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Trauern: Abschied von einem Familienmitglied nehmen

Wie kann es nach dem unerwarteten Tod des Partners oder des eigenen Kindes weitergehen? Und ist es überhaupt richtig, danach wieder einen neuen Lebenssinn zu finden? Was Ihnen helfen kann, Abschied von dem Familienmitglied zu nehmen und mit der Trauer umzugehen, erfahren Sie hier.

Stirbt ein Familienmitglied ist es schwer Abschied zu nehmen und die Trauer zu überwinden.

Der Tod eines geliebten Menschen ist schwer zu überwinden. Foto: Wavebreak Media, Thinkstock

Geht es überhaupt weiter? Kann es weitergehen wenn der Mann, die Frau oder sogar ein Kind gestorben ist? Jeder von uns hat sich dieses Szenario in Gedanken schon einmal ausgemalt. Spürte, in einem Anflug die Leere, welche sich dann ausbreiten wird, wenn das Kinderzimmer mit den Winnie Puh Postern für immer leer bleiben wird. Wenn das Kind nie wieder eine Höhle unter dem Esstisch bauen wird, wenn es nie wieder vor Freude jauchzen wird. Oder wenn der Mann, mit dem man seit Jahr und Tag gemeinsam aufwacht, nie wieder seine Augen öffnen wird! Die Leere ist ein unangenehmes Gefühl, deshalb wird dieser Gedanke schleunigst verbannt. Schnell weg damit, denn wir ahnen bereits in der Vorstellung: Die Trauer und Einsamkeit werden grenzenlos sein.

Vielen Müttern, Vätern, Kindern passiert es trotzdem. Sie verlieren einen geliebten Menschen. Wie das Danach aussehen wird, ist sehr individuell. Manche verarbeiten den Verlust ein Leben lang nicht, sie resignieren, suchen Trost in Tabletten oder Alkohol. Im schlimmsten Fall flüchten sie sich in den Suizid. Andere suchen professionelle Hilfe bei Therapeuten und Beratungsstellen. Sie versuchen mit Hilfe der Experten den Verlust zu verarbeiten und ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Oft ist auch der persönliche Glaube eine grosse Unterstützung.

Besonders schwer traf es Barbara Pachl-Eberhart vor zwei Jahren. Die junge Frau verlor bei einem Verkehrsunfall ihren Mann Heli. Ihre zwei Kinder, der sechsjährige Thimo und die eineinhalbjährige Valentina – «Fini» – sterben wenige Tage später im Krankenhaus. Ein Schicksalsschlag, der eigentlich nicht zu verkraften und zu verarbeiten ist. Doch Barbara Pachl-Eberhart findet einen Weg, wie sie mit dem unfassbaren Verlust umgehen kann. Sie trauerte, trauert immer noch, dennoch verliert sie sich nicht in ihrer Trauer. In ihrem Buch «vier minus drei» beschreibt Pachl-Eberhart wie sie nach dem Verlust ihrer Familie zu einem neuen Leben fand und die Geschenke jenseits des Leids zu suchen begann.

Von einem Elternteil Abschied zu nehmen ist besonders für kleine Kinder schwierig.
Besonders schwierig ist der Abschied von einem Familienmitglied für ein Kind. Foto: ©iStockphoto.com/Jordan Shaw

Der Tod des Partners ist ein enormer Verlust. Als erstes ist da der Schmerz über das Auseinanderbrechen der Liebe. Der geliebte Mensch ist weg. Dieser Verlust ist schon schwer genug zu verarbeiten. Zusätzlich belastet den Hinterbliebenen Elternteil die Gewissheit, dass nun die gemeinsamen Kinder ohne Vater oder Mutter aufwachsen müssen. Auch die Unterstützung des Partners ist verloren. Probleme, welche vorher zu zweit gestemmt wurden, lasten nun auf zwei Schultern, statt auf vier. Es ist wichtig, diese drei Probleme separat zu lösen. Der verwitwete Partner muss Zeit und Raum für seine persönliche Trauer haben. Es helfen Gespräche mit Freunden und der Familie, Ruhe und Entspannung, Zeit in der Natur, oder vielleicht ein Tapetenwechsel.

Die Kinder benötigen Zuspruch, Aufmerksamkeit und die Anwesenheit des verbliebenen Elternteils. Aber auch andere vertraute Personen können sich kümmern und dem Kind Liebe und Geborgenheit entgegenbringen. Grosseltern, Tante und Onkel, aber auch Freunde der Eltern können helfen. Falls der Vater stirbt, fällt automatisch die männliche Bezugsperson weg. Spiele und Unternehmungen, welche bislang nur der Vater mit den Kindern gemacht hat, fallen ebenso weg. Auch, wenn sich nun die Mutter annimmt und einmal monatlich mit dem Sohn in das Fussballstadion geht, wird es nicht dasselbe wie mit dem Vater sein. Vielleicht hat der beste Freund des Vaters, der ebenfalls grosser Fussballfan ist, Lust dazu?

Ebenso verhält es sich bei allerlei praktischen Arbeiten, welche bislang vom Ehemann übernommen worden sind: Wer gräbt den Garten um? Wer wechselt die Winterreifen. Natürlich kann sich dem auch die Witwe annehmen, und lernen wie Reifen gewechselt werden. Dies kostet alles Energie und Zeit – und dieses ist kostbar. Deshalb ist es kein Zeichen von Schwäche, wenn Sie um Hilfe bittet oder diese annimmt.

Der Tod eines Kindes stürzt beide Elternteile in grösste Verzweiflung. Aus einer tief empfundenen Liebe für sein Kind wird Trauer und Angst. Die Frage ist nun: Wie soll es weitergehen, gerade wenn das verstorbene Kind ein Einzelkind war. Sind noch ein, zwei oder drei Kinder im Haus, bleibt das Grundgerüst der Familie erhalten. Die verwaisten Eltern haben noch einen Halt, für den sich das Aufstehen am Morgen lohnt.

Der Tod eines Kindes stürzt beide Elternteile in grösste Verzweiflung. Aus einer tief empfundenen Liebe für sein Kind wird Trauer und Angst. Die Frage ist nun: Wie soll es weitergehen, gerade wenn das verstorbene Kind ein Einzelkind war. Sind noch ein, zwei oder drei Kinder im Haus, bleibt das Grundgerüst der Familie erhalten. Die verwaisten Eltern haben noch einen Halt, für den sich das Aufstehen am Morgen lohnt.

Paare müssen nach einer solchen Tragödie neu zusammen finden. Ist es ihnen gelungen in der tiefsten Trauerzeit einen Halt aneinander zu finden, ist dies eine enorme Bereicherung. Manche Paare schaffen das nicht und trennen sich, weil der Verlust des Kindes überwiegt.

Mutter und Kind trauern um den Verlust des Vaters, der plötzlich gestorben ist.
Ein plötzlicher Tod ist die Hinterbliebenen immer ein Schock. Foto: ©iStockphoto.com/Sheryl Griffin

So, wie der Tod ein Tabu ist, ist ebenso das Trauerverhalten gesellschaftlich festgelegt. Mit dieser Erfahrung wurde auch Barbara Pachl-Eberhart konfrontiert. Als sie sich nach zwei Jahren in einen neuen Mann verliebte, reagierte ihr Umfeld verstört und wandte sich ab. Sie verliess ihre Heimat und zog nach Wien. In einem ORF –Interview am 05.07. 2010 äussert sie sich so:

«Ich finde es interessant, dass jeder so ein konkretes Bild davon hat, wie er sich verhalten würde, wenn ihm die ganze Familie wegstirbt. Ja, ich kann trauern, das tue ich auch. Ich kann ganz dunkle Phasen haben, doch irgendwann muss dies vorbei sein. Das Leben klopft an die Tür und fragt: ‚Bist du schon so weit, kommst du?... »

Hier finden Sie Hilfe bei einem Trauerfall

elterntreffpunkt-girasol.ch ist ein Treffpunkt für verwaiste Eltern. Hier gibt es ein Forum, die Möglichkeit zum Austausch untereinander und Adressen für Hilfesuchende.

trauerseminare.ch begleiten die Hinterbliebenen in Trauer, Schmerz und beim Neuanfang.

verwitwet-online.com ist ein Selbsthilfeforum für verwitwete Frauen, Männer und deren Kinder.

Das im Artikel angesprochene Interview mit Barbara Pachl-Eberhart finden Sie: «zum Video»

Buchtipps

«Ohne dich: Hilfe für Tage, an denen die Trauer besonders schmerzt» , Freya v. Stülpnagel: Wenn ein uns nahestehender Mensch stirbt, wissen wir häufig nicht, wie es weitergehen soll. Trost, Verständnis und auch in dieser Situation praktikable Hilfen bietet die Autorin an, die selbst ein Kind verloren hat und inzwischen langjährige Trauerbegleiterin ist. Besonders die Tage unmittelbar nach dem Tod und andere Gedenktage erfordern Rituale, damit aus der Erinnerung heilende Kräfte wachsen.

«Vier minus drei: Wie ich nach dem Verlust meiner Familie zu einem neuen Leben fand» , Barbara Pachl-Eberhart

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