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Der Spielplatz – Ein Reich, das den Kindern gehört

«Genau so sah unser Sandkasten aus. Oh, auf diesem Trülli wurde mir immer schlecht.» Fast jeder hatte seinen Lieblingsspielplatz gleich um die Ecke. Die Spielgeräte von damals sind weitgehend verschwunden. Doch, die neue Ausstellung in der Kunsthalle Zürich hat sie jetzt wieder hervorgeholt.

Der Lozziwurm: Ein Schweizer Spielplatz aus den 70ern
Der Lozziwurm aus den 70ern ist ein Schweizer Spielplatz mit Erfolgsgeschichte. Foto: Kunsthalle Zürich.

Wer die Ausstellung «The Playground Project» in der Kunsthalle Zürich betritt, wird gleich wieder zum Kind. Spielgeräte rufen in allen Erinnerungen und Emotionen hervor. Gabriela Burkhalter ist die Kuratorin und sie hat sich intensiv mit der Geschichte des Spielplatzes auseinandergesetzt. In vier Zeitabschnitten nimmt sie uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit.

Die Geburtstunde des Spielplatzes

Vor der Industrialisierung und dem Städtewachstum war die Natur der Spielplatz der meisten Kinder. In ländlichen Gegenden war der Wald stets in der Nähe und auf dem Bauernhof gab es viel Spannendes zu entdecken. Doch um 1900 waren bereits riesige Städte um die Fabriken entstanden. Die meisten Eltern arbeiteten den ganzen Tag. «Wohin mit den Kindern?», haben sich die Pädagogen jener Zeit gefragt. So entstanden erste Spielplätze mit Turnstangen. «Diese Spielplätze waren etwas lieblos gestaltet. Es ging darum, die Kinder zu platzieren und nicht um das Vergnügen. Bei den meisten Plätzen gab es eine Aufseherin, die für Ordnung sorgte.», sagt Gabriela Burkhalter.

Der Spielplatz als Ort des natürlichen Spiels

Parallel zu den eher sterilen Spielplätzen entstanden vor allem in Skandinavien neue Ideen. Man erinnerte sich an die ursprüngliche Spielumgebungen von Kindern: die Natur. Kinder sollten wieder mit Sand, Wasser und Steinen neue Erfahrungen machen. Die Rückkehr zum natürlichen Spiel war auch eine Antwort auf das Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Orientierungslosigkeit in den späten 40er- und 50er-Jahren führte zu Schulreformen. Die Bedürfnisse der Kinder wurden wieder wichtig und die Kreativität wurde gefördert. Sogenannte Spielskulpturen diktierten nicht mehr, was gespielt werden sollte. Die Fantasie der Kinder war gefragt. Burkhalter sagt dazu: «Bei diesen Skulpturen zeigt sich sehr schön, wie Kunst, Design und das Spiel der Kinder ineinander übergehen können. Neben diesen innovativen Spielplätzen blieben jedoch die meisten Plätze eher lieblos.»

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Aus Schrott einen eigenen Spielplatz bauen. Foto: Group Ludic, Kunsthalle Zürich

Do-It-Yourself: Der Spielplatz der 68er

Inspiriert von den Abenteuerspielplätzen aus Skandinavien machten sich engagierte Eltern der 60er- und 70er-Jahren auf, die Spielplätze ihrer Kinder selber zu bauen. Auch in den Spielgeräten spiegelte sich der neue Elan wieder. Es wurden Stecksysteme produziert, so dass jedes Gerät individuell zusammengebaut werden konnte. Die neu entwickelten Materialien und beschleunigten Herstellungsprozesse ermöglichten noch nie dagewesene Formen und Farben. Ein Paradebeispiel aus der Schweiz ist der Lozziwurm, der von Iwan Pestalozzi entworfen wurde. «Der Lozziwurm vereint Kunst und praktischen Nutzen. Kunststoff als Material war in den 70ern populär und so entsprach der Wurm dem Zeitgeist. Zudem konnte die Form des Wurms individuell bestimmt werden, so dass es sogar dreistöckige Lozziwürmer gab.» so Burkhalter. Heute sind die Würmer weitgehend aus den Wohnquartieren verschwunden. Das Material ist brüchig geworden und die Sicherheitsvorschriften verbieten kühne Formen des Wurms.

Der langweilige Spielplatz

In den 80er-Jahren kam es zu einer Krise der Kindheitsidee. Das Kind wurde immer mehr zum Konsumenten degradiert. Bis in die 00er-Jahre fand Burkhalter wenig Innovation auf den Spielplätzen. Dies hängt auch mit den immer strikteren Sicherheitsvorschriften zusammen. Die Sicherheit hat die Freiheit auf dem Spielplatz abgelöst. Ein Überbleibsel der alten Zeit, sind zum Beispiel die Robinson-Spielplätze. Dort wird nach wie vor gesägt, gehämmert, gewässert und gestaut.

Der ideale Spielplatz der Zukunft

Burkhalter sieht in den letzten Jahren wieder ein neues Interesse am Spielplatz aufkommen. Kinder sollen wieder an die frische Luft und sich bewegen. Der Spielplatz scheint der geeignete Ort dafür zu sein. «Ein Spielplatz sollte in erster Linie Herausforderungen für die Kinder aller Altersstufen bereithalten. Oft wird aus Sicherheitsgründen nur für die Kleinen gebaut. Das wichtigste an jedem Spielplatz sind jedoch die Kinder. Wo viele Kinder sind, entsteht auch ein spannendes Spiel, egal ob auf der Spielstrasse, auf dem Spielplatz oder im Wald.»

Der Lozziwurm ist den Kindern der 70er Jahre ein Begriff
Der altbekannte Lozziwurm erscheint in der Kunsthalle Zürich in neuem Glanz.

«The Playground Project» in der Kunsthalle Zürich

In der Ausstellung «The Playground Project», die vom 20. Februar bis am 15. Mai 2016 in der Kunsthalle Zürich stattfindet warten gleich drei Spielplätze auf die Kinder. Das zweite Geschoss ist mit einem Lozziwurm und alten Bänken aus den 70ern ausgestattet. Weiter gibt es erweiterbare Seilstrukturen und Schwungseile für kletterfreudige Kinder.

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