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Fast alle kennen wir Strafen aus der eigenen Kindheit, sei es aus eigener Erfahrung zuhause oder in der Schule oder wir erfuhren von Strafen durch unsere Schulkameraden. Heute in der Rolle als Mutter und Vater sollten wir auf Strafen verzichten. Wie, erklärt die psychologische Beraterin Martina Wieland.
Seien Sie Vorbild und leben Sie Ihrem Kind einen respektvollen und freundlichen Umgang vor. Foto: iStockphoto, Thinkstock
Zuckerbrot und Peitsche gehören in die Schublade des Altertums als die Welt noch schwarz und weiss war, im Westen die Guten, im Osten die Bösen, Männer noch Patriarchen und die Frauen brav am Herd. Die Welt von heute ist eine Herausforderung in einem Ausmass, wie sie der Menschheit bis anhin noch nie gestellt worden ist. Die Welt von heute sprengt jedes Schubladendenken. Inmitten dieser Welt wachsen unsere Kinder auf.
Kinder sind bunte, vielschichtige, komplexe Wesen voller Überraschungen, genau wie wir. Sie wollen alles ausprobieren, Grenzen testen, die Welt entdecken. Sie wollen sich sicher, stark und geliebt fühlen. Kinder wollen dazugehören und mitmachen, so wie wir alle auch.
Doch es gibt einen kleinen Unterschied:
Doch, verhalten wir uns wirklich so? Immer? Auch in Extremsituationen? Die meisten von uns haben gelernt das eigene Ego einigermassen in Schach zu halten. Den Kindern aber steht genau dies zu lernen noch bevor. «Ich will jetzt! Sofort!», provozierende Sachen an den Kopf werfen, den Stinkfinder zeigen, die Mitarbeit verweigern oder das Essen verweigern: Das ist ihre machtvolle Sprache, die sie benutzen auf der Suche nach Grenzen, auf der Suche nach Sicherheit und Zugehörigkeit, auf der Suche nach Selbstvertrauen.
Strafen sind das falsche Erziehungsmittel. Sie entmutigen Ihr Kind. Foto: Hemera, Thinkstock
Wenn Ihr Kind frech wird, sollten Sie sich bewusst sein, dass Strafen nicht als Erziehungsmittel in Frage kommen. Statt Ihrem Kind beispielsweise Hausarrest zu erteilen, sollten Sie Vorbild sein und ihm zeigen, wie es seine Emotionen besser in den Griff bekommt. Denn Strafen wirken entmutigend, wecken im Kind negative Gefühle wie Zorn und Hass, das Gefühl minderwertig zu sein oder Angst haben zu müssen. Ist ein Kind frech, dann ist man in seinem Wunsch nach Respekt verletzt. Wünscht man sich von seinem Kind respektiert zu werden, dann muss man ihm genau das vorleben, darin Vorbild sein.
Vorbilder, sind auch heute noch die besten Erzieher! Wir können von Kindern nicht erwarten, dass sie ihre Emotionen besser im Griff haben als wir die unseren. Um beim oben genannten Beispiel zu bleiben, bedeutet dies in erster Linie sich selbst und die eigenen Bedürfnisse ernst zu nehmen und diese zu verbalisieren. Ist man in einer Partnerschaft, so ist ein freundlicher und respektvoller Umgang miteinander, das Beste, um ein Kind erfahren und beobachten zu lassen, wie man mit unerfüllten Wünschen und Konflikten umgehen kann.
Anstatt sich auf den Boden zu werfen, zu spucken, frech zu sein, zu provozieren, sich zu verweigern, davonzulaufen, mit den Blicken zu töten – können wir dem Kind helfen, herauszufinden und Worte zu finden für das, was es will, was es braucht. Wir können und müssen ihm helfen eine eigene, der Situation angemessene Sprache und Handlungsweisen kennen zu lernen, auszuprobieren und zu üben. So gewinnen sie mehr Sicherheit in allen möglichen Situationen - und können Sozialkompetenz entwickeln.
Text: Martina Wieland
Martina Wieland ist seit 2006 als Individualpsychologische Beraterin tätig. Sie ist Mitglied der SGIPA (Schweizerischen Gesellschaft für Individualpsychologie nach Alfred Adler) und der SGfB (Schweizerische Gesellschaft für Beratung). Im Zürcher Seefeld bietet sie unter anderem Erziehungsberatungen und Beratungen bei Burnout an. Zuvor arbeitete sie als Mittelstufenklassenlehrerin in Zürich und im Kanton Aargau.
Mehr über Martina Wieland erfahren Sie auf ihrer Webseite unter www.wieweiter.com
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