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«Das brauch ich noch!»: Strategien fürs Ausmisten im Kinderzimmer

 Kleine Kinder können sich oft schwer von scheinbar nutzlosen Dingen zu trennen. Dürfen Eltern den Ballast heimlich aussortieren? Tipps fürs Ausmisten im Kinderzimmer.

Das Kinderzimmer ganz leicht entrümpeln
Bevor das Kinderzimmer im CHoas versinkt, sollten Eltern und Kinder gemeinsam ausmisten. Bild: Markus Spieske - Unsplash

Billige Verschenk-Artikel einer Fastfood-Kette, Give-aways von Kindergeburtstagen, Bastelarbeiten, ein schlapper Gas-Luftballon, Hefte und Bücher vom letzten Schuljahr, Stöcke aus dem Wald, Steine vom Fluss, ausrangierte Dinge von Grosis Estrich, der alte Brummkreisel: Im Kinderzimmer häufen sich schnell viele Dinge an. Spätestens, wenn die Schränke überquellen, und sich die Spielsachen auf dem Boden ausbreiten, so dass kaum noch Platz zum Spielen bleibt, denken Eltern ans Ausmisten. Aber das ist mit Kindern gar nicht so einfach: «Das brauchst du nicht mehr», «Damit spielst du doch gar nicht», «Das liegt doch nur rum!» finden die Eltern, während Kinder oft fest davon überzeugt sind, dass sie genau all diesen Krimskrams unbedingt noch brauchen.

Kinder haben in der Regel wenig Lust, aufzuräumen und auszusortieren, weil sie den Nutzen der Aktion noch nicht sehen. Erwachsene dagegen gehen eher motiviert ans Werk – sie freuen sich auf die Ordnung, die sie schaffen. Aber warum Kinder grundsätzlich nicht gerne entrümpeln, hat meist nichts mit Faulheit zu tun: Das Herz vieler Kinder hängt an den scheinbar nutzlos Dingen, die sich im Kinderzimmer anhäufen.

Warum sich Kinder schwer von Dingen trennen können

Kinder identifizieren sich mit den Dingen, die sie gebastelt haben, mit den Heften, die sie beschrieben haben, mit den Geschenken, über die sie sich gefreut haben. Dinge, an denen ein Kind hängt, vermitteln Geborgenheit im Kinderzimmer. Der Gedanke, etwas abzugeben oder wegzuwerfen, ist für viele Kinder deshalb unerträglich, weil sie das Gefühl haben, dieses Ding sei ein Teil von ihnen selbst. Diese Phase ist besonders akut im zweiten und dritten Lebensjahr.

«Den grossen Stein aus dem Kinderzimmer verbannen und in den Garten legen? Dann ist er doch sicher traurig!» Vor allem Mädchen tun sich schwer, sich von Dingen zu trennen – und loszulassen. Denn sie neigen dazu,  Gegenständen eine Seele zu geben. Solche Einstellungen zeugen durchaus von Einfühlungsvermögen. Aus diesem Grund fällt es Kindern auch schwer, das Baby-Spielzeug oder den alten Roller zu verschenken. Mit Geiz oder «Haben-wollen» hat das wenig zu tun.

Dürfen Eltern das Kinderzimmer heimlich ausmisten?

Doch das Kinderzimmer so überfüllt zu lassen, wie es ist, ist auch keine Lösung. So lässt sich weder spielen noch Ordnung halten und saubermachen. Der Gedanke immer mal wieder etwas scheinbar Unntützes heimlich wegzuwerfen oder zu verschenken liegt Eltern nahe. Aufräumcoach Karin Schrag sieht das grundsätzlich ganz anders. Im Bieler Tagblatt rät sie: «Nie ungefragt etwas wegwerfen! Denn Sachen, die in unseren Augen wertlos sind, können für Kinder sehr wertvoll sein» Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas wirklich Wichtiges weggeworfen wurde, sei hoch. Der Schnipsel auf dem Schreibtisch scheint vielleicht schon lange unbeachtet, doch kann er einen hohen Wert für das Kind haben. Und selbst Dinge, die ein Kind lange Zeit vergessen hatte, kommen ihm vielleicht gerade in den Sinn, wenn sie entsorgt wurden. Das ist peinlich für die Eltern, die mit dem Entrümpeln einen Vertrauensbruch begangen haben. Mit diesen Tipps gelingt es besser.

Faire Lösungen für mehr Ordnung im Kinderzimmer

1 «Wir misten aus!»

Eltern sollten eine klare Ansage machen: Das im Kinderzimmer mehr Ordnung geschaffen werden soll und dass deshalb einige Dinge aussortiert werden müssen, ist nicht aushandelbar. Doch was im Kinderzimmer aussortiert wird, sollte das Kind mitbestimmen dürfen.

2 Ab in die Kiste

«Kaum etwas», lautet im schlimmsten Fall das Ergebnis der Aktion. Hier hilft folgende Strategie: Aussortierte Dinge werden nicht direkt weggeworfen, sondern erst mal eine Zeitlang aufgehoben – in einer Kiste in einem Schrank oder im Keller, wo sie wenig stören. Später, wenn das Kind sich leichter von Dingen trennen kann, ist immer noch Zeit, die Kiste zu durchstöbern und teilweise endgültig zu entsorgen.

3 Flohmarkt

Viele ältere Kinder haben Lust, sich auf dem Flohmarkt als Verkäufer zu versuchen. Steht der Flohmarkt-Termin fest, wird das Kind von ganz allein das Kinderzimmer nach Dingen durchforsten, die es nicht mehr braucht.

4 In kleinen Schritten

Wer gleich das ganze Kinderzimmer aufräumen will, nimmt sich zu viel vor. «Ausmisten mit Kindern dauert meistens länger als man denkt, zudem werden Kinder von Erwachsenen oft überfordert», so Karin Schrag. Besser ist es, beim Entrümpeln in kleinen Schritten vorzugehen. Heute ist das Regal dran, in ein paar Tagen erst der Schrank.

Spielerisch entrümpeln und aufräumen: 5 Ideen

1 Ab ins Spielzeuggefängnis

Wenn Spielzeug herumliegt und Sie es finden, stecken Sie es ins Spielzeug-Gefängnis. Das kann ein Korb oder eine Kiste sein. Hier muss es drin bleiben, bis es das Kind mit einem Bon wieder freikauft. Jeder Bon ist mit einer Tätigkeit verknüpft. Zum Beispiel: «Kleider aufhängen», «Schuhe putzen», «Bettdecke abziehen». Spielzeug, das nicht vermisst wird, wird nach einer Weile weggegeben.

2 Farben-Spiel

Dieses Spiel funktioniert am Besten mit zwei Kindern. Sie rufen eine Farbe und jedes Kind rennt los. Alle Spielsachen, die diese Farbe haben, dürfen verstaut werden. Welches Kind hat zum Schluss mehr Spielsachen verräumt?

3 Stempelkarte

Jedes Mal wenn die Kinder von sich aus ohne Aufforderung aufräumen, bekommen sie einen Stempel. Wenn alle Stempel voll sind, dürfen Sie sich ein kleines Spielzeug im Laden aussuchen.

4 Tauschbox

Nach dem Aufräumen gehen Sie durchs Zimmer. Alles was noch herumliegt kommt in die Tauschbox. Alles was in der Box liegt dürfen die Kinder durch andere Spielsachen eintauschen. Nach einer gewissen Zeit, wird das Spielzeug aus der Box gespendet. So kann die Spielsachen-Flut etwas eingedämmt werden.

5 Ordnen mit Bild-Etiketten

Helfen Sie Ihrem Kind, indem Sie Boxen oder Schubladen mit witzigen Bildern «beschriften»: eine Kiste für Legos, eine für Puppen und so weiter. Wer weiss, wo seine Sachen hingehören, kann sie auch schneller verräumen. Sie können auch eine Resten-Kiste machen, in die alle Spielzeuge kommen, die Ihr Kind nicht aufräumen will. Die Kiste ersetzt so das berühmt berüchtigte Spielzeuglager unter dem Bett.

Auch wenn keiner dieser Tricks immer funktioniert, versuchen Sie nicht zu verzweifeln. Unordnung im Kinderzimmer ist normal und gehört zum Familienalltag.

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