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Wie wir die nächste Generation vor Mobbing schützen können

Mobbing und Cybermobbing sind noch immer Tabuthemen. Gerade deshalb war Anti-Mobbing-Coach Laura Ackermann bei der FamExpo in Winterthur vertreten. Ihr Stand wurde zum vollen Erfolg. Hier erzählt sie von ihren bewegenden Erlebnissen.

Damit Mobbing in Zukunft harte Konsequenzen hat, braucht es Gesetze, findet Laura Ackermann.
Kinder sollen unbeschwert ihre Wege gehen können – ohne Mobbing. Foto: Annie Spratt/Unsplash

Lange habe ich mit mir gehadert, ob meine Anti-Mobbing-Initiative «Be Nice» an eine Familienmesse gehört oder nicht. Alles farbig, fröhlich, kinderfreundlich und ich mitten drin mit dem Thema Mobbing und dem Suizid einer 13-Jährigen? Zur Erinnerung: Mein Engagement gegen Mobbing habe ich auch deshalb aufgenommen, weil sich in meinem Bekanntenkreis die gerade einmal 13-jährige Céline aufgrund von Mobbing das Leben nahm. Die ganze Geschichte ist hier zu lesen.

Aber zurück zum Thema Familienmesse: Nach vielen Gesprächen mit Freunden und Familienmitgliedern habe ich mich dazu entschlossen, dass wir genau dahin gehören. Das Thema Mobbing muss in die Mitte der Gesellschaft und nicht an ihren Rand. Denn nur so kann präventiv gearbeitet werden.

So stand ich also am Wochenende vom 26. bis 28. April 2019 mit einem siebenköpfigen ehrenamtlichem Team an der FamExpo in Winterthur. Ich konnte bereits fünf Tage vorher kaum schlafen, da der Druck für mich enorm hoch und die Aufregung kaum auszuhalten war.

#célinesvoice

Erstmals stand ich mit meiner eigenen Firma an einer Messe. Dazu noch mit einem absoluten Tabuthema. Im Namen eines Kindes, welches nicht mehr lebt.  Mit dem Versprechen, das ich ihren Eltern gegeben hatte und mit einer Mission, die ich zu 100 Prozent erfüllen wollte.

An diesem Wochenende konnten wir rund 1000 Eltern erreichen. Es haben sich viele spannende Gespräche ergeben mit Lehrern, Sozialarbeitern, Schulleitern, Juristen und einigen betroffenen Eltern. Die Tränen und Reaktionen der Besucher haben mir bestätigt, dass wir am richtigen Ort sind! Wir haben schockiert, aufgeweckt und sensibilisiert.

Wir haben von vielen Eltern ein «Danke, dass ihr euch dafür einsetzt!» erhalten und super positive Reaktionen auf die Arbeit von «Be Nice». Eine bessere Rückmeldung hätte ich mir nicht wünschen können.

Das Tüfpli auf dem i

Gemeinsam gegen Mobbing.
Bei der FamExpo in Winterthur hat sich Laura Ackermann (Mitte) für die Aufklärung rund um Mobbing engagiert. Unterstützt wurde sie auch von den Eltern von Céline (links) sowie von zwei Freundinnen (rechts) des Mädchens, das sich aufgrund von Mobbing das Leben genommen hat. Foto: zVg

Am Sonntag haben uns Célines Eltern und zwei ihrer Freundinnen an der FamExpo besucht. Ich kann nicht beschreiben, was mir dieser Besuch bedeutet hat. Es waren auf den Tag genau 20 Monate vergangen, seit sie Céline verloren hatten.

Es hat mich zutiefst berührt, dass sie diese Kraft aufgebracht haben und mir auf diese einmalige Weise gezeigt haben, dass sie meine Arbeit schätzen und unterstützen. Ich bewundere die Stärke dieser Eltern!

Wir haben uns lange umarmt und geweint. Eine Achterbahn der Gefühle durchfuhr meinen ganzen Körper: Freude, die beiden nach einer Ewigkeit wieder zu sehen, Trauer über den Verlust ihres Kindes. Berührt über ihr Kommen und von der liebevollen Umarmung der Eltern, fiel der letzte Funke des Druckes ab, den ich all die Tage auf mir hatte. Wie Célines Mama in einem Post schrieb: «Und es schien für einen Moment, als gäbe es nur uns zwei in dieser riesengrossen Halle.»

Auch an den Ständen um uns herum blieb kaum ein Auge trocken.

Ein Zeichen gegen Mobbing

An dieser Messe wollten wir in Célines Namen ein Zeichen setzen und liessen so viele Besucher wie möglich unser riesengrosses Plakat unterschreiben, mit der Aussage: «Wir setzen ein Zeichen gegen Mobbing!» #célinesvoice

Hunderte Unterschriften haben den Weg auf dieses Plakat gefunden und wir konnten voller Stolz Célines Eltern diese vielen Zeichen der Anteilnahme überreichen.

Ein Strafbestand muss her

Die Eltern planen demnächst, eine Kampagne zu starten, damit Mobbing und Cybermobbing endlich eigene Tatbestände werden. Célines Peiniger haben als Strafe Arbeitseinsätze von wenigen Tagen bekommen und haben daraus selbstverständlich gar nichts gelernt. Vor allem die Mobberin ist immer noch sehr aktiv.

Die Mama von Céline schrieb in ihrem Post weiter: «Alle sind unserer Meinung, ein Strafbestand muss her, denn wir können die nächste Generation nicht sich selbst überlassen. Sie haben keinen Schutz, das kann nicht sein, das muss sich ändern!»

Wir machen weiter! In Célines Namen und im Namen aller Kinder und Teenager, die bislang ohne Schutz dastehen, die Nächte lang weinen und leiden, weil ihre Peiniger ihnen das Leben zur Hölle machen. Wir sprechen für alle Kinder, die mit Suizidgedanken kämpfen, weil sie keinen Ausweg mehr sehen. Wir wollen Gerechtigkeit und ein Gesetz, welches unserem Zeitalter entspricht.

Die heutige Generation Teenager hat keinen Schutz. Sie sind verloren und auf sich alleine gestellt bei Mobbing und Cybermobbing. Die Generation meines Neunjährigen wird höchstwahrscheinlich auch sich selbst überlassen.

Haben Sie zurzeit ein Kleinkind zuhause? Dann hoffen wir, dass wir Ihr Kind schützen können und alle Generationen danach.    

BE NICE – SEI NETT

Gewidmet an dieses Mädchen, welches keinen Ausweg mehr sah.

Das ist meine Herzensangelegenheit und deshalb ist es mir eine Ehre für Sie alle schreiben zu dürfen.

Die Zeiten in denen Mobbing zu Tode geschwiegen wird, sind vorbei.

Es braucht klare und offene Worte.

Ich spreche für die, die sich am wenigsten wehren können.

Unsere Kinder!

Ich kämpfe:

Für mehr Toleranz und weniger Diskriminierung!

Für mehr Verständnis und weniger Ignoranz!

Für mehr Zusammenhalt und weniger Einsamkeit!

Für mehr Wahrheit und weniger „schön reden“!

Für mehr eingreifen und weniger wegschauen!

Weitere Artikel von Laura Ackermann gibt es hier. 

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