Leben > Finanzen«Kindesvermögen gehört dem Kind»Wem gehört das Kindesvermögen? Wann dürfen Eltern darauf zugreifen? Im Interview erläutert Jil Zaugg, Rechtsanwältin bei der St. Galler Kantonalbank, wichtige Fragen zum Kindesvermögen. jugendbudget.ch Das Kindesvermögen ist gesetzlich geschützt und gehört dem Kind, hält Rechtsanwältin Jil Zaugg im Gespräch fest. © evgenyatamanenko / Getty Images Jil Zaugg, in der Schweiz ist der Umgang mit dem Vermögen des Kindes im Zivilgesetzbuch geregelt. Was sind die wichtigsten Elemente, über die Eltern Bescheid wissen sollten? Grundsätzlich ist Kindesvermögen gesetzlich speziell geschützt und es gehört dem Kind. Man unterscheidet dabei zwischen freiem und gebundenem Kindesvermögen. Diese Unterscheidung ist wichtig für die Verwendung und im Hinblick auf die Verwaltung des Kindesvermögens. Die Bestimmungen dazu sind im Zivilgesetzbuch (ZGB) in den Artikeln 318 ff. ZGB geregelt. Welche Rechte und Pflichten haben die Eltern bei der Verwaltung des Kindesvermögens? Die Eltern haben als Sorgerechtsinhaber das Recht und die Pflicht, das Kindesvermögen bis zur Volljährigkeit des Kindes zu verwalten und in der Substanz zu schützen. Was bedeutet das in der Praxis? Beim sogenannten gebundenen Kindesvermögen können nur die Erträge – beispielsweise Zinsen – für den Unterhalt, die Erziehung und Ausbildung des Kindes verwendet werden (Art. 319 ZGB), während in die Substanz – das Vermögen – nur sehr eingeschränkt eingegriffen werden darf (Art. 320 ZGB). Beim freien Kindesvermögen dürfen hingegen weder die Erträge noch die Substanz verwendet werden (Art. 321 ZGB). Zum Beispiel den Lehrlingslohn, der zum freien Kindesvermögen gehört, dürfen Jugendliche bereits selbst verwalten. Den Lehrlingslohn, der zum freien Kindesvermögen gehört, dürfen Jugendliche bereits selbst verwalten. Beim gebundenen Kindesvermögen darf also nur sehr eingeschränkt in die Substanz eingegriffen werden. Wer bestimmt in der Praxis darüber? Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, kurz KESB, kann eine solche Anzehrung bewilligen. Soweit es sich als notwendig erweist, kann die KESB gestatten, das gebundene Kindesvermögen selektiv – sprich: im Einzelfall – in seiner Substanz zu verwenden. Die Eltern müssten in diesem Fall konkret auf die KESB zugehen und dies bewilligen lassen. Dann würde die Bank das Geld gestützt auf die Verfügung der KESB auszahlen. Könnten Sie ein Beispiel geben, in welchen Fällen die KESB eine Genehmigung erteilen würde, um gebundenes Kindesvermögen anzutasten? Bei knappen finanziellen Verhältnissen der Eltern und wenn gleichzeitig viel Geld auf dem Jugendsparkonto vorhanden ist, kann die KESB es eventuell als sinnvoll erachten, dem Kind beispielsweise ein teures Hobby mit dem Geld zu ermöglichen, das ohne den Bezug nicht möglich wäre, aber der guten Entwicklung des Kindes dient. Ein Beispiel hierfür könnte das Erlernen oder die Anschaffung eines Musikinstruments sein. Angenommen, mein 5-jähriges Kind erbt von den Grosseltern einen grösseren Betrag. Was passiert mit dem Betrag? Das geerbte Vermögen muss von den Eltern bis zur Volljährigkeit des Kindes sorgfältig verwaltet werden. Dieses Geld gehört auf ein Jugendsparkonto. Es ist Geld, was der Jugendliche dann bei Volljährigkeit verbrauchen kann. Den Lehrlingslohn hingegen kann der Jugendliche bereits vor Volljährigkeit selbst verwalten und verbrauchen. Beim Kindesvermögen spielt es somit eine Rolle, wer das Geld erwirtschaftet hat und zu welchem Zweck es den Jugendlichen überlassen wurde. Worauf müssen Eltern bei der Kontoeröffnung achten? Das Produkt kann je nach Bank verschiedene Namen haben. Wichtig ist jedoch, dass das Konto auf den Namen des Kindes lautet. Warum ist das wichtig? Da es eben nur dann als Kindesvermögen erkennbar ist, wenn es auf den Namen des Kindes lautet. Und dann gilt das entsprechende gesetzliche Regime, dass Bezüge nicht beziehungsweise nur eingeschränkt möglich sind. Meistens haben die Banken hierfür verschiedene Produkte: eine Art Jugendsparkonto für Geld, das der Jugendliche eben zu Sparzwecken erhalten hat und er erst mit Volljährigkeit verbrauchen kann und eine andere Kontoart für Lehrlingslohn. Dieses Geld steht unter der Verwaltung der oder des Jugendlichen und er kann es bereits vor Volljährigkeit brauchen. Jedes Jahr steht das Ausfüllen der Steuererklärung an – wie wird Kindesvermögen versteuert? Wenn es Kindesvermögen ist, ist es im Eigentum des Kindes. Dieses wird erst mit Volljährigkeit steuerpflichtig. Apropos: Was passiert beim Erreichen der Volljährigkeit mit dem Kindesvermögen? Die Verwaltung des Geldes geht mit der Volljährigkeit auf die nun erwachsene Person über. Sie entscheidet nun selbständig über die Verwendung der Vermögenswerte, soweit dies bisher nicht bereits möglich war. Über den Lehrlingslohn konnte die oder der Jugendliche wie schon erwähnt bereits vor der Volljährigkeit verfügen. Zur Person Jil Zaugg ist Rechtsanwältin bei der St. Galler Kantonalbank. Finanzen verstehen – Finanzen erklären Die Rubrik «Finanzen» wird präsentiert von jugendbudget.ch. Der Elternratgeber bietet hilfreiche Tipps rund ums Thema Kinder und Geld.