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So kannst du mit deinen Kindern über Sex reden

«Woher kommen die Babys?» – «Warum hat Papa einen Penis und Mama nicht?» Kinder sind neugierig. Sie möchten die Welt verstehen, um sich in ihr zurechtfinden zu können. Aufklärung über Sexualität hilft ihnen weiter. Bei diesen Themen ist nichts peinlich. So kannst du die richtigen und kindgerechten Worte finden.

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Auch kleine Kinder können bereits Fragen zu Körper und Sexualität stellen. Ein altersgerechtes Aufklärungsbuch still die Neugier. Bild: mmac72 E+, Getty Images

Ein positives Körpergefühl ist wohl die wichtigste Grundlage für ein sinnliches Leben im Erwachsenenalter. Knuddeln, kuscheln, kitzeln – der zärtliche Kontakt trägt dazu bei, dass dieses positive Körpergefühl entsteht. Das Kind viele Sinneserfahrungen machen zu lassen und seine Körperlichkeit geniessen zu lassen, ist ein weiterer Baustein. Sexualerziehung läuft auf diese Weise zunächst ganz nebenbei. Doch auch Aufklärungsgespräche sind Teil der Sexualerziehung.

«Woher kommen die Babys?»

Eine der ersten Frage, die Eltern zum Aufklärungsgespräch bittet, lautet meist: «Woher kommen die Babys?» Weit ausholen müssen Eltern in einem solchen Aufklärungsgespräch nicht. Jüngeren Kindern reichen meist schon wenige Sätze, um ihnen den Input zu geben, den sie brauchen. «Babys wachsen bei der Mutter im Bauch – und du, mein Kind, bist auch mal in meinem Bauch gewesen.» Es kann sein, dass die Frage vorerst beantwortet ist. Es kann aber sein, dass der Wissensdurst damit noch nicht gestillt ist. Mit Büchern kann man den Kindern sehr gut veranschaulichen, wie ein Baby entsteht.

Buchtipps

  • Mein Körper gehört mir. Pro Familia. Loewe Verlag. 5-7 Jahre.
  • War ich auch in Mamas Bauch? Dagmar Geisler. Loewe Verlag. Ab 5 Jahren.
  • Klär mich auf. 101 echte Kinderfragen rund um ein aufregendes Thema. Klett Kinderbuch. Ab 8 Jahren. 
  • Make Love – ein Aufklärungsbuch. Ann-Marlene Henning. Wilhelm-Goldmann Verlag. Ab 14 Jahren.

Richtig ins Gespräch kommen

Eltern können selbst Gespräche zum Thema Sexualität anstossen. Gute Hilfsmittel dabei sind Bilderbücher und Aufklärungsbücher für Kinder. Beim gemeinsamen Anschauen hat das Mädchen oder der Junge die Möglichkeit, genau die Fragen zur Sexualaufklärung zu stellen, die ihm in seiner aktuellen Entwicklungsphase wichtig sind.

Ein wichtiger Punkt, bereits bei kleineren Kindern, ist es, die Geschlechtsteile richtig zu benennen. Es ist wichtig, dass Kinder wissen, was eine Vulva oder ein Penis ist. Das sind normale Körperteile, wie alle anderen. "Schnäbeli" und "Müscheli" oder sonstige Kosenamen bringen nichts und können dazu führen, dass sie sie selbst nicht ernst nehmen. 

Ältere Kinder brauchen dann noch mehr Details. «Ein guter Ansatzpunkt für Gespräche kann auch der Aufklärungsunterricht sein», erklärt Bettina Roth, Sexualpädagogin bei «S&X Sexuelle Gesundheit Zentralschweiz» in Luzern. Allein auf den Aufklärungsunterricht verlassen sollten sich Eltern jedoch nicht. «Selbst gute Sexualaufklärung in der Schule kann nur eine Ergänzung und Erweiterung der Aufklärung zu Hause sein. Dort bekommen die Kinder die Grundausstattung, die ihnen Sicherheit und Selbstbewusstsein im Umgang mit ihrem eigenen Körper gibt», so Katharina von der Gathen, Autorin des Buches für Kinder «Klär mich auf». Dazu kommt, dass die Eltern als Vertrauenspersonen viel persönlicher mit den Kindern sprechen können. Hier haben die Kinder einen Safe-Space, um persönliche Fragen zu stellen. 

Pubertierende Jugendliche: Gespräche nicht erzwingen

Je näher Jungen und Mädchen der Pubertät rücken, umso schwieriger kann es werden, mit ihnen über Fragen über Sexualität und Aufklärung zu reden. Denn jetzt entwickelt sich das Schamgefühl. Doch gerade in dieser Zeit beschäftigen Jugendliche wichtige Fragen. «Ist es normal, dass meine Brüste noch nicht gewachsen sind?» «Wie geht Flirten eigentlich?» «Ist mein Penis lang genug?» «Ist es erlaubt, einen Porno zu schauen?» «Woran erkenne ich, ob ich queer oder hetero bin?» Und auch: «Was eigentlich ist Liebe?»

Eltern können das Gespräch anbieten. Sie können zum Beispiel sagen: «Ich weiss, dass in deinem Alter Sexualität ein Thema wird. Ich möchte, dass du sie schön erlebst. Komm zu mir, wenn du Fragen hast oder einen Tipp brauchst. So signalisieren Eltern: Die Tür zu mir ist offen», sagt Sexualpädagogin Lilo Gander von der Fachstelle «Lust und Frust» der Stadt Zürich. Wenn dann Jugendliche ein solches Gesprächsangebot aufgreifen, tun sie es freiwillig. Das Gespräch werde ihnen nicht aufgezwungen. Das schaffe eine gute Atmosphäre.

Wenn es «peinlich» wird

Nehmen Jugendliche das Gesprächsangebot an, sollten Eltern nicht lange um den heissen Brei herumreden. Lange Vorträge schrecken ab. Wenn Eltern das Aufklärungsgespräch unangenehm ist, hilft Offenheit weiter. «Puh, mir ist das gerade etwas peinlich, obwohl ich weiss, dass das nicht sein muss. Ich muss mal überlegen, wie ich das am besten formuliere», so können Eltern zeigen, dass sie trotzdem Mut haben, dem Kind weiterzuhelfen. Wichtig sei es auch, dem Jugendlichen zu erklären, wo sie sich auch eigenständig informieren können, darauf weist Bettina Roth hin.

Schnell stellt sich bei Eltern das Kopfkino vom ersten Mal ein, wenn Jugendliche sich verlieben oder eine erste Beziehung eingehen. Doch Jugendliche wagen meist erst allmählich erste Schritte auf das unbekannte Terrain namens Beziehung. «Am Anfang sind die Jugendlichen oft noch mit Fragen wie «Halten wir Händchen oder nicht?» beschäftigt», weiss Bettina Roth. Jetzt schon über Verhütung und das erste Mal zu sprechen, geht ihnen dann zu weit. Doch spätestens dann, wenn Eltern denken, sexuelle Aktivitäten könnten ein Thema für die beiden Verliebten werden, brauchen Jugendliche zuverlässige Aufklärung – zum Beispiel über Verhütung und den Schutz vor Geschlechtskrankheiten.

Warum Aufklärung so wichtig ist

Je besser Jugendliche aufgeklärt sind, desto besser können sie neue sexuelle Eindrücke einordnen und mit ihnen umgehen. Zu wissen, dass eine stundenlange Erektion ebenso wenig der Normalfall ist wie ein Penis von 35 Zentimetern oder eine stets sexbereite Frau, hilft Jugendlichen, entspannt zu reagieren, wenn sie im Internet mit Sexvideos konfrontiert werden. Aufklärung gibt also Sicherheit. Und sie ist notwendige Voraussetzung, um Sexualität und Liebe als einen ganz normalen Teil des Lebens anzuerkennen.

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