Online-Games eine Runde höchstens eine Stunde. Diese Information hilft geeignete Regeln zu finden.  
  1. Sorgen Sie für eine gute «Schlafhygiene». Das bedeutet alle elektronischen Geräte auszuschalten und einen Wecker zu benutzen. Auch kann es helfen rund um das Bett möglichst wenig Gegenstände zu platzieren.

Nicht nur digitale Medien rauben den Schlaf

Die Studie der ZHAW konnte zwar einen Zusammenhang zwischen digitalem Medienkonsum und Schlafqualität feststellen, doch es gibt sehr viele Faktoren, die den Schlaf beeinflussen. Andere Studien zeigen, dass Stress in der Schule oder Probleme in der Familie viel grössere Risikofaktoren für einen guten Schlaf sind. «Stress kann den Medienkonsum ankurbeln. Beispielsweise verarbeitet ein Mädchen den Streit mit der besten Freundin, indem es mit einer anderen Freundin schreibt», so Isabel Willemse. Oft stecken also hinter dem Medienkonsum auch Probleme, die nichts damit zu tun haben. Zudem ist es im Jugendalter ganz natürlich, dass sich die innere Uhr umstellt. Die Jugendlichen werden zu sogenannten «Nachteulen» und gehen später ins Bett. Dadurch schlafen sie durchschnittlich weniger und sind dementsprechend unerholter am nächsten Tag.

Fast alle Jugendlichen haben ein Handy

Die Schweizer Jugendlichen sind laut der JAMES Studie sehr gut ausgestattet: 98 Prozent besitzen ein eigenes Handy, 76 Prozent einen Computer oder Laptop und 29 Prozent ein Tablet. Faktoren wie hormonelle Veränderungen, sozialer Druck oder schulische Anforderungen konnten in dieser Studie nicht erfasst werden, aus anderen Studien ist jedoch bekannt, dass diese ebenfalls eine wichtige Rolle für die Schlafqualität spielen. Die gesamte JAMES Studie mit den verschiedenen Publikationen, die jeweils ein Thema beleuchten, finden Sie hier.

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