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Roots of Empathy: Die kleinsten Lehrer der Schweiz feiern Geburtstag!

Babys kriechen auf einer grossen grünen Krabbeldecke herum, Mamis plaudern angeregt und ein Buffet lädt zum Verweilen ein. Simpel und einfach wurde im Kulturhaus Helferei in Zürich der zweite Geburtstag vom Schulprogramm «Roots of Empathy» in der Schweiz gefeiert.

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Das Schulprogramm «Roots of Empathy» feiert Geburtstag in der Schweiz

Seit der Einführung von «Roots of Empathy» in der Schweiz haben über 20 kleine Lehrpersonen Primarschulklassen im ganzen Kanton Zürich besucht. Juliette gehört ebenfalls dazu und hat sich an der Geburtstagsparty sichtlich wohl gefühlt.

Fotos (4): Roots of Empathy

 

Anwesend an der Geburtstagsparty waren die kleinsten Lehrpersonen der Schweiz, ihre Mamis, Lehrer/innen, Schulleiter/innen, Sponsoren und Mary Gordon, die Gründerin und Präsidentin von «Roots of Empathy». Das Programm, das in Kanada bereits seit 1996 läuft, wurde in der Schweiz im Rahmen einer Pilotphase erstmals im Schuljahr 2014/2015 durchgeführt. Dabei sollen Babys den Schülern der Primarschule helfen, ihre eigenen Gefühle und die Gefühle anderer zu erkennen und diese zu reflektieren. Kurzfristig werden auf diese Weise Empathie gestärkt, soziale Beziehungen respektvoller gemacht und Mobbing wie auch Aggressivität verhindert. Längerfristig zielt das Programm darauf ab, angehende Erwachsene zu verantwortungsvolleren Bürgern und emotional mitfühlsameren Eltern auszubilden. Seit der Einführung haben über 20 kleine Lehrpersonen Primarschulklassen im ganzen Kanton Zürich besucht.

Mit Babys im Klassenzimmer gegen Mobbing

Die Schulsozialarbeiterin Bettina Gamma aus Thalwil hat im letzten Schuljahr beim Programm von «Roots of Empathy» mitgemacht. Auf der stetigen Suche nach neuen Methoden und Projekten für Klassengruppenberatungen wurde sie durch einen Bericht im Elternmagazin darauf aufmerksam. Zu Beginn ist sie eher skeptisch gewesen: «Dann habe ich aber gesehen, dass die PH Zürich das Projekt unterstützt und das ganze fundiert und wissenschaftlich abgesichert ist. » Die Sympathie sei sofort dagewesen und es sei auch gleich eine passende Schule für sie und ihre Tochter gefunden worden.

Baby Juliette lockt Schüler aus der Reserve

An den 1. Schulbesuch mit Baby Juliette kann sich Bettina Gamma noch gut erinnern, plötzlich waren die Bedenken wieder gross: « Meine grösste Angst war, dass Juliette viel weint. Sie hat allerdings bei allen Klassen-Interventionen wunderbar mitgemacht und Gesichter beobachtet. Es gab während der Schulstunde auch viele Rituale, das gab Sicherheit und Juliette hat sich wohl gefühlt» so Bettina Gamma. Insgesamt haben die beiden im letzten Schuljahr neun 40-minütige Lektionen besucht. Für Bettina Gamma ist es eine unglaubliche Erfahrung gewesen und sie kann das Schulprogramm von «Roots of Empathy» nur weiterempfehlen: «Man setzt sich bewusst mit den kleinen Entwicklungsschritten auseinander und lernt auch viel von den Kindern, weil diese ganz andere Sachen beobachten als Erwachsene. Unsere Tochter hat einen doppelten Daumen, was nichts Schlimmes ist. In der Klasse haben wir es nicht thematisiert, wir wollten schauen, was passiert.» Ein Junge habe den sechsten Finger plötzlich entdeckt, sodass es Thema in der Klasse wurde. «Viele Kinder sagten, man dürfe sie deswegen nicht ärgern, ein anderes Kind sagte, dass es wegen seiner Eselohren gemobbt wurde. So konnten wir diese  Tabu-Themen gleich zur Diskussion machen, was eine super Sache ist.» Ein weiteres Highlight sei ein Mädchen gewesen, welches sich verweigert hatte. «Wir waren in einer sogenannten schwierigen Klasse im Einsatz mit 26 Kindern. Wir konnten das Mädchen fast nicht zum Mitmachen aktivieren, doch ein Lächeln von Juliette hat genützt und sie hat teilgenommen. Am Ende des Programms hat sie Juliette Zauberkräfte gewünscht.»

Mary Gordon freut sich über den Erfolg von Roots of Empathy in der Schweiz

Mary Gordon ist die Gründerin und Präsidentin von «Roots of Empathy». 1996 hat sie das  Schulprogramm in Kanada ins Leben gerufen und kann auf langjährige Forschungsergebnisse zurückgreifen. Diese belegen, dass Schüler/innen, die an «Roots of Empathy» teilgenommen haben, das Umfeld in der Klasse am Ende des Programmes als fürsorglicher empfinden. «Empathiefähigkeit ist uns angeboren. Die Fähigkeit, Gefühle anderer zu erkennen überschreitet die Grenzen zwischen Rassen, Kulturen, Nationalitäten, Klassen, Geschlechtern und Altersgruppen», sagt Mary Gordon. Sie freut sich, dass auch Schweizer Schulen ihr Programm in den Unterrichtsplan aufgenommen haben.

Bis heute haben die kleinen Lehrpersonen bereits über 350 Schulkinder in der Schweiz und 800'000 weltweit erreicht. In der Schweiz vermisst Mary Gordon noch Daddys, die am Projekt mitmachen. An vereinzelten Tagen haben Papis und Grossmamis den Unterricht besucht, man würde sich aber über regelmässige Besuche der Papis im Klassenzimmer freuen.

Das Schulprogramm Roots of Empathy

Im Mittelpunkt des Programms stehen ein Baby und seine Eltern, die neun Mal im Lauf eines Schuljahrs in eine Klasse kommen. Ausgebildete Trainer/innen leiten die Schülerinnen und Schüler an, die Entwicklung des Babys zu beobachten und seine Gefühle zu benennen.

Weitere Informationen über «Roots of Empathy» in der Schweiz erhalten Sie hier.

Autor: Evelyn Leemann im Juli 2016