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Acht Kinder und Karriere: Die Tricks von Marianne Botta

Marianne Botta ist eine der gefragtesten Expertinnen zum Thema Kinderernährung. Die studierte Lebensmittelingenieurin hält viele Vorträge, schreibt Zeitungsartikel und Bücher – und hat acht Kinder! Wie schafft sie das? Ein Porträt.

Marianne Botta mit einem Teil ihrer Kinder
Hat dank ihrer Selbständigkeit viel Spielraum, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen: Marianne Botta. (Bild: Sandra Ardizzone/Aargauer Zeitung)

«Wenn diir eifach es Multivitaminpräparaat iiwärfet, nützt das nüüt». Marianne Botta steht im Halbdunkeln am Lehrerpult eines Klassenzimmers. Neben ihr auf einer Leinwand leuchten nebeneinander zwei Fotos von Tellern mit einem Stück Fleisch, Bratkartoffeln und Broccoli in unterschiedlicher Portionierung darauf. In schwarzen Jeans, weisser Bluse und hochhackigen Stiefeln hält die 49-Jährige in schönstem Berndeutsch gerade vor fünfzehn Frauen und Männern einen Vortrag zum Thema «Brain Food».

Danach, als die letzten Eltern zum Zimmer hinaus sind, greift sie sogleich zum iPhone, liest, lacht auf und sagt «Alles in Ordnung daheim.» Während sie heute Samstag am Elternbildungstag in Aarau doziert, schmeisst ihr Mann daheim in Ittigen den Haushalt und die Betreuung der Kinder. Acht sind es an der Zahl, die vier jüngeren wohnen in der Wohnung der Eltern, die älteren vier als Wohngemeinschaft in einer Wohnung nebendran.

«Ich fühlte mich in der Mutterrolle nicht wohl»

Als Marianne Botta und ihr Mann vor 25 Jahren heirateten, träumten weder er noch sie von einer Familie. Im Gegenteil. «Ich konnte überhaupt nichts mit Kindern anfangen», erzählt Botta nach dem Vortrag, am Lehrerpult sitzend. Doch dann sei sie ungeplant schwanger geworden.

«Ich blickte mit mulmigen Gefühlen der Zukunft entgegen. In den ersten zwei Wochen nach der Geburt fühlte ich mich überhaupt nicht wohl. Doch meine Mutter war bei mir und überzeugte mich, dass ich für dieses Kind die beste Mutter der Welt bin.» Bald war sie parat fürs nächste Kind. Dann fürs nächste. Und noch eines.

Eine beeindruckende Schuhsammlung einer Grossfamilie
Das Leben mit acht Kindern erfordert eine gute Organisation: Auch bei den Schuhen muss Ordnung herrschen. (Bild: Martin Poole/DigitalVision, Thinkstock)

Erst als vor acht Jahren nach vier Jungen und drei Mädchen noch das vierte Mädchen zur Welt kam fand sie: Jetzt ist genug. Sie sagt: «Es ist einfach schön, viele Kinder zu haben! Ich habe gerne ein volles Haus und viele Menschen am Esstisch.» Und die Arbeit habe sich nicht einfach verachtfacht, es sei mit jedem Kind sogar etwas leichter geworden, da die Kinder jemanden zum Spielen hatten und die Grossen oft den Kleinen ein Vorbild waren.

Tipps zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie

  • Machen Sie Pläne: Obwohl mit Kindern oft alles anders kommt, raten Experten, sich schon vor der Geburt Gedanken zu machen, wer wie viel arbeitet und wie die Kinder betreut werden sollen.
  • Netzwerke schaffen: Wer gut vernetzt ist, hat es leichter, nach der Geburt eines Kindes an frühere berufliche Erfolge anzuknüpfen.
  • To Do-Listen: Wer anstehende Aufgaben aufschreibt, hat im Kopf mehr Kapazität für anderes frei und befreit sich damit gleichzeitig von einem Stressfaktor.
  • Arbeit teilen: Wenn beide Partner berufstätig sind, ist eine klare Arbeitsteilung zu Hause notwendig. Oft lohnt es sich, Arbeiten fix zuzuteilen. Bleiben Sie aber dennoch flexibel, Ämtli des Partners kurzfristig abzutauschen.

Selbständigkeit als Schlüssel zum Erfolg

Nur am Herd im trauten Heim zu stehen, kam für Botta nie in Frage. Nach dem Studium zur Lebensmittelingenieurin ETH hatte sie sich auf Ernährungswissenschaften spezialisiert, später zur Fitnessinstruktorin mit zahlreichen weiteren Sportausbildungen weitergebildet. Dadurch konnte sie sich selbständig machen und meistens von daheim aus arbeiten. Als Fachjournalistin zum Thema Ernährung, Buchautorin, Kursleiterin und Personal Coach.

Die Morgenstunden sind fix für ihre Erwerbsarbeit reserviert, und auch nachmittags erledigt sie oftmals Telefonate, wenn diese notwendig sind. Jeden Mittag kocht sie für die Kinder, natürlich alles frisch. Eine gesunde Ernährung ist ihr enorm wichtig, ein Bewusstsein, das sie von ihrer Mutter erbte, die wie sie eine leidenschaftliche Köchin ist.

«Elternschaft ist nicht nur Privatsache»

Sie sagt: «Ich habe Glück, dass ich meinen Beruf, der auch meine Leidenschaft ist, so selbständig einteilen kann. Als Angestellte wäre es viel schwieriger, Job und Kinder unter einen Hut zu kriegen.» Ihr Mann, der lange Arbeitstage hat, kann nicht einfach mal früher aus einer Sitzung kommen oder einige Tage daheim bleiben, wenn ein Kind nach dem anderen die Magen-Darm-Grippe bekommt.

Ein Punkt, den Marianne Botta massiv verbesserungsfähig findet: «Die meisten Arbeitgeber erwarten ständige Verfügbarkeit.» Elternschaft werde einfach als Privatsache betrachtet. Als sei Haushalt und Familie etwas, das man als eine Art Hobby betreibe. «Es braucht eine viel grössere Toleranz gegenüber dem Familienleben.»

Eine Grossfamilie geniesst die gemeinsame Zeit in den Ferien
Ein Luxusgut, das sich Familie Botta nur selten gönnt: Ferien mit der Grossfamilie. (Bild: Design Pics/Thinkstock)

Klare Arbeitsteilung – und Unterstützung von aussen

Als die Kinder morgens noch daheim waren, halfen in der Kinderbetreuung Bottas Vater und eine Nanny, die nach Bedarf einsprang. Bis vor zwei Jahren wohnte die Familie in einem kleinen Dorf auf dem Land, das dazumal weder einen Mittagstisch noch eine Kinderkrippe hatte. Bottas Mann arbeitete immer Vollzeit.

Ohne diese Arbeitsteilung wäre das Grossfamilienleben nicht möglich. Trotzdem bleibt das Budget sehr eng, vor allem seit die zwei Ältesten studieren. Die Kinder haben nicht alle ein eigenes Zimmer. Ferien macht die Familie selten, und wenn, dann immer nur ein Elternteil mit der Hälfte der Kinder – Reisetickets und eine Ferienwohnung für so viele Personen würden viel zu viel kosten. «Erholung holen wir uns wir uns einfach im Alltag», sagt Botta. «Ich gehe jeden Nachmittag mit den Kindern raus.»

Grossfamilie stellt Beziehung auf die Probe

Die Kinderphase ist für viele Paare eine Belastungsprobe – auch für die Ernährungsexpertin und ihren Mann. Sie sagt: «Auch wir hatten Krisen. Aber wir schafften es, immer im Gespräch zu bleiben und wieder zueinander zu finden.» Bewusst pflegen sie den Moment zu zweit.

Marianne Botta reist wegen ihren Vorträgen viel im Zug
Marianne Botta reist wegen ihren Vorträgen viel im Zug. Oft begleitet ihr Mann sie auf den Reisen, um Zeit für sich als Paar zu haben. (Bild: ViktorCap/iStock, Thinkstock)

So begleitet Bottas Mann sie abends oder am Wochenende oft zu Vorträgen, dadurch haben sie unterwegs Zeit zum Reden. Auch nach Aarau kam ihr Mann gestern Abend mit. Sie übernachteten im Hotel, am Morgen fuhr er heim zu den Kindern. Und heute nimmt sich die achtfache Mutter zusätzliche Zeit für sich heraus. Freunde haben sie ans Konzert von Helene Fischer im Hallenstadion eingeladen. Während sie sich die Jacke überstreift, sagt sie: «Das ist eine nette Einladung und ich freue mich. Auch wenn ich selbst lieber ‹Die Toten Hosen› höre.»

Paartipps für Eltern

  • Nehmen Sie sich Zeit: Gerade Eltern müssen sich bewusst Freiräume schaffen. Psychologin Caroline Fux rät, pro Woche 45 Minuten einzuplanen, wo man einfach miteinander redet (kein Handy, kein TV, keine Arbeit).
  • Den Sex planen: Es klingt unromantisch, doch wer die Sexualität nur dem Zufall überlässt, läuft Gefahr, dass sich immer seltener Gelegenheiten dafür ergeben. Denn mit Kindern kommt oft Unvorhergesehenes dazwischen.
  • Lassen Sie sich nicht stressen: Stress ist einer der Hauptfaktoren für eine Trennung. Beziehungsexperte Guy Bodenmann rät, die Erwartungen an sich selbst zu reduzieren, um Stress zu reduzieren.

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