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Tipps für eine glückliche Beziehung

Kann man das Gelingen einer Partnerschaft planen? Ja, sagen die einen, sicher. Sicher nicht, sagen die anderen. Klappt eine Beziehung dank genügend Freiraum für Zufälle oder dank guter Planung? Was hält Paare zusammen, was führt zu einer Trennung? familienleben.ch hat nachgefragt.

In der Parnterschaft müssen Planung und Freiraum beide ihr richtiges Mass finden, damit eine Beziehung funktioniert
Planung? Freiraum? Auch in einer Partnerschaft darf jeder sein eigenes Mass haben. Foto: Creatas, Thinkstock

Christoph und Andrea* sind seit vier Jahren ein Liebespaar. Beide sind Profisportler, beide profitieren voneinander. «Ich kann es mir nicht leisten, Energie in die Beziehungsarbeit zu verschwenden,» sagt er. Sie seien in die Beziehung hineingewachsen, er glaube nicht an eine Liebe auf den ersten Blick. Christoph sieht in der Verbindung mit Andrea nur Vorteile, für beide kommen Training und Wettkämpfe an erster Stelle. Da verstehen sie sich, trainieren aber selten gemeinsam. Gemeinsame Zeiten müssen sie lange voraus planen. «Wir besprechen unseren Terminkalender fast ein Jahr hinaus,» sagt Andrea. Trotz pragmatischem und durchstrukturiertem Alltag in der Agglomeration von Bern sind beide zufrieden – es sei ein schöner Lebensabschnitt jetzt.

Fitness-Programm für die Liebe

Für Psychologen ist die Beziehung zwischen Christoph und Andrea fast schon ideal. Denn sie haben erforscht: Attraktion hilft nur am Anfang der Beziehung. Soll die Partnerschaft sich als dauerhaft erweisen, braucht es vor allem einen ähnlichen Lebensstil. «Eine Partnerschaft ohne Gemeinsamkeiten, die über das Körperliche hinausgehen, kann nicht funktionieren,» meint Roland, 63, nach 25 Jahren Ehe geschieden, aus eigener Erfahrung.

Am Anfang einer Beziehung glauben zwar viele, dass ihre Liebe ewig dauert. Doch die starke Anziehung ist nur dazu da, zwei Menschen zueinander zu bringen und verpufft meist nach einigen Wochen. Für das Zusammenbleiben ist entscheidend, wie die beiden Menschen lieben – wie sie sich mit ihrer Einstellung zur Liebe beschäftigen, ihre Erwartungen aussprechen und diskutieren. «Alle Liebesstile, die eine längerfristige Beziehung anstreben, sind geprägt von Engagement für den Partner», weiss der Psychologieprofessor und Familienforscher Guy Bodenmann. Gegenüber dem Sonntagsblick sagt er: «Damit das Engagement im Alltag nicht erstirbt, müssen Paare so etwas wie ein Fitnessprogramm für die Liebe absolvieren; Liebe braucht genauso Pflege wie unser Körper.»

Liebe ist die wichtigste Ressource im Leben. Von Liebe kann man nie genug haben. Deshalb strebt auch in der Hochkonjunktur des Individualismus die Mehrzahl der Menschen nach einer lebenslangen Beziehung, nach einer Familie. Liebe ist aber mehr als Zufall. Guy Bodenmann ist aufgrund seiner Erfahrung überzeugt, dass Liebe kein günstiges oder katastrophales Schicksal ist. Liebe kann durch Engagement beeinflusst werden. Ähnlich wie beim Bankkonto gilt die Devise: Erst einzahlen, dann abheben. Das, was man einzahlen muss, ist Zuwendung, Interesse am Partner. «Du musst immer darauf achten, dass es dem anderen besser geht als ohne dich. Und im besten Fall tun das beide gleichzeitig,» verrät die Bestsellerautorin Ildiko von Kürthy das Erfolgsrezept im Spiegel.

Früher fusionierten die Menschen aus praktischen Erwägungen –planten Besitz, Erbschaft, Arbeitskraft –, waren nett zueinander und rauften sich zusammen. Die Paarbeziehung war ein Zweckbund. Erst mit dem Aufkommen der Romantik wurde die Liebe verklärt – und heute zeugt eine riesige Unterhaltungsindustrie von unserer tiefen Sehnsucht nach eben dieser romantischen Liebe. Um 1900 hatte das bürgerliche Liebesleben-Ideal von «glücklich verheiratet auf immer und ewig» Hochkonjunktur. Auch heute sind diese Werte noch für viele heilig. Es folgten zwei Weltkriege, dann die Antibabypille. In der Folge verdreifachte sich zwischen 1960 und 1980 die Scheidungsrate, heute wird fast jede zweite Ehe geschieden. Entscheidend für diese Entwicklung ist auch die jeweilige Wirtschaftslage. Denn in wirtschaftlich schlechten Zeiten halten die Menschen zusammen und gründen Lebensgemeinschaften. Partnerschaften und Familie geben Halt und sparen Kosten. Wohl nicht von ungefähr halbiert gemeinsames Wohneigentum hierzulande die Scheidungshäufigkeit.

Ina und Terry* sind seit fünf Jahren ein Paar. Die deutsche Architektin und der Unternehmensberater aus Appenzell wohnen mit Seeblick in einem angesagten Quartier Zürichs. Die Doppelverdiener sind schon mehrmals um den ganzen Erdball gereist, waren in Japan, Dubai und auf den Malediven. Als Ina vor einem Jahr ihren Kinderwunsch äusserte, hätte dies fast das Ende bedeutet. Terry war nicht bereit, einen Abstrich vom hohen Lebensstandard zu machen. «Mir bedeutet das gemeinsame Reisen viel und ich stehe gerade in einer wichtigen beruflichen Phase. Mit Kindern könnte ich dies nicht mehr verwirklichen,» sagt der studierte Psychologe. Ina ist trotz ihres Kinderwunsches geblieben, arbeitet jetzt als rechte Hand eines Stararchitekten. Ihr Liebesleben sei intakt, aber weniger spontan als früher, meinen beide. Sie unternehmen viel gemeinsam und planen – kaum gelandet – schon ihre nächste Reise.

Wie Ina und Terry gibt es heute viele gut gebildete und verdienende Paare, die sich gegen Kinder entscheiden. Sie streben ihre Selbstverwirklichung zwar in einer stabilen Partnerschaft, aber ohne Kinder an. Von zentraler Bedeutung ist ihnen die berufliche Karriere. Männer, die stark berufsorientiert und an Fortkommen, Status und Finanzen interessiert sind, legen grossen Wert auf eine erfolgreiche Partnerin, die ihren Erfolg abrundet. Aber auch Frauen steht es gut an, bei der Karriereplanung einen Partner an der Seite zu haben, den man vorzeigen kann.

Ausflug mit der Familie - Paare müssen sich entscheiden, ob sie Kinder wollen oder nicht.
Nachwuchs - ja oder nein? Für viele Paare ist es eine schwierige Entscheidung.

Hochzeit und Kinder

In jeder Partnerschaft kommt wohl irgendwann der Zeitpunkt, wo Entscheide zum Thema Karriere und Familie anstehen. Und wenn ein Ja für den Nachwuchs fällt, geht es sofort darum, wann und wie viele Kinder es sein sollen. Viel Planungsarbeit und Geld kann hier investiert werden. Das Wort «Verzicht» erhält eine grosse Bedeutung, denn womöglich müssen liebgewordene Gewohnheiten und Hobbys verabschiedet werden. Wie dies bei Dirk und Katja* der Fall war. Sie kannten sich erst ein paar Wochen, dann wurde Katja schwanger. Ein Unfall. Anfangs nahmen die beiden den kleinen Jonas noch auf jede Party mit, bei der Dirk als DJ auflegte. Doch je älter und mobiler Jonas wurde, desto weniger war dies mehr möglich. Heute arbeitet der ehemalige Aussteiger wieder als Projektleiter für Personalabbau. Und Katja kümmert sich um die inzwischen zwei Kinder. «Eigentlich wollte ich nie wieder diesen Stress,» sagt Dirk, «aber ich bekam keine andere Berufschance und für meine Kinder tue ich alles.» Heute sieht Dirk seine Familie selten, seine Arbeit mit vielen unvorhersehbaren Zwischenfällen lässt ihm kaum mehr Freizeit. «Doch mit etwas Planung entwickelt es sich ganz gut, mein Projekt Familie», schmunzelt er müde.

Der Mensch ist nicht dazu gemacht, allein durchs Leben zu gehen. Doch kaum hat sich ein Paar gefunden, fangen frei nach Woody Allen die Probleme an, die man alleine nie gehabt hätte. Und noch mehr kommen mit Kindern dazu. «Jonas war nicht geplant, und Simona auch nicht», sagt Dirk. Beide Kinder haben sein und Katjas Leben, das zuvor ganz auf Vergnügen und Nachtleben ausgerichtet war, gründlich umgekrempelt. Katja hat sich vom verwöhnten Nesthäkchen zur zweifachen Mutter gemausert. Wie ist ihr Rezept für das Glücken ihrer Beziehung? «Wir haben es eben einfach genommen, wie es kommt und versuchen das Beste draus zu machen,» sagt sie. Oft hätten sie gestritten und sich auch zwei Mal kurz getrennt, aber die Bindung sei eben stärker gewesen. Ob es besser gelaufen wäre, wenn sie die Familie ordentlich geplant hätten? «Ich glaube,» sagt Dirk nach einer Pause, «hätten wir unsere Beziehung geplant, hätten wir uns weiterhin für das Vergnügen entschieden und Jonas und Simona wären nicht auf der Welt. Vielleicht wären wir nicht einmal mehr zusammen.»

Freiräume brauchen Planung

Ein Kind kann eine Partnerschaft festigen und sie zur Familie wachsen lassen. Laut dem Münchner Familienforscher Wassilios Fthenakis führt das erste Kind bei 80 Prozent der Partnerschaften aber auch zu einer Verschlechterung der Beziehung. Alltag, Haushalt, Kinder und Arbeit seien, so der Forscher, wahre Sexkiller. Sextaugliche Situationen lassen sich nicht erzwingen und oftmals auch nicht planen. Zwar halte eine intakte Beziehung Durststrecken in Sachen Sex aus. Kritisch wird es aber, wenn einer von beiden Ansprüche stellt und mehr will. «Als Paar solle man deshalb ein bisschen unverheiratet bleiben, Gewohnheit und Alltag dürfen nicht Überhand nehmen. Paare sorgen oft zu wenig für sich selbst, sie lassen sich auffressen von allen möglichen Pflichten und kommen der Pflicht nicht nach, auch für sich da zu sein,» verrät Paartherapeut Hans Jellouschek gegenüber Stern.

Es klingt paradox: In einer Partnerschaft müssen Freiräume für die Beziehung eingeplant werden. Damit der Raum da ist, in dem man immer wieder neu zueinander finden kann. Wenn sich über Jahre Einseitigkeiten eingespielt haben, ist das Öffnen eines solchen Raumes zwar schwieriger, aber nicht unmöglich. Immerhin bleiben zwei Drittel der Paare, die sich kurz vor einer Trennung einer Paartherapie unterziehen, zusammen.

Vor Krisen ist niemand gefeit. Ist sie aber einmal da, geht es darum, die Balance zwischen dem Engagement für den Beruf und die Familie wieder herzustellen. Diese Balance zwischen Autonomie und Bindung, zwischen Geben und Nehmen zwischen der beruflichen und der privaten Rolle muss wieder aufeinander abgestimmt werden. Das setzt miteinander sprechen und Toleranz voraus. Glücklich, wer dies zuvor schon geübt hat und beherrscht. Ihnen ergeht es nicht wie Sibylle und Peter*, elf Jahre verheiratet, zwei Kinder, heute geschieden. «Wir haben zu spät erkannt, dass jeder seine eigene Sicht von Ordnung und anderen Dingen haben darf. Als wir das merkten, war es zu spät, die Liebe schon tot,» sagt sie.

Das Recht auf Veränderung

Mit der Zeit verändern sich Menschen und dann ist Udating angesagt. Paare müssen ausreichend Zeit miteinander verbringen und sich gefühlsmässig und bezüglich ihrer (veränderten) Bedürfnisse austauschen. Gemeinsam verbrachte Zeit mit den Kindern genügt hierfür nicht, denn Kinder lenken von der Partnerschaft ab. Geschieht der Austausch nicht mehr, kultiviert man Missstände, weiss auch Psychologieprofessor Guy Bodenmann. Die Psychoarbeit am Küchentisch, der Kinderhütedienst, ausreichend Sex und geplante Freiräume als Erfolgsgaranten für glückliche Beziehungen? Eines ist jedenfalls sicher: Beziehungskiller Nummer eins ist Stress, denn unter Stress werden Begegnungen zwangsläufig oberflächlicher. Nur schon um dies zu vermeiden lohnt es sich, Freiräume regelmässig einzuplanen.

* Namen geändert

Einige Zahlen und Fakten

  • Mit einer Scheidungsrate von rund 52 Prozent – sie basiert auf dem Vergleich mit der Anzahl der Frischvermählten im selben Jahr (2008) – zählt die Schweiz zu den trennungsfreudigsten Nationen Europas. Die EU-Scheidungsrate lag 2005 bei 43 Prozent.
  • In Bern beliefen sich die Bruttoausgaben der von der öffentlichen Hand geleisteten Alimentenbevorschussungen und Überbrückungshilfen im Jahr 2003 auf brutto fast 40 Millionen Franken, in St. Gallen waren es 20, in Zürich rund 37 Millionen Franken.
  • 49.7 Prozent aller in der Schweiz geschlossenen Ehen sind binational. Schweizerin heiratet Ausländer: 20.8 Prozent, Schweizer heiratet Ausländerin: 22.4 Prozent, Ausländerin heiratet Ausländer: 6.5 Prozent.
  • Für eine Hochzeit wird in der Schweiz durchschnittlich ca. 20'000 Franken ausgegeben.
  • Psychiater und Paartherapeut Jürg Willi hat anhand der Aussagen von 400 krisengeplagten Probanden eruiert, was Paare auseinander treibt. Die Frauen werfen den Männern vor: Faulheit im Haushalt, Unnahbarkeit, verbale Verstocktheit, Unaufmerksamkeit, Egozentrik sowie Unehrlichkeit. Und dass sie Sex statt Zärtlichkeitsaustausch wollen. Die Männer beklagen bei den Frauen: zu viel Emotionalität, Kontrollsucht, Renitenz, den Drang zur Vereinnahmung des Gegenübers und mangelnde Mütterlichkeit.
  • Hauptsächliche Scheidungsgründe sind in der Schweiz: Unterschiedliche Entwicklung der Partner, unzureichende Kompetenzen zur Führung einer zufriedenstellenden Paarbeziehung und enttäuschte Erwartungen auf beiden Seiten.
  • Eine deutsche Analyse nach den Faktoren für das Zusammenbleiben gefragt: Schwangerschaft der Gattin, kirchliche Trauung und gemeinsame Freunde verringern das Scheidungsrisiko. Jugendliches Alter bei der Heirat, Stiefkinder in der Ehe, die Grossstadt als Wohnort erhöhen das Trennungsrisiko.
  • Gemeinsames Wohneigentum halbiert in der Schweiz die Scheidungshäufigkeit.
  • Vor zehn Jahren hatten Paartherapeuten in der Schweiz viel zu tun. Ein Drittel der in Krisenehen lebenden Paare nahm ihre Dienste in Anspruch. Heute verzichten 90 Prozent der Trennungswilligen darauf.
  • Familienforscher Guy Bodenmann untersuchte die Zufriedenheit von Schweizer Ehepaaren aller sozialen Schichten und Alterskategorien. Von 2235 befragten Personen waren knapp 30 Prozent mit ihrer Beziehung «gar nicht zufrieden» bis «ziemlich zufrieden». 70 Prozent waren glücklich verheiratet. Kommentar des Experten: «Die Partnerschaft wird effektiv so positiv gesehen, weil man sich mit der Realität abgefunden hat.»

von Kathrin Fischer 

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