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Gespräche sind ein wesentlicher Faktor, um eine Beziehung am Laufen zu halten. Es müssen keine filmreifen Dialoge über den Sinn des Lebens sein, die eine Beziehung bereichern, sondern Interesse und Offenheit für den Partner.
Für eine gelungene Kommunikation in der Partnerschaft gilt: Zeigen Sie Interesse! Foto: Photodisc, Thinkstock
Ein italienisches Restaurant am Freitagabend. Einige Paare unterschiedlichen Alters sitzen bei Spaghetti und Pizza zusammen und geniessen den Abend. Ein kurzer Blick auf die Nachbartische zeigt unterschiedliches Kommunikationsverhalten der Paare auf: Der sportliche blonde Mann redet wie ein Wasserfall, erzählt begeistert von seinen zahlreichen Besuchen im Fussballstadion, vom Trainer- und Spielerwechsel und über seine Erfolge in der Hobbymannschaft. Die junge Dame am Tisch ist von seinen Erzählungen wenig angetan, sie überprüft ihren Nagellack auf mögliche Dellen. Ein anderes Paar im mittleren Alter nimmt schweigend die Vorspeise ein, knappert später ebenso schweigsam an der Pizza. Das Mahl wird nur unterbrochen von Sätzen wie «Schmeckt es dir?» und «Willst du auch noch einen Wein?» Ein anderes Pärchen sitzt gut gelaunt daneben: Sie erzählt, beide hauen sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Später erzählt er und sie hängt gebannt an seinen Lippen.
Viele der Leserinnen und Leser in einer festen Partnerschaft werden sich in diesem Moment fragen: Zu welcher Gattung gehören wir? Welches Bild geben wir für Aussenstehende ab? Wie lange liegt eigentlich unsere letzte «richtig gute» Unterhaltung zurück? Haben wir uns überhaupt noch etwas zu sagen?
Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Innofact in Düsseldorf im Auftrag der Online-Partneragentur Parship ergab, dass Paare in Deutschland durchschnittlich 102 Minuten am Tag miteinander sprechen: 29 Minuten über moderne Kommunikationswege, 75 Minuten ganz traditionell von Angesicht zu Angesicht. 102 Minuten ist eine beachtliche Zahl, denn vor einiger Zeit geisterte noch ein anderer Wert durch die Medienlandschaft. Durchschnittspaare würden sich am Tag zehn Minuten unterhalten. Das neue Ergebnis ist also wesentlich vielversprechender. Aber es kommt nicht nur auf die Länge der Gesprächszeit an, sondern hauptsächlich auf dessen Inhalt. Paare, welche die 102 Minuten streitend verbringen, sind auch nicht wirklich zu beneiden. Genauso wenig der Ehemann, der in den eindreiviertel Stunden zu hören bekommt, dass er zu wenig verdient, langweilig geworden ist und der Nachbar handwerklich sehr viel begabter ist.
Wie sieht sie dann aus, eine gelungene Kommunikation in der Partnerschaft? Das Wort hat seinen Ursprung im lateinischen communicare und bedeutet «teilen», mitteilen oder teilnehmen lassen. Also ist es eigentlich ganz leicht, man muss den Partner nur an seinem Leben teilhaben lassen. Das versucht der blonde Mann im italienischen Restaurant. Er möchte seine Begleitung an seinem Leben teilhaben lassen, dazu gehört unmittelbar der Fussball. Die junge Frau ist an diesem Thema weniger interessiert.
In den ersten Monaten, vielleicht auch ein zwei Jahren haben sich die meisten Frischverliebten sehr viel zu erzählen. Der Partner ist noch nahezu unbekannt, man kennt die Eckdaten Name, Beruf und Alter. Aber alle Einzelheiten wie persönliche Vorlieben, Hobbys, Erlebnisse und Macken gilt es zu entdecken. Dieses Interesse für den Anderen kommt aus tiefstem Herzen, man möchte alles über ihn erfahren. Irgendwann muss nichts mehr entdeckt werden: Der Freund weiss inzwischen, dass seine Freundin eine Abneigung gegen Silberzwiebel hat, den Geruch neuer Bücher liebt und deshalb keine Bücher aus der Bibliothek ausleihen möchte. Sie kennt inzwischen die irren Geschichten über seinen exzentrischen Onkel und weiss, dass ihr Freund als Kind nur in den Keller gehen konnte, wenn der Lieblingsaffe dabei war.
Spätestens nach zwei Jahren ist die Kennenlernphase abgeschlossen, der Alltag kehrt ein. Der Gesprächsinhalt wandelt sich und neue Themen treten auf den Plan. Organisatorisches kommt dazu: Eine günstigere Haftpflichtversicherung muss her. Wer kauft ein, wenn die Freunde zum Brunch kommen? Auch wenn es unromantisch klingen mag, aber dieser Part gehört ein Leben lang zum Gesprächsinhalt von Paaren.
Eine gesunde Mischung ist die beste Möglichkeit, um miteinander im Gespräch zu bleiben und sich so einander nah zu fühlen. Eine Gesprächsebene, die auf die Abarbeitung von To do’s aufbaut, ist ebenso wenig zukunftsträchtig wie eine Beziehung, in der alles haarklein besprochen und zerredet wird.
Wenn in einer Beziehung keine Kommunikation mehr möglich ist, Streitereien und Desinteresse an der Tagesordnung liegen, kann eine Paarberatung oder Paartherapie helfen. Dies macht nur Sinn, wenn beide einverstanden sind. Niemand sollte zu einer Beratung oder Therapie gezwungen werden – auch nicht vom Partner.
Text: Natascha Mahle