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Warum vegane Ernährung Kinder krank machen kann

Vegane Ernährung ist gut für die Tiere und die Umwelt. Aber ist sie auch für Kinder im Wachstum geeignet? Ernährungsexperten warnen vor Nährstoffmangel. Mit einem durchdachten Enährungsplan lassen sich aber gesundheitliche Risiken minimieren.

Vegane Ernährung von Kindern: Eltern brauchen sehr gute Kenntnisse
Erfahren Sie, wie gesund eine vegane Ernährung für Kinder wirklich ist. Foto: iStock

Immer mehr Männer und Frauen wollen ein Zeichen gegen Massentierhaltung setzen und sich gesund ernähren. Sie entscheiden sich für eine vegane Ernährung und erziehen häufig auch ihre Kinder zu Veganern.

 Bei einer veganen Ernährung wird komplett auf tierische Produkte verzichtet. Wer sich vegan ernährt, isst nicht nur kein Fleisch oder keinen Fisch, sondern unter anderem auch keinen Käse, keinen Quark und keine Milch. Die Folge ist nicht nur, dass die Kinder in der Regel kein Stück vom Geburtstagskuchen bei der Party von Schulkollegen essen können, sondern auch ein erhöhtes Risiko für Nährstoffmangel mitten im Wachstum.

Kinder vegan zu ernähren kann gefährlich sein

Die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) rät dringend von veganer Ernährung von Kindern ab. «Es besteht ein erhöhtes Risiko für einen Mangel an beispielsweise Eisen, Calcium, Jod, Vitamin D und Vitamin B12», erklärt die dipl. Ernährungsberaterin HF Steffi Schlüchter, Leiterin Nutrinfo und Medienservice. Diese Art Nährstoffmangel kann zu Störungen der Blutbildung durch zu wenig Vitamin B12, Wachstumsverzögerung durch Energie-Protein-Mangelernährung und teilweise irreversible neurologische Störungen wie mentale Entwicklungsverzögerungen durch eine Unterversorgung mit Vitamin B12 und Jod sein.

«Zwar haben Erfahrungen gezeigt, dass gesunde Erwachsene, die sich bewusst, ausgewogen und abwechslungsreich vegan ernähren, durchaus ihren Nährstoffbedarf decken können», so Steffi Schlüchter. «Doch für spezielle Bevölkerungsgruppen wie zum Beispiel Kinder ist diese Ernährungsform nicht zu empfehlen.»

Die Entwicklung in den ersten Lebensjahren stellt besondere Anforderungen an die Energie- und Nährstoffversorgung

Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) argumentiert nach Auswertung verschiedener Studien gegen eine vegane Ernährung von Kindern. «Die Zeit des Wachstums und der Entwicklung in den ersten Lebensjahren stellt besondere Anforderungen an die Energie- und Nährstoffversorgung», informiert die DGE. «Je stärker die Lebensmittelauswahl eingeschränkt wird und je weniger abwechslungsreich die Ernährung ist, desto grösser ist die Gefahr eines Nährstoffmangels.»

Um das Risiko für Nährstoffdefizite für Kinder so gering wie möglich zu halten, empfiehlt die DGE eine Ernährung, die alle im Ernährungskreis aufgeführten Lebensmittelgruppen einschliesst: Getreide, Getreideprodukte und Kartoffeln, Gemüse und Salat, Milch und Milchprodukte, Fleisch, Wurst, Fisch und Eier, Öle, Fette und Getränke.

Vegane Ernährung beugt Herz-Kreislauf-Krankheiten vor

Eine andere Meinung vertritt die Vegane Gesellschaft Schweiz. Sie betont die Vorteile einer veganen Ernährung von Kindern: So hätten Studien ergeben, dass Jugendliche, die sich vegan ernähren, ein geringeres Risiko haben, später Herz-Kreislauf-Krankheiten zu entwickeln. Darüber hinaus verweist sie auf ein Positionspapier der «American Dietetic Association». «Gut geplante vegetarische Ernährungsformen, einschliesslich komplett vegetarischer oder veganer Ernährungsformen, sind gesund und ernährungsphysiologisch bedarfsgerecht und bieten gesundheitliche Vorteile in der Prävention und der Behandlung bestimmter Krankheiten», heisst es darin. Gut geplante vegetarische Ernährungsformen seien für Menschen aller Lebensphasen geeignet, einschliesslich Schwangere, Stillende, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche sowie Sportler.

Vegane Ernährung ist kompliziert, aber möglich

«Wie sind diese verschiedenen Meinungen zu bewerten?» fragen sich Eltern, die sich über die Vor- und Nachteile einer veganen Ernährung ihrer Kinder informieren. In der Sache liegen die Experten gar nicht weit auseinander, wie folgende Zitate zeigen.

«Bei vegan ernährten Kindern sind spezielle Kenntnisse der Lebensmittelauswahl und -zubereitung bzw. die Sicherstellung der Versorgung durch angereicherte Lebensmittel oder Supplemente erforderlich.»
(Deutsche Gesellschaft für Ernährung)

Ohne Nahrungsergänzungsmittel geht es nicht

«Viele vegan lebende Eltern möchten auch ihre Kinder rein pflanzlich ernähren. Dies erfordert ausreichendes Ernährungswissen – was unabhängig von der Ernährungsweise von Vorteil ist – und eine gut geplante Zusammenstellung der Kost.»
(Ernährungswissenschaftler Dr. Markus Keller, Leiter des Instituts für alternative und nachhaltige Ernährung (IFANE) und Leiter der Abteilung Wissenschaft und Forschung beim Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung e.V. (UGB)

Unterschiedlich aber sind die Schlussfolgerungen. Während die DGE aufgrund der komplexen Materie eine vegane Ernährung von Kindern ablehnt, hält sie Markus Keller nicht nur für machbar, sondern auch für sinnvoll, wenn auch mit einer Einschränkung: «Eltern sollten sich von einer kompetenten Ernährungsfachkraft beraten lassen, um eine optimale Nährstoffversorgung ihres Kindes sicherzustellen und mögliche Mängel zu vermeiden», rät er.

Vegane Ernährung von Kindern: Darauf sollten Eltern achten

  • Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 sollte durch angereicherte Lebensmittel und/oder Supplemente sichergestellt werden. Eine regelmässige Überprüfung des Vitamin B12-Status ist empfehlenswert; mindestens einmal pro Jahr sollten die Blutwerte von Vitamin B12, Holo-Transcobalamin und Homocystein gemessen werden.
  • Während der Stillzeit und in allen Kindheitsphasen sollte auf eine ausreichende Zufuhr von Nahrungsenergie und Protein sowie der potentiell kritischen Nährstoffe Eisen, Zink, Kalzium, Jod, Vitamin B2 und Omega-3-Fettsäuren geachtet werden. Empfehlenswert ist die Verwendung von Nährstoff-Tabellen. Sie zeigen, in welchen Lebensmitteln die relevanten Nährstoffe besonders reichlich vorkommen.
  • Die Versorgung mit Vitamin D sollte – unabhängig von der Ernährungsweise – in den sonnenreichen Monaten durch regelmässige Aufenthalte im Freien und im Winter, etwa von Oktober bis März, durch Supplementierung sichergestellt werden.
  • Bei allen potentiell kritischen Nährstoffen ist es sinnvoll, die Versorgung durch Messung geeigneter Blutwerte mindestens einmal pro Jahr überprüfen zu lassen.

Quelle: Artikel «Vegane Kinderernährung» von Markus Keller

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