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Vater mit Behinderung

Die Schweizer Männerbewegung fordert eine stärkere Verankerung des Vätertages in der Schweiz. Doch wie steht es um Väter, die mit einer Behinderung leben?

Väter mit Behinderung begehen den Vatertag auf ganz unterschiedliche Weise.
Der Vatertag hat für jeden Vater eine andere Bedeutung. Foto: iStock, Thinkstock

Ein traditionell deutscher Feiertag. Ein paar Wochen nach dem Muttertag, immer an Auffahrt ist das männliche Pendant zu diesem Termin angesagt: Der Vatertag.

In der Schweiz versucht die Männerbewegung seit 2007, den Vätertag einzuführen und zwar im Juni – anders als wie er bisher von Migrantenfamilien und in Grenzregionen am dritten Junisonntag gefeiert wurde. Doch der deutsche Vatertag und Schweizer Vätertag werden teilweise unterschiedlich aufgefasst und erlebt.

Eine berlinerische Tradition: Männertage

Während der Schweizer Vätertag primär als Väter-Kinder-Aktionstag aufgefasst wird, wurden damals an so genannten Herrentagen junge Burschen in „männliche“ Sitten eingeführt. Dieser ostdeutsche Brauch hat sich teilweise bis heute erhalten. Aber auch im Westen Deutschlands werden immer noch typischerweise Ausflüge gemacht. Männerrunden hoppen von einem Gasthaus zum nächsten oder grillen an einem See. Dabei wird meistens viel Alkohol konsumiert. Das bestätigt das deutsche Statistische Bundesamt mit einer traurigen Bilanz: Am Vatertag geschehen dreimal so viele alkoholbedingte Verkehrsunfälle wie im Jahresdurchschnitt - und macht leider auch aus nichtbehinderten Vätern behinderte.

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Man(n) kann auch anders

Doch es gibt auch deutsche Männer, die den Vatertag anders verbringen. Nämlich mit der Familie – ob als Vater oder als gross gewordener Sohn mit dem eigenen Papa. Klaus, Rollstuhlfahrer und Vater einer achtjährigen Tochter zum Beispiel. Er fährt mit seinen Eltern in den Urlaub. Auch Edmund, gehörlos, wird den Vatertag ohne seine hörenden Kinder im Teenageralter verbringen und wahrscheinlich eine Radtour oder eine Wanderung machen.

Unterschiedliche Ansichten

Was der Vatertag für die Männer bedeutet, darin scheiden sich die Geister allerdings. Edmund zollt diesem Termin eine hohe Bedeutung zu, auch wenn er darin einen gewissen kommerziellen Aspekt sieht, vor allem beim Muttertag. Er fühle sich jedenfalls dadurch als Vater anerkannt, da auch er sich um die Kinder kümmere. Klaus dagegen hält den Vatertag für «vollen Schmarrn». Für ihn sei sowieso jeder Tag ein Vatertag. Kritischer äussert sich Gunther*, der mit einer Amputation lebt und Vater eines neunjährigen Jungen ist. Er könne den Vatertag im Gegensatz zum Muttertag nicht nachvollziehen, «das endet ja nur in einem Besäufnis».

Eine Behinderung muss kein Hinderniss für eine Vaterschaft sein.
Eine Behinderung muss kein Hindernis für eine Vaterschaft sein.

Jedoch eint fast alle diese Väter, dass sie irgendwann einen Kinderwunsch verspürten und ihn verwirklichten – trotz Behinderung. Edmund empfand seine Hörbehinderung nicht als Hindernis, um Vater zu werden. Ihm und seiner ebenfalls gehörlosen Frau war es egal, ob sie gehörlose oder hörende Kinder bekommen. «Ein Handicap ist nur eine Frage, wie man das alles managt», bestätigt Gunther. Lediglich Klaus war skeptisch – er «dachte zuerst, das geht nicht». Seine Frau half ihm dann, die Bedenken zu überwinden.

Ist das Schönrednerei? Nein

Gerade bei Menschen, die sich neben ihrer Behinderung auch noch mit ihrem Nachwuchs «herumschlagen», zeichnet sich oft eine gewisse Lebensfreude, ein gesunder Mass an Optimismus aus. Nicht selten werden aus Kindern behinderter Eltern(teile) offene, selbstbewusste Menschen. Auch wenn sich das gesellschaftliche Bewusstsein allmählich auf Menschen mit Behinderung zu bewegt, stossen diese immer noch an Barrieren. Doch mancher Vater weiss: Es lohnt sich, dagegen zu kämpfen. Insbesondere, wenn man behinderten Nachwuchs hat.

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Nie «um Unterstützung angesucht»

Meint Gunther. Allerdings können nicht alle behinderten Väter auf externe Unterstützung verzichten wie er. Manchmal sind es einfach die körperlichen Einschränkungen, die einen «normalen» Alltag – wie zum Beispiel beim Windelwechseln oder beim Gang zum Kinderarzt – erschweren. Hierfür käme tatkräftige Unterstützung in Form einer Erziehungsassistenz in Frage. Nicht selten kommen konkrete Erziehungsfragen oder auch die eigene psychische Bewältigung hinzu, weswegen Verbände und Servicestellen Beratung anbieten. Weiterführendes zum Thema Erziehungshilfe finden Sie auf den Links unten.

Ein verdienter Tag für Papas

Ob Sie den Vätertag feiern werden oder nicht, auf jeden Fall wünschen wir Ihnen und allen anderen Vätern – besonders mit Behinderung – einen schönen Tag!

* Name von der Redaktion geändert

Text: Thomas Mitterhuber
Quelle: Stiftung MyHandicap www.myhandicap.ch

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