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Sind Sie bereit für ein Kind? Tipps und Ratschläge von Eltern

Sie spielen mit dem Gedanken ein Baby zu bekommen und wollen wissen, ob Sie bereit für ein Kind sind? Hier erfahren Sie von echten Experten, nämlich normalen Eltern, wann der richtige Zeitpunkt für ein Kind ist und warum der Menschenverstand ein besserer Erziehungshelfer ist als ein Ratgeber.

Paare sind bereit für ein Kind, wenn beide sich das Baby wünschen.
Ein Kind verändert vieles, doch Paare müssen ihr Leben nicht völlig umkrempeln. Foto: iStock, Thinkstock

Sabine, 28 Jahre, fünfjährige Tochter

«Ich halte es für sehr schwierig Gründe aufzuzählen, die angeblich jungen Paaren suggerieren, wenn ich dieses und jenes erfüllt habe, sind wir bereit für ein Kind. Als ich mit 22 Jahren schwanger wurde, war ich alles andere als bereit für ein Kind.

Ich hatte gerade meine Ausbildung abgeschlossen und habe meinen Traumjob als Betreuerin in einem Jugendtreff bekommen. Mit meinem Freund war ich seit drei Jahren zusammen, er absolvierte gerade eine zweijährige Weiterbildung. Wir haben nur von meinem Gehalt gelebt. Ausserdem wollte ich nie ein Kind haben –- dann kam der positive Schwangerschaftstest.

Wir haben beschlossen das Kind trotz der Widrigkeiten zu bekommen, aber unser noch sehr jugendliches ungezwungenes Leben nicht sehr zu verändern. Alles in allem war ich eine sehr coole Mutter. Ich habe nach ein paar Monaten wieder gearbeitet, meine Tochter war dann entweder bei meinem Freund oder meinen Eltern.

Ich habe die Kleine beruflich und privat in mein Leben integriert. Wenn wir mit den Jugendlichen einen Ausflug oder ein Zeltwochenende veranstaltet haben, war sie dabei. Habe ich meine Freundin über das Wochenende besucht, war sie dabei. Wollten mein Freund und ich kurzfristig einen Städtetrip machen, war sie dabei. Meine Erfahrung sagt: Alles ist möglich – auch mit Kind. Eltern sollten keine Hemmungen haben ihre Kinder unkonventioneller zu erziehen als vielleicht die Anderen im Freundeskreis. Meine Tochter hat durch diese vielen Erlebnisse und Begegnungen sehr profitiert. Sie ist offen und kontaktfreudig und eine der umgänglichsten Kinder im Kindergarten. Oft höre ich von anderen Eltern wie schwierig sie ihre Kinder finden. Diese würden so schlecht essen, weil ihnen nichts schmeckt, würden nur rosa Kleidung tragen und alle anderen Farben mit Geschrei ablehnen. Bei uns gibt es das nicht. Ich habe nie grosse Geschichten um mein Kind gemacht. Es gab ein Gericht zum Mittagessen, hat sie dieses nicht gegessen. Pech. Dann hatte sie bis zur nächsten Mahlzeit eben Hunger. Sie ist Oliven auf der Pizza, Spaghetti ai Frutti di Mare und Spinat.

Deshalb rate ich Eltern keinen Tam Tam um ihre Kinder zu machen. Lebt so, wie ihr bisher gelebt habt, nur eben mit Kind. Wenn ihr jedes Wochenende wandern geht, setzt das Kind in eine Kindertrage. Wenn ihr jedes Wochenende ins Stadion geht, nehmt das Kind mit. Eines werdet ihr dann garantiert nicht haben – einen verzogenen, egoistischen, unsozialen Fratz.»

Die Erwartungen an ein Kind sollte nicht zu hoch sein.

Mit einem Kind sind manche Dinge nicht mehr planbar.

Karin, 32 Jahre, sechsjähriger Sohn

«Ich habe eine chronische Krankheit, so sollte und konnte ich eigentlich keine Kinder bekommen. Eigentlich! Ich wurde trotzdem schwanger. Zuerst sollte ich das Kind wegen meiner eigenen Gesundheitsgefährdung nicht austragen, doch die spezialisierten Ärzte gaben grünes Licht. Dieses Kind war für mich und meinen Mann ein kleines überraschendes Wunder. Deshalb wollten wir alles richtig machen, haben im Vorfeld beschlossen, wie unser Sohn erzogen wird und was uns bei seiner Entwicklung besonders wichtig ist. Ausserdem habe ich während der Schwangerschaft beschlossen, nach acht Wochen wieder arbeiten zu gehen.

Dies ist mein erster Tipp für junge Paare mit Kinderwunsch. Beschliesst nichts, lasst alles auf euch zukommen, denn zu 70 Prozent kommt es im Leben mit Kindern immer anders, als man denkt. Diesen Entschluss konnte ich ja während der Schwangerschaft leichtfertig treffen, denn zu diesem Zeitpunkt war mein Kind auch noch nicht da. Als mein Baby dann zwei Monate alt war, war ich meilenweit davon entfernt es in fremde Hände abzugeben. So war meine erste Erziehungsthese schon durchkreuzt.

Überall wird Eltern weisgemacht, wie wichtig es ist ihr Kind zu fördern, anzutreiben und zu puschen. Schliesslich soll aus den Kindern ja was werden. Sie sollen erfolgreich sein und mit den Kindergartenfreunden oder Mitschülern mithalten können. Am besten, es ist der oder die Beste.

Unser Sohn kann nicht malen. Um ehrlich zu sein, er malt grottenschlecht. Ich habe ihm bei jedem Bild, das er vom Kindergarten heimbrachte, Tipps gegeben, wie er besser oder schöner malt. Wir haben auch Malen geübt. Dann ist er eines Tages mit einem wunderschönen Bild heimgekommen. Ich habe tausendmal nachgefragt: Hast du das gemalt? Hast wirklich du das gemalt? Er hat steif und fest behauptet, dass es von ihm ist. Abends im Bett hat er schliesslich gestanden: Mama, ich habe gelogen, das Bild ist von Markus. Ich habe es nur gesagt, dass ich auch mal stolz auf meine Bilder sein kann. Diese Aussage hat mich sehr erschrocken. Was muss bloss in diesem fünfjährigen Kopf vorgehen? Welche Selbstvorwürfe macht sich mein Sohn wegen ein paar blöder Bilder.

Mein Mann und ich haben uns daraufhin lange unterhalten. Und haben versucht unsere Erwartungshaltung zu ändern. Wir schieben ihn in keine Richtung mehr, drängen nicht mehr. Er kann nicht malen. Ist das schlimm? Heute sage ich Nein. Vor ein paar Monaten war es noch ein Problem für mich. Seit diesem Erlebnis habe ich keine Zeichnung mehr kommentiert, er soll malen, weil es ihm Spass macht, nicht um ein tolles Ergebnis zu haben. Vielleicht wird er durch unsere veränderte Einstellung nicht der Beste werden, aber vielleicht einfach glücklich.»

Bernd, 32, fünfjährige Tochter

«Ich denke, Eltern sollten beim Gedanken an Kinderplanung nicht nur an die anstehenden Pflichten denken, sondern an die Bereicherung, die sie durch einen Sohn oder eine Tochter erfahren. Man entdeckt durch eigene Kinder Seiten an sich, die man gar nicht an sich vermutet hätte. Mein Kind ist für mich wie ein Rückzugsort. Wenn ich mit ihr spiele, scheinen alle Probleme so banal. Was interessiert mich in diesem Moment der Streit mit meinem Kollegen oder ob es finanziell drin ist ein Haus zu kaufen?

Über die richtige Erziehung sollten sich werdende Eltern nicht so viele Gedanken machen. Was ist schon richtig und was falsch? Der Experte rät in seinem Ratgeber dies, der andere das. Warum sollten andere Menschen wissen, wie ich mein Kind erziehen soll? Ich bin doch der Vater! Ich mache mir keine grossen Gedanken, ich vertraue auf meinen Instinkt und gesunden Menschenverstand.»

Elke, 45 drei Kinder im Teenageralter und eine sechsjährige Tochter

«Ich bemerke oft in meinem Bekanntenkreis oder auch im Kindergarten meiner Tochter, wie sich gerade junge Mütter unter 30 leicht verunsichern lassen. Verhält sich ihr Kind einmal aussergewöhnlich, lässt sich beispielsweise die Jacke nicht anziehen oder kommt nicht auf den Zuruf der Mutter, werden die Mamas gleich irritiert oder hysterisch. Drohen dem Kind irgendwelche Strafen an oder quasseln endlos auf es ein.

Viele von ihnen schweben im Erziehungskosmos hin und her, ohne eine einheitliche Linie zu fahren. Lesen sie gerade den Disziplinerziehungsratgeber, ist Strenge angesagt, wenn in einer Elternzeitschrift ein Artikel über den freien Erziehungsstil angepriesen wird, probieren sie diese Methode aus. Jede Mutter hat doch einen Instinkt, der ihr sagt, was richtig ist. Ob in dem Moment Strenge und Konsequenz angesagt sind oder einfach ein befreites Lachen, weil sich das Kind glücklich im Schlamm wälzt. Kinder werden unruhig und versuchen mit ihren Eltern Spielchen zu spielen, wenn diese immer unterschiedlich reagieren und sich von aussen Verhaltensweisen diktieren lassen. Dabei ist es einfach so leicht – authentisch sein.

Ich habe für meine Kinder beruflich zurückgesteckt und habe es jetzt sehr schwer beruflich Fuss zu fassen. Dennoch halte ich es für falsch aus Angst karrieretechnisch ins Abseits zu geraten, gleich nach der Geburt wieder Vollzeit zu arbeiten. Der Arbeitstag endet meist um 16.30 Uhr. Bis die Kinder ins Bett gehen, bleiben noch drei Stunden. In diesen drei Stunden muss das Abendessen gemacht werden, einige Handgriffe im Haushalt, anfallende Telefonate, eigene Regeneration, Austausch mit dem Partner. Wo bleiben da die Kinder? Sie möchten mit der Mutter spielen, ihr Erlebnisse erzählen und Probleme mitteilen. Aus meiner Sicht kann dies unmöglich in dieser Zeit passieren. Deshalb finde ich, ist die beste Lösung eine Halbtagsstelle oder maximal 75 Prozent zu arbeiten. So kann man die Balance zwischen Beruf, Kindern und Partnerschaft halten. Wo bleibt den bitte die Lebensqualität bei einem Vollzeitjob? Die Kinder brauchen uns nur einige Jahre unseres Lebens, und in dieser Zeit sollten sie ein Anrecht auf Mama und Papa haben.»

Die Tipps der Eltern auf einen Blick

  • Ein Kind ist kein Grund das komplette Leben umkrempeln zu müssen. Eine Portion Mut und Lockerheit sollten sich werdende Eltern bewahren.
  • Je mehr Aufhebendes Eltern um ihr Kind machen, desto grösser werden die Ansprüche und Forderungen seinerseits.
  • Nicht Planen. Bei einem Kind kommt es meistens immer anders als Eltern wollen und vorsehen.
  • Die Erwartungshaltung niedrig halten. Ein Kind sollte nicht schon in seinen ersten und schönsten Lebensjahren mit Druck und zu grossen Anforderungen konfrontiert werden. Ein Kind soll um seiner selbst willen geliebt werden, nicht wegen seiner Leistung.
  • Eltern sollten auf sich selbst hören, auf ihren Instinkt und ihre Menschenkenntnis. Und sich nicht von unterschiedlichen Expertenratgebern verunsichern lassen.
  • Seinen Kindern gerecht werden, sich nicht von den Karriereansprüchen zermahlen lassen und dabei das Wichtigste, das Auswachsen der eigenen Kinder, nicht verpassen.

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