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Klartext, bitte! Männer können nicht Gedanken lesen

Missverständnisse sind einer der häufigsten Gründe für weiblichen Beziehungsfrust. Dabei könnten Männer ihrer Partnerin jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Sie muss ihn nur aussprechen.

Liebe Ladies, Klartext bitte.
Bild: Ian Dooley - Unsplash

Zum Geburtstag wünschte sie sich dieses Jahr nur eine Sache: einen romantischen Abend mit ihrem Mann. Dabei ging es weniger darum, Zeit zu zweit zu verbringen – die fehlte zwar auch, aber was sie sich wirklich wünschte, war gesehen zu werden.

Er sollte einen besonderen Abend für sie beide organisieren. Er sollte sich dafür anstrengen müssen und sich etwas überlegen, ohne den klassischen Kitsch, etwas Persönliches, mit dem sie gemeint war. Ein Dankeschön für alles, was sie sonst so zuhause wegorganisiert. Aber das sagte sie nicht, nicht so genau.

Schöne Frau, was mag Sie nur denken?
Ein Königreich für Ihre Gedanken. Bild: Natalia Figueredo - Unsplash

«Ich wünsche mir nichts dieses Jahr. Keine Party, bei der ich dann stundenlang in der Küche stehen muss. Nur einen schönen Abend mit dir.»
«Klar, machen wir. Gemütlich nur wir beide. Wann denn?, fragt er.
«Samstag, wenn du Zeit hast.»
«Die nehme ich mir.»

Am Samstagnachmittag geht er wie immer Tennis spielen. Dann bringt er die beiden Kinder zu seinen Eltern. Auf dem Rückweg hält er im Supermarkt. Als er vor dem Regal steht und nicht weiss, was besser passt, Rot- oder Weisswein, schreibt er eine Nachricht.

«Pizza oder Sushi?»
«Hast du nicht reserviert?», schreibt sie.
«Ich dachte, wir machen es uns hier gemütlich, ganz ohne Stress, und schauen deine Lieblingsserie. Ich beschwere mich diesmal auch nicht! ;)»

Sie legt den Lippenstift aus der Hand, tauscht das neue Kleid wieder gegen Jeans und T-shirt von heute morgen. Noch eine Nachricht:

«Also was darf es sein, Prinzessin? Pizza oder Sushi?»
«Pizza, egal.»

Typisch!

Sie können sich denken, wie der Abend weiterging, nicht wahr? Denn Sie sind höchstwahrscheinlich eine Frau – und so denken Sie sich vielleicht genau wie unsere ausgedachte Heldin: Er hat es schon wieder vermasselt. Weil er zu FAUL war oder NIE richtig hinhört. Und weil er ÜBERHAUPT KEINE Vorstellung hat, was in Ihnen vorgeht.

Aber wagen wir ein Gedankenexperiment. Wie könnte dieser gewöhnliche Beziehungskonflikt aussehen, wenn ihn ein Mann erzählt? Vielleicht so.

Es ist schwer zu erraten, was der andere denkt.
Er trainiert derweil die Sorgenfalten. Bild: Justin Veenema

«Wollen wir sündigen? Der grosse Antipasti-Teller, Quattro Formaggio und Tiramisu?», fragt er.
«Wie du willst.»

«Dieser Wein wird dir schmecken. Ich sage nur, er kommt aus der Toskana. Könnte sein, dass es genau derselbe ist, den wir in den Ferien immer getrunken haben...»
«Weiss nicht. Ich bin müde.»

«Jetzt führ mich nochmal in deine Serien ein. Warum ist die Blonde jetzt nochmal im Knast? Und woher kennt sie die mit der Brille?»
«Hör halt mal zu, wenn eine Frau was erzählt.»

Alles, roger?

Autsch. Im passiv-aggressiven Schlag ist seine Frau so treffsicher wie Roger Federer.
Natürlich hat er schon vorher verstanden, dass seine Frau angefressen ist. Die Einsilbigkeit, die Miene. Aber er wusste nicht warum. Die Sportasche im Gang scheidet aus. Die steht da ja erst seit ein paar Stunden.

Beim Frühstück war die Lage noch himmelhochjauchzend. Dann hatte er den Rasen gemäht. Oberwasser. Tennis gespielt, wie jeden Samstag. Neutral. Dann die Kinder zu ihren Grosseltern gebracht. Bonuspunkt. Ihren Lieblingswein gefunden und gekauft. Fliegende Küsse, eigentlich. Aber bei der Pizza- oder-Sushi-Frage kippte die Stimmung. Soweit die Tatsachen.

Doch das interessierte nicht. Soviel hatte er inzwischen auch über seine Frau gelernt. Es geht um das, was sie nicht gesagt hat. Es geht um Telepathie. Eine Superkraft, die ihm leider fehlt und weshalb seine Frau offenbar unglücklich mit ihm ist. Das verletzt ihn.

Nicht das Nörgeln, wenn er seine Sachen rum liegen lässt – das könnte er ja wirklich mal lassen – sondern das Sticheln. Diese unerwarteten, wütenden Angriffe aus dem Nichts. Man muss diese wichtige Information, warum sie beleidigt ist, entweder behutsam rauslocken oder es spritzt irgendwann wie ein Wasserschlauch mit Überdruck willkürlich heraus. Und dann gibt es immer eine ordentlich Sauerei – inzwischen ohne Versöhnungssex. Dabei würde er seiner Frau zuliebe ziemlich viel machen, sie müsste ihn doch einfach nur fragen, denkt er.

Seelenverwandter gesucht

Auf der Such nach Zeichen, steht selten ein Schild.
Ach so! Bild: Austin Chan

Sie will nach dem Offensichtlichen aber nicht bitten müssen. Es ist doch klar, dass sie sich keine fetttriefende Pizza aus der Pappschachtel zum 39. Geburtstag wünscht. Ein Tisch beim Lieblingsitaliener, tanzen gehen oder ein Picknick am See. Eine Decke, etwas Brot, Käse und Wein würde ihr doch völlig genügen. So wie früher, als sie noch Studenten waren und noch keine Kinder hatten. Aber er bemühte sich nicht mehr. Sie ist selbstverständlich geworden wie immer frische Unterhosen im Schrank. Und als sie ihm das erklären muss, weint sie.

Das hat er nicht gewusst, sagt er. Sie sagte doch «nur gemütlich, wir beide».

Auf der Suche nach dem Soulmate im Ehemann geht oft vergessen, dass sich die Enttäuschung hätte vermeiden lassen können. Sie hätte sagen können:

«Lass uns ausgehen. Tanzen, Italiener bis Ladenschluss oder Picknick am See! Ich würd mich gern überraschen lassen.»

Woher kommt die Erwartungshaltung, dass ein guter Partner in den Kopf des anderen reinschauen können muss? Ist das nicht etwas zu passiv? Und muss sie nicht ebenso damit rechnen, dass nicht-gesagte Bedürfnisse ungehört bleiben?

Und wo ist unser Stück vom verbrannten Kuchen, liebe Frauen? Kann es sein, dass wir auch mal ungerecht werden, unseren Frust am Partner ablassen? Erwarten wir Gedankenlesekunst, und wenn sie nicht vollbracht wird, lassen wir unseren Partner ins Messer laufen? Organisieren wir alles selber schnell und beschweren uns danach, dass wir alles alleine machen mussten? Oder macht es der Partner nie so, wie wir das wollen, und dann gibt er auf? Sehnen wir uns wieder nach mehr Wertschätzung, ohne dasselbe an Bewunderung zurückzugeben?

Wer ohne Fehler ist, werfe noch ein Messer. Oder Sie versuchen es mit Ich-Botschaften und klaren Ansagen. Dann gibt es auch die Chance auf eine ausgesprochen gute Beziehung.

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