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Hausgeburt: Sichere Option oder fahrlässiges Vorgehen?

Beim Thema Hausgeburt scheiden sich die Geister. In der Schweiz finden nach Angaben des Schweizerischen Hebammenverbandes nur etwa ein Prozent aller Geburten zu Hause statt. Grund dafür könnte der schlechte Ruf der Hausgeburt sein, viele halten sie für zu riskant. Dies entspricht aber nicht ganz der Wahrheit: Bei gesunden Frauen ist eine Hausgeburt in Anwesenheit einer erfahrenen Hebamme durchaus eine Möglichkeit. Einige Risikofaktoren, wie Mehrlingsschwangerschaften oder diverse Krankheiten, machen eine Hausgeburt jedoch zu gefährlich. Sollte eine Gebärende ein höheres Sicherheitsbedürfnis haben, aber nicht in einer Klinik entbinden wollen, kann ein Geburtshaus eine gute Alternative sein.

Eine Hausgeburt ist ein einzigartiges Erlebnis.
Eine Hausgeburt ist ein einzigartiges Erlebnis. © Getty Images, Jodi Hall Photography

Hausgeburt: Das Wichtigste in Kürze

Wer Mütter zum Thema Hausgeburt befragt, wird mit sehr unterschiedlichen Meinungen konfrontiert. Die Skepsis gegenüber Hausgeburten ist in der Bevölkerung und bei Fachleuten gross, wie im Zürcher Bericht «Gesundheit von Müttern und Kindern unter sieben Jahren» zu lesen ist. 

Wie sicher ist eine Hausgeburt?

«Verschiedene aktuelle internationale Studien haben gezeigt, dass geplante Hausgeburten oder Geburten in einem Geburtshaus ebenso sicher sind wie Geburten im Spital», erklärt Doris Güttinger, Geschäftsführerin des Schweizerischen Hebammenverbandes.

Die Unterschiede zwischen Haus- und Spitalgeburt werden bei den medizinischen Eingriffen sichtbar. Frauen, die zu Hause gebaren, hatten deutlich weniger Kaiserschnitte, Geburtseinleitungen, weniger vaginal-operative Eingriffe mit Zange oder Vakuum und bekamen weniger Schmerz- und Wehenmittel.

Zwölf Prozent der Frauen, die sich im Rahmen der Studie für eine Hausgeburt entschieden hatten, mussten während der Geburt wegen eines Notfalls ins Spital gebracht werden. Bei ihnen war unter anderem der Geburtstermin überschritten oder eine künstliche Einleitung des Geburtsvorgangs nötig geworden. Die Autoren der Schweizer Studie kamen zu dem Schluss, dass eine Hausgeburt in einem System, in dem ein rund um die Uhr arbeitendes Spital zur Überweisung bei Komplikationen zur Verfügung steht, als sicher betrachtet werden kann.

Warum entscheiden sich Frauen für eine Hausgeburt?

«Frauen entscheiden sich vor allem für eine Hausgeburt, weil sie die Geburt ohne Fremdeingriff erleben wollen und sie als einen normalen Vorgang betrachten.», stellt Doris Güttinger fest. Dazu brauche es viel Geduld, sagt die Hebamme Susanna Diemling. Die habe man im Spital häufig nicht.

So können in der Klinik geburtseinleitende Massnahmen wie die Fruchtblasenöffnung gemacht werden, um die Wehen zu fördern. Zu Hause dagegen versucht die Hebamme bei der Hausgeburt die Mutter nur durch Zuwendung und Pflege zu unterstützen. Das ist vielen Frauen wichtig, weil sie in einer vertrauten Umgebung ihr Kind in selbstbestimmter Art und Weise gebären wollen. 

Checkliste: Das brauchst du für eine Hausgeburt

Auf eine Hausgeburt muss man sich intensiv vorbereiten. Dazu gehört das Herrichten des Raumes, in dem die Geburt stattfinden soll. Hier findest du eine umfassende Checkliste, mit allem was du brauchst. 

Wann ist eine Hausgeburt möglich?

Eine Hausgeburt ist möglich, wenn die Mutter und das ungeborene Baby gesund sind und es bisher keine Komplikationen gab.

Wenn sich das Ungeborene in Steisslage befindet oder Zwillinge heranwachsen, muss die Frau in einer Klinik entbinden. Das gilt auch für Frauen mit einem Herzfehler, Thromboseneigungen, Diabetes und anderen chronischen Krankheiten. Bei Frauen, die schon älter sind, ist das Risiko für Komplikationen bei der Geburt grösser.

Da bei einer Hausgeburt keine Rückenmarksnarkose (PDA) zur Schmerzlinderung gemacht werden kann, ist sie nicht für Schwangere geeignet, die Angst vor starken Schmerzen bei der Geburt haben.

Wie gefährlich ist eine Hausgeburt? 

Sollte überraschend ein Notfall auftreten, wird eine Hausgeburt riskant. Genau wegen plötzlichen Komplikationen und Notfällen, die bei jeder Entbindung unerwartet auftreten können, würde Prof. Dr. Med. Roland Zimmermann von der Klinik für Geburtshilfe des Universitätsspitals Zürich seiner eigenen Frau keine Hausgeburt empfehlen.

Zwölf Prozent der Frauen, die sich für eine Hausgeburt entscheiden, müssen während der Geburt wegen eines Notfalls ins Spital gebracht werden. 

Risiken: Das kann bei einer Hausgeburt schief gehen

Es ist möglich, dass unter anderem die Plazenta (der Mutterkuchen) den Weg für das Baby versperrt. Die Nabelschnur kann während der Wehen eingeklemmt werden und die Sauerstoffversorgung des Kindes behindern. Die Herztöne des Kindes verschlechtern sich möglicherweise dramatisch. In solchen Notfällen wird eventuell ein Kaiserschnitt nötig, der das Baby rettet und verhindert, dass es zu Gehirnschäden kommt.

Bei der Mutter kann es nach der Geburt zu sehr starken Blutungen kommen, weil sich die Plazenta nicht oder verspätet löst. In der Klinik wird ihr in der Regel mit Medikamenten oder einem Eingriff unter Narkose schnell geholfen. «Heute sollte eine Mutter nicht mehr an einer Geburt verbluten», sagt Prof. Dr. Med. Roland Zimmermann. Aber wenn nach einer Hausgeburt die Mutter nicht schnell genug ins Spital gebracht werden kann, besteht dieses Risiko.

Die Chance, dass in den beschriebenen Notfällen Mutter und Kind schnell geholfen wird, ist im Spital grösser als bei der Hausgeburt. Denn bei einer Geburt zu Hause hat die Hebamme zwar Medikamente, kann die Herztöne des Kindes abhören und eine Sauerstoffversorgung gewährleisten, aber ein Kaiserschnitt ist nicht möglich. Sie muss die Mutter und das Ungeborene in eine Klinik transportieren lassen.

Hausgeburt Schweiz: Wer übernimmt die Kosten?

Die Kosten für die Geburt werden von der Grundversicherung übernommen. Das beinhaltet alle Kosten im Spital, die Kosten der Hebamme und des Arztes bei einer Geburt zu Hause oder im Geburtshaus. Bezahlt werden die Besuche der Hebamme bis zehn Tage nach der Geburt, mit ärztlichem Zeugnis können diese verlängert werden. Drei Stillberatungen während des Stillens bis zum Abstillen werden ebenso übernommen.

Was werdende Eltern beachten müssen, wenn sie eine Hebamme engagieren wollen, ist das Pikettgeld. Dieses bezeichnet die Entschädigung für den Bereitschaftsdienst, der ab der 37. Schwangerschaftswoche beginnt und bis einige Wochen nach der Geburt anhält. Die Hebamme ist in dieser Zeit 24 Stunden abrufbereit. Die Kosten dafür werden kantonal unterschiedlich geregelt.

Das Geburtshaus: Eine Alternative zur Hausgeburt

Für Frauen, die nicht in einer Klinik entbinden wollen, aber dennoch mehr Sicherheit als bei einer Hausgeburt benötigen, ist das Geburtshaus eine Alternative. Das Risiko, dass bei unerwarteten Komplikationen Mutter oder Kind nicht geholfen werden kann, ist nach Ansicht von Prof. Dr. Med. Roland Zimmermann in den Geburtshäusern kleiner.

Geburtshäuser werden von Hebammen geführt. Sie sind mit allen wichtigen Diagnosegeräten und Notfallapparaturen ausgerüstet. Es wird Wert auf eine entspannte und natürliche Umgebung gelegt. In einem Geburtshaus wie auch zu Hause darf aber nur diejenige Frau entbinden, bei der die Voruntersuchungen ergeben haben, dass alles in Ordnung ist. Doris Güttinger vom Hebammenverband hat beobachtet, dass die Anzahl der Geburten in den schweizerischen Geburtshäusern in den vergangenen Jahren angestiegen ist.

Weiterführende Links

Adressen von Hebammen unter www.hebamme.ch

Adressen der Geburtshäuser unter www.geburtshaus.ch

Mehr zu Themen wie Hausgeburt, Geburtshaus, Wassergeburt, ambulante Geburt unter www.forum-geburt.ch

Das Merkblatt zur Nationalfondstudie «Hausgeburt versus Spitalgeburt» können Sie unter www.geburtsstaette.ch lesen

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