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Väter sind auch nur Eltern

«Toll, dass das Mami mit dir ganz alleine zum Spielplatz geht!» Das würden Sie nie zu einer Mutter sagen, oder? Dann sollten wir es auch bei den Vätern sein lassen. Denn Väter babysitten nicht. Sie brauchen auch kein Extra-Lob, wenn sie ihre Kinder versorgen, sondern einen Stellenwert, der wirklich zählt.

Väter sind auch nur Eltern.
Gleichberechtigung ist, wenn sich Väter bei der Erziehung genauso einbringen können wie Mütter. Bild: Caroline Hernandez - unsplash

Emanzipation ist ein schwieriges Wort. Und vor allem ein theoretisches. In der Theorie geht es um Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, vor allem dann, wenn sich diese als Mutter und Vater zu einer Familie zusammentun. Jeder soll einen fairen Beitrag leisten, möglichst zu gleichen Teilen: Ob beim Geldverdienen, beim Haushalt oder der Kindererziehung. 

Die Wirklichkeit sieht im Durchschnitt anders aus. Job, Haushalt und Kinder werden von Paaren oft arbeitsteilig geregelt. Männer verdienen mehr Geld, arbeiten mehr und Frauen kümmern sich mehr um die Kinder und den Haushalt. 

Aber auch immer mehr Frauen krempeln inzwischen die Ärmel hoch und spreizen sich auf für den täglichen Spagat zwischen Haushalt, Job und Kinder. Ein Kraftakt mit teils heftigem Gegenwind, der Nerven und Generationen gekostet hat. Doch es lohnt sich. Berufstätige Mütter werden immer weniger schief angesehen, manchmal sogar bewundert.

Wer hat Angst vorm neuen Mann?

Aber wie geht es eigentlich den Vätern? Die gehen arbeiten. Meistens Vollzeit. Wie eh und je. Nicht, weil die Väter das unbedingt wollen, sondern weil es einfach immer so gewesen ist und man sich schwer tut mit Veränderung, mit Homeoffice, flexiblen Arbeitszeiten, ganz zu schweigen von Vaterschaftsurlaub. Die Kita schliesst früh. Die Frau kriegt nur Teilzeitangebote. Die Steuerklasse zwingt.

Theorie und Praxis eben. Väter bekommen im Durchschnitt noch immer nicht wesentlich mehr Zeit für ihre Kinder. Aber Achtung, jetzt kommt’s! Die meisten Väter nehmen sich mehr Zeit für Familie und Frau. Das ist neu! Sie bauen nicht nur Sandburgen einmal im Jahr während der Sommerferien. Sie organisieren Kindergeburtstage, sortieren die Wäsche, kleben Pflaster auf blutige Knie, wechseln Windeln und setzen Prioritäten zugunsten der Familie. Und genau deshalb sind sie für uns oft keine bewundernswerten Helden mehr. Sondern - wenn man ehrlich ist – vielleicht sogar die Verlierer der Emanzipation. 

Mit ihrem fürsorglichen Engagement wagen sich Väter in weibliches Hoheitsgebiet vor. Und wirbeln damit den Staub längst vergessen geglaubter Rollenklischees auf. Väter, die vermeintlichen Mami-Kram machen, sind zwar ein einstimmig gewünschter, aber irgendwie skeptisch beäugter Fortschritt. Wie ein neuer Schuh, der beim Laufen noch quietscht. Ob das wohl was wird? Erstmal abwarten. 

Väter babysitten nicht

Eine echte Integration des neuen Manns lässt noch immer auf sich warten. Und zwar auch verbal. Für Väter in Familienrollen gibt es sogar gesonderte Vokabeln. Sie machen «Papi-Tage» oder sie «babysitten» die Kinder, wenn Mami nicht da ist. Soll heissen: «Was du da machst, Bruder, ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Nicht die Pflicht, sondern die Kür!» 

Es kommt zum Beispiel von Kollegen im Büro, die dumme Sprüche ziehen, wenn Väter pünktlich losmüssen, um das Kind zum Klavier-Unterricht zu fahren. Es kommt von Fremden auf der Strasse, die löblich betonen, was für ein toller Mann das aber sein muss, der mit seinen Kindern auf dem Spielplatz schaukelt. Es kommt von Freundinnen, die mit spitzer Zunge zischen, was man mit so einem hilfsbereiten Kerl doch für einen Glücksgriff gemacht hat. Es kommt von Lehrern und Erziehern, die Kindern den Info-Zettel für den Schulausflug in die Hand drücken, um ihn an das Mami weiterzuleiten. Und es kommt vor allem von den Müttern selbst, wenn sie Vätern nichts zutrauen.

Frauen haben beim Thema Gleichberechtigung oft sich selbst mehr im Sinn als ihren Gatten; wenn sie nämlich in fest gelernte Muster verfallen und vom schlechten Gewissen überrollt werden. Kann ich ihn wirklich so viel helfen lassen? Ist das nicht mein Job als Mutter? Und kann ich das nicht vielleicht sogar besser? 

Wie bitte? In welchem Zeitalter leben wir eigentlich? Warum gelten Väter als die schlechteren Mütter? 
Denn eins sollte klar sein: Solange Väter nur als Aushilfskräfte behandelt werden, als Ersatzspieler auf der Reservebank, die immer nur dienstags dran sind, wenn Mami zum Yoga geht, wird es echte Gleichberechtigung nie geben. 

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