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Rent a Rentner Schweiz: «Mieten Sie einen alten Sack!»

Keine Zeit um den Hund zu hüten oder im Garten zu arbeiten? Mieten Sie einen Rentner! Auf rentarentner.ch stellen schweizweit über 1700 Pensionäre ihr Können und ihre Erfahrung zur Verfügung. Familienleben hat mit Miet-Seniorin Denise Lambossy über liebenswerte Leihhunde und penible Gartenbesitzer gesprochen.

Rent a Rentner: Denise Lambossy hütet Hunde, Katzen und als Gesellschafterin
Rent a Rentner: Denise Lambossy ist von ihrer Tätigkeit als Miet-Rentnerin begeistert: «Man kann ein bisschen von all dem einsetzen, was man während des Lebens gelernt hat.»

Denise Lambossys Agenda ist gut gefüllt: Dogsitting, Briefkasten leeren, Blumen giessen, eine Dame zum Arzt begleiten und ein Haus entrümpeln. Seit 2009 ist die ehemalige Mitarbeiterin der South African Airways aus Winkel bei Zürich bei Rent a Rentner, einer Internet-Plattform für Senioren dabei. Unter dem selbstironischen Motto der Organisation «Mieten Sie einen alten Sack» können Pensionäre ihre Lebenserfahrung und Zuverlässigkeit in kleine Tätigkeiten einbringen. Für Denise Lambossy sind die vielfältigen Mini-Jobs für die User von Rent a Rentner nicht nur ein guter Nebenerwerb, sondern bringen ihr auch Freude und nette Kontakte.

Wie sind Sie dazu gekommen, bei Rent a Rentner mitzumachen?

Denise Lambossy: Im Frühjahr 2009 wurde ich pensioniert. Natürlich macht man sich dann Gedanken. Was kommt danach? Falle ich in ein Loch? Dann fand ich in der Post eine Reklame von Rent a Rentner. Das war genau das, was ich wollte: Hundesitting, Katzensitting, Menschen begleiten oder den Garten pflegen. Ich erstellte auf der Internet-Plattform ein Profil und meldete mich für viele Aktivitäten.

Und dann haben sich die ersten Kunden bei Ihnen gemeldet?

Rent a Rentner war zu dieser Zeit oft in der Presse vertreten. Die erste Kundin hat mich im Tages Anzeiger gesehen und gleich angerufen. Ich sollte für sie kochen, sie zum Arzt begleiten und einkaufen gehen. Sie ist gleich zu einer Stammkundin geworden und dann auch zu einer Freundin.

Was macht Ihnen an der Arbeit als Miet-Rentnerin besonders Spass?

Die Arbeit mit Hunden. Ich habe selbst jahrelang Hunde gehalten. Gerade hüte ich eine Hündin namens Dalmina. Sie freut sich immer riesig, wenn sie kommen darf und bei ihr zu Hause gehöre ich auch schon zur Familie. Wenn ich einen Hund hüte, stelle ich meinen ganzen Tagesablauf auf ihn ein.

Haben Sie manchmal auch mehrere Jobs gleichzeitig?

Beim Dogsitting mache ich das nicht. Es ist zwar schön, wenn ich zur Rente einen Nebenverdienst habe, aber wichtiger ist das Wohl der Hunde. Ich betreue also nur einen gleichzeitig. Mir ist es auch wichtig, die Kunden fair zu behandeln. Meistens sind sie berufstätig und wollen den Hund nicht den ganzen Tag alleine lassen.

Sie arbeiten auch als Gesellschafterin. Was machen Sie da?

Ich fahre zum Beispiel zu einer 90-jährigen Dame, mit der ich mich sehr gut unterhalten kann. Wir räumen das Haus auf, gehen zum Arzt und machen den Haushalt. Wichtig ist es, auf der gleichen Augenhöhe und möglichst natürlich zu sein.

Sie kommen also ähnlich wie eine Freundin ins Haus. Fühlt es sich nicht merkwürdig an, dafür bezahlt zu werden?

Die Leute, die mich engagieren, die wollen etwas bezahlen. Sie finden Rent a Rentner ideal, weil die Hemmschwelle niedriger ist, jemanden um Hilfe zu fragen. Wenn sie mich nicht mehr brauchen, können wir das Arbeitsverhältnis leichter auflösen. Denn wenn ich das nur auf der privaten und freiwilligen Basis machen würde, wäre es komplizierter: Wie kann ich es einer Person sagen, dass ich eigentlich jetzt nicht mehr kommen möchte, ohne sie zu verletzen?

Welche Eigenschaften braucht ein Miet-Rentner?

Zuverlässigkeit und soziales Feingefühl. Man kann ein bisschen von all dem einsetzen, was man während des Lebens gelernt hat. Ich schätze das Zwischenmenschliche sehr. Es widerstrebt mir auch Aufträge abzusagen: Wenn ich einen Auftrag bei Rent a Rentner habe, dann halte ich mich auch an die Abmachungen. Ich kann mir aber meine Arbeitszeiten frei einteilen und das ist es, was mir besonders gefällt.

Rent a Rentner: Denise Lambossy und Hündin Dalmina
Hündin Dalmina war eine von Denise Lambossis ersten «Kundinnen».

In Ihrem Profil auf Rent a Rentner stehen auch Tätigkeiten wie Briefkasten leeren, Blumengiessen oder Haus hüten. Sind das nicht Tätigkeiten, die man eher an Freunde, Verwandte oder Nachbarn delegiert?

Die Menschen, die mich beauftragen, haben solche Helfer manchmal nicht mehr. Sie wollen ausserdem jemanden, auf den sie zählen können. Freiwillige Helfer lassen die Pflanzen vielleicht vertrocknen oder überwässern alles.

Die Kunden müssen Ihnen ja sehr vertrauen.

Das beste Kompliment ist immer, wenn sie sagen: «Genauso hätte ich das auch gemacht.» Ich sage generell keinen Kunden zu, die ich noch nicht kennen gelernt habe. Wir müssen ein Vertrauensverhältnis aufbauen.

Was war der merkwürdigste Auftrag, den Sie je hatten?

Das war bei der Gartenarbeit. Ich mache die Dinge da gerne so, wie ich es auch in meinem Garten tun würde. Ich habe bei einer Frau den Schrebergarten gejätet. Wir konnten uns aber nicht darauf einigen, was Unkraut ist und was nicht. Danach hat sie mir sehr plötzlich gekündigt. Danach habe ich das Jäten in meinem Profil auf Rent a Rentner rausgenommen und bin zufrieden mit dieser Entscheidung.

Wie funktioniert die Homepage von Rent a Rentner?

Man kann sich kostenlos anmelden, die Tätigkeiten ankreuzen, die man machen möchte und Details über sich schreiben. Ich nutze die Ambassador-Mitgliedschaft, die pro Monat 14 Franken kostet. Dafür darf ich mehr Fotos einstellen und mehr Details über meinen Werdegang angeben. Auf der neuen Homepage kann man jetzt auch eine Grossmutter adoptieren. Das ist aber nichts für mich, da ich selbst keine Kinder habe.

Auf Rent a Rentner kann man die einzelnen Miet-Rentner bewerten. Wie finden Sie das?

Ich finde es nicht schlecht. Ich habe meine Kundin vom Dogsitting sogar gefragt, ob sie mich nicht mal bewertet. Am liebsten hat man natürlich positive Kritik. Um negative Kritik zu vermeiden, treffe ich die potentiellen Kunden ja auch vorab. Da spüre ich schon, ob man sich sympathisch ist. Eine viel bessere Werbung ist aber die Mund-zu-Mund-Propaganda.

Rent a Rentner

Die Internetplattform rentarentner.ch existiert in der Schweiz seit 2009 und hat derzeit 1763 Mitglieder. Pensionäre können hier Dienstleistungen in den verschiedensten Bereichen anbieten: Büro, Garten, Fahrdienst, Kinder-, Tier- und Haushüten, Pflege oder Sport. Unter dem selbstironischen Motto «Mieten Sie einen alten Sack» können Privatpersonen einen Rentner in ihrer Nähe auf der Plattform finden und anfragen. Die Grundfunktionen sind für Anbieter und Mieter kostenlos. 

Text und Bilder: Michèle Graf.

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