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Die Ex-Frau zieht mit den Kindern weg: Das sind Ihre Rechte

Verliebt sich die Ex-Frau in einen neuen Partner, will sie vielleicht bald zu ihm ziehen. Ein Vater hat erlebt, wie seine Ex-Frau wegen eines neuen Mannes überraschend mit den Kindern ins Tessin gezogen ist. Was der Vater dagegen unternehmen kann, erklärt die Juristin Miriam Deuble.

Umzug: Wenn die Ex-Frau mit dem Kind wegzieht
Die Ex-Frau zieht mit dem Kind weg: Was kann der Vater dagegen tun? Foto: Ryan McVay, Photodisc, Thinkstock

Meine Ex-Frau zieht mit unseren Söhnen ins Tessin, kann ich dagegen etwas unternehmen?

Bei unserer Scheidung wurde das Sorgerecht für unsere beiden Söhne, zehn und zwölf Jahre, meiner geschiedenen Frau zugesprochen. Da mir der Kontakt zu meinen Söhnen ausserordentlich wichtig ist, haben wir uns in unserer Scheidungskonvention auf ein Besuchsrecht an jedem zweitem Wochenende von Freitagabend bis Sonntagabend sowie an einem Abend pro Woche geeinigt. Dies wurde vom Gericht im Scheidungsurteil auch bestätigt.

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Mehr zum Thema Alleinerziehende gibt es unter www.einelternfamilie.ch

Meine Ex-Frau hat sich neu verliebt und ist nun Hals über Kopf und ohne mich zu informieren mit unseren Söhnen zu ihrem neuen Partner ins Tessin gezogen. Ich bin verärgert über ihren, für mich nicht nachvollziehbaren, Entscheid. Ich möchte nun wissen, ob das Vorgehen meiner Ex-Frau rechtens ist und ob ich allenfalls dagegen etwas unternehmen kann. Falls ich den weiten Weg ins Tessin in Kauf nehmen muss, kann ich wenigstens die Reisespesen von der Unterhaltszahlung in Abzug bringen? Besten Dank für Ihre Antwort.

Hier antwortet die Expertin Miriam Deuble zum Thema: Ex-Frau zieht mit Kind weg

Miriam Deuble ist Juristin, Beauftragte Ehe, Partnerschaft, Familie der Reformierten Kirchen Bern - Jura- Solothurn.

Sehr geehrter Herr Z.

Ich kann gut nachvollziehen, dass der Entscheid Ihrer Ex-Frau, mit den Kinder ins Tessin zu ziehen, Sie verärgert. Umso mehr, da Sie den regelmässigen Kontakt zu Ihren beiden Söhnen pflegen. Zu Ihrer ersten Frage, ob Ihre geschiedene Ehefrau mit den Kindern ohne Ihre Einwilligung wegziehen darf, muss ich Ihnen leider sagen, dass sie das darf.

Die elterliche Sorge (obliegt in Ihrem Fall der Ex-Frau) umfasst alle Entscheidungen, welche für die Erziehung, die Vertretung und die Finanzen des minderjährigen Kindes zu treffen sind. Der/die Inhaber/in der elterlichen Sorge entscheidet über alle wichtigen Entscheidungen wie Wohnsitznahme, religiöse Erziehung, Ausbildung des Kindes usw. Sie haben zum Wohnsitzwechsel der Kinder ein Mitsprache- aber kein Mitentscheidungsrecht. Artikel 275a  im Zivilgesetzbuch (siehe Kasten) verankert ein umfassendes obligatorisches Informationsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils. Ihre Ex-Frau hätte Sie also vor einer so wichtigen Entscheidung wie der Wohnsitzverlegung ins Tessin rechtzeitig informieren wie auch anhören sollen. Die letzte Entscheidungsbefugnis bleibt bei Ihrer Ex-Frau.

Mehrkosten für das Besuchsrecht

Zu Ihrer Frage, wer die Mehrkosten zu tragen hat, gilt grundsätzlich, dass Kosten, welche in Verbindung mit dem Besuchsrecht entstehen, vom Besuchsberechtigten, also Ihnen, übernommen werden müssen. Sie dürfen diese Kosten auch nicht von der Alimente abziehen. Bei erheblichen Mehrkosten sind sich allerdings die Fachpersonen uneinig: Ein Teil der Fachpersonen befürwortet, dass derjenige, der die Mehrkosten verursacht diese zu übernehmen hat; der andere Teil lehnt diese Regelung ab. Aus meiner Sicht wäre in Ihrem Fall eine Aufteilung der entstanden Reisekosten gerecht.

Wie Sie mir geschrieben haben, war bei der Scheidung eine einvernehmliche Lösung per Scheidungskonvention zwischen Ihnen und Ihrer Ex-Frau möglich. Ich rate Ihnen mit Ihrer Ex-Frau ein klärendes Gespräch zu suchen, vielleicht finden Sie gemeinsam eine für beide Seiten tragfähige Lösung.

Das sagt Artikel 275a1 ZGB
1 Eltern ohne elterliche Sorge sollen über besondere Ereignisse im Leben des Kindes benachrichtigt und vor Entscheidungen, die für die Entwicklung des Kindes wichtig sind, angehört werden.
2 Sie können bei Drittpersonen, die an der Betreuung des Kindes beteiligt sind, wie namentlich bei Lehrkräften, Ärztinnen und Ärzten, in gleicher Weise wie der Inhaber der elterlichen Sorge Auskünfte über den Zustand und die Entwicklung des Kindes einholen.
3 Die Bestimmungen über die Schranken des persönlichen Verkehrs und die Zuständigkeit gelten sinngemäss.

 

Quelle: Erschienen in EinElternForum 2/2012, herausgegeben von: Schweizerischer Verband alleinerziehender Mütter und Väter SVAMV, Caritas Bern, Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn, Verein frabina Beratungsstelle für Frauen und binationale Paare. www.einelternforum.ch

Veröffentlicht im November 2012

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