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Die Pille: trotz Risiken und Nebenwirkungen?

Die Anti-Baby-Pille zählt zu den beliebtesten und zuverlässigsten Verhütungsmitteln in der Schweiz. Doch in jüngster Zeit steht das Medikament nicht nur in einem positiven Licht. Damit Sie wissen, womit Sie es bei dieser hormonellen Verhütungsmethode zu tun haben, verschaffen wir Ihnen einen informativen Überblick.

Die Pille ist ein sicheres Verhütungsmittel mit möglichen Nebenwirkungen.
Die Pille garantiert einen hohen Verhütungsschutz, kann aber auch folgenschwere Nebenwirkungen mit sich bringen. Bild: Rattankun Thongbun, Getty Images

Unter den hormonellen Verhütungsmitteln wird die Antibabypille in der Schweiz am häufigsten verwendet. Neben der Schwangerschaftsverhütung sind es derzeit aber vor allem die möglichen Nebenwirkungen, die für regen Diskussionsstoff sorgen. Besonders seitdem die Pillen Yasmin und Diane 35 – beide vom Hersteller Bayer – im Verdacht stehen, für den Tod mehrerer Frauen verantwortlich zu sein.

Gemäss nzz.ch sind in Frankreich mindestens vier Frauen an Thrombosen gestorben, was dazu führte, dass die Diane 35 dort mittlerweile verboten wurde. Das Präparat verursacht auch in der Schweiz viele Todesfälle. «Es gibt seit einigen Jahren einen spürbar steigenden Trend bei jungen Frauen ab ungefähr 17 Jahren: den Wunsch nach einer nicht hormonellen Verhütungsmethode», erklärt Lucia Wehrle, Oberärztin am Universitätsspital Zürich gegenüber nzz.ch. Was es mit der Pille und ihrer Wirkung auf sich hat und welche Alternativen es gibt, erfahren Sie bei uns.

Wie wirkt die Pille?

Der weibliche Zyklus läuft ohne den Einfluss von hormonellen Verhütungsmittel etwa so ab: Jeden Monat produziert der weibliche Körper die beiden Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron. In geringen Mengen sorgt das Östrogen dafür, dass es zur Eireifung und zum Eisprung kommt. Kommt es darauf zu einer Befruchtung, stellt der Körper grosse Mengen des Hormons her, um eine weitere Eireifung zu verhindern. Progesteron führt zu einer Verdickung der Muttermundschleimhaut, so dass die Gebärmutter für Spermien unpassierbar wird.

Die Pille arbeitet ebenso mit Östrogenen und Gestagen, dem synthetisch hergestellten Progesteron. Mithilfe dieser Hormone ahmt die Pille die Wirkung der natürlichen Hormone ab der zweiten Zyklushälfte nach.

Durch die regelmässige Einnahme, die meist 21 Tage dauert, wird der weibliche Körper mit Östrogen und Gestagen überversorgt. Der Körper wird auf künstliche Weise in eine Lutealphase versetzt, die dann die ganze Einnahme des Medikaments anhält. So bleibt ein weiterer Eisprung aus und die verdickte Schleimhaut wehrt Spermien ab.

Die Antibabypille wurde in den 1960er Jahre erfunden und beinhaltete zur Schwangerschaftsverhütung ursprünglich einen künstlichen Östrogen-Gehalt (Ethinylestradiol) von über 50 Mikrogramm. Inzwischen gibt es 40 unterschiedliche Antibabypillen. Bei den heutigen so genannten Mikropillen sind nur noch zwischen 15 und 30 Mikrogramm des künstlichen Östrogens enthalten.

Die Pille in der Schweiz: Welche Sorten gibt es?

Die Pille in der Schweiz ist in unterschiedlichen Zusammensetzungen erhältlich. Diese enthalten ein künstliches Östrogen und Gestagen (Gelbkörperhormon). Die Mikropillen unterscheidet man wie folgt:

Einphasenpräparate

Antibabypillen nach dem Einphasenmodell sind am häufigsten vertreten. Sie enthalten durchgängig zu gleichen Anteilen die beiden Hormone Östrogen und Gestagen.

Zweiphasenpräparate

Diese Pille wird heute kaum noch verwendet. Bei diesen Präparaten enthalten die Pillen für die erste Woche nur das Hormon Östrogen. Die restlichen Pillen verfügen über  Östrogen und Gestagen.

Dreiphasenpräparate

Bei dieser nicht so häufig verwendeten Pillen-Variante enthalten die ersten sechs Pillen nur geringe Mengen an Östrogen und Gestagen. Eine gesteigerte Dosis erfolgt in den nachfolgenden fünf Tagen. In den letzten zehn Tagen des Zyklus steigt die Gestagendosis, während das Östrogen wieder verringert wird.

Die Minipille/Gestagenpille

Die Minipille kommt dabei ganz ohne Östrogene aus. Die früheren Präoarate enthielten noch das Gestagen Levonorgestrel. Im Gegensatz zur Mikropille musste bei der Minipille die Einnahmezeit ganz genau genommen werden. Bei den heutigen Präparaten wird ein anderes Gestagen verwendet, sodass die Einnahmezeit ebenso wie die bei der Mikropille beträgt. Die Minipille wird ohne Pause alle 28 Tage eingenommen und soll mögliche Nebenwirkungen der Mikropille minimieren, weil auf Östrogen komplett verzichtet wird.
Neben diesen Pillensorten gibt es in der Schweiz noch Antibabypillen, die nur ein synthetisches Gestagen (zum Beispiel Cerazette) enthalten und daher auch Mini-Pille genannt werden. Das Gelbkörperhormon sorgt für eine verdickte Gebärmutterschleimhaut, die es Spermien erschwert einzudringen, Bei dieser Pille kommt es häufiger zu Schmierblutungen. Für Jugendliche ist diese Pille nicht gut geeignet, da sie kein Östrogen enthält, welches den Eisprung  verhindert und sie zu festen Zeiten eingenommen werden muss.

Pille mit natürlichem Östrogen

Seit dem Jahr 2009 gibt es die Pille in der Schweiz auch mit einem natürlichen Östrogen (Qlaira®). Im Gegensatz zum künstlichen Östrogen Ethinylestradiol begünstigt das natürliche die Blutgerinnung weniger, so dass nun laut villarsgyn.ch getestet wird, ob es dadurch zu weniger Thrombosen kommt. Weitere Infos zur Qlaira-Pille in der Schweiz finden Sie hier.

Welche Nebenwirkungen können auftreten?

Zu den harmloseren Nebenwirkungen der Pille gehören neben Kopfschmerzen, schweren Beinen und leichtem Brustspannen eine Gewichtsabnahme oder -zunahme, vermehrter Ausfluss oder Schmierblutungen beziehungsweise Zwischenblutungen. Darüber hinaus können auch psychische Nebenwirkungen wie Depressionen oder generell depressive Verstimmungen auftreten.

Gefährlicher wird es, wenn es aufgrund der Antibabypille zur Thrombose kommt. Durch die enthaltenen Hormone kann die Blutgerinnung beeinflusst werden, sodass sich ein Blutgerinnsel in Venen – meist in Beinvenen – bildet. Abgelöste Teile des Gerinnsels können über die Blutbahnen in Lungen oder Gehirn gelangen, sodass sie dort eine Lungenembolie oder einen Schlaganfall bewirken können. Dies sind schwerwiegende Nebenwirkungen, die nicht nur auf die künstlichen Hormone zurückzuführen, jedoch sehr ernst zu nehmen sind. Generell steigt das Risiko bei hormonellen Verhütungsmitteln.

Wer also von Thrombosefällen oder Embolien in der Familie weiss, sollte durch den Arzt abklären lassen, ob man selbst dafür anfällig ist. Das Herzinfarktrisiko steigt durch die Pille ab 35 Jahren vor allem bei Raucherinnen und Frauen mit Bluthochdruck. Da empfiehlt es sich nicht, hormonelle Verhütungsmittel einzunehmen.

Weitere Nebenwirkungen sind Reizbarkeit, Zerstreutheit oder ein aufgeblähtes Gefühl. Die Pille kann aber auch positive Nebenwirkungen haben. Durch bestimmte Zusätze bewirkt sie nach einigen Monaten eine Verbesserung des Hautbildes bei bspw. Akne. Zudem reguliert die Antibabypille den Zyklus und kann die Stärke der Monatsblutung verringern oder dem prämenstruellem Syndrom entgegenwirken. Die Nebenwirkungen können also auch positiv sein oder auch bewusst gewollt werden. Hierfür benötigt die Frau unbedingt eine Beratung beim Gynökologen, bevor Sie mit der Einnahme beginnt.

Was muss beim Absetzen beachtet werden?

Generell können Sie jederzeit die Antibabypille absetzen. Es spricht nichts dagegen und es braucht auch keinen Eingriff in den eigenen Körper als bei einer Kupferspirale, einer Kupferkette oder einem Implantat. Wer über das Absetzen nachdenkt, sollte sich jedoch auch Gedanken um eine mögliche Schwangerschaft machen. Oder darum, wie man diese am besten verhindern möchte.

Welche nicht-hormonellen Verhütungsmittel gibt es noch auf dem Markt? Wäre die symptothermale Methode passend? Oder doch vielleicht die Minipille mit niedrigeren Hormonen? Auch sollte Ihr Arzt über das Absetzen des Verhütungsmittels Bescheid wissen, damit er Sie bestens beraten kann. Auch kann das häufige Absetzen das Risiko einer Thrombose oder weiterer Erkrankungen begünstigen oder sogar erhöhen. Wer also über das Absetzen nachdenkt, sollte alles gut durchdacht haben, um nicht wieder mit der Einnahme beginnen zu müssen.

Was gibt es für Alternativen?

Wer auf eine hormonelle Verhütung verzichten will, kann auch auf alternative Mittel wie Kondome, Diaphragma, Kupferspirale oder symptothermale Methode zurückgreifen.

Eine weitere hormonfreie Alternative zur Pille stellt der Zykluscomputer dar. Wie dieser funktioniert, das erfahren Sie hier.

Infos zum politischen Aspekt

Derzeit führen Politiker eine heisse Debatte darüber, ob Frauen unter 20 Jahren die Pille frei und kostenlos bekommen sollen. Besonders der Genfer Nationalrat Antonio Hodgers (GP) setzt sich für die Gratis-Pille ein, denn er meint, auf diese Weise Teenie-Schwangerschaften und Abtreibungen senken zu können. Das Bundesamt für Statistik zählte im letzten Jahr über 950 Abtreibungen bei jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren.

Sollten Sie unsicher sein, was die Verhütung mit der Pille angeht, scheuen Sie sich nicht, Ihren Frauenarzt nach Wirkung, Nebenwirkungen und gegebenenfalls auch nach Alternativen zu fragen.

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