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Kindes- und Erwachsenenschutz: So schalten Sie die KESB ein

Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) hilft bedürftigen Personen und stellt ihnen falls nötig einen Beistand. Doch wie erfährt die KESB von solchen Personen? Und können auch Sie eine Meldung bei der KESB machen? 

Die Kesb gewährleistet in der Schweiz Schutz für Kinder und Erwachsene
Die Aufgabe der KESB ist es, den Erwachsenen- und Kindesschutz zu gewährleisten. Bild: fiorigianluigi, iStock, Getty Images Plus

Sie sehen wie der Nachbarsjunge tagtäglich mit blauen Flecken am Arm zur Schule läuft. Von Ihrem Kind wissen Sie, dass er fast nie pünktlich ankommt und seine Mutter ihm kein Pausenbrot mitgibt. «Das Kind braucht doch Hilfe!», denken Sie sich.

Doch an wen können Sie sich hier wenden? Wer gewährleistet Kinderschutz? Sofern niederschwellige Unterstützung von Schulsozialarbeitern oder ähnlichen Angeboten nicht ausreichen, verspricht die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, kurz KESB, in der Schweiz Hilfe für schutzbedürftige Personen.

Jedermann ist meldeberechtigt, in amtlicher Tätigkeit ist man sogar meldepflichtig.

Das neue Kindes- und Erwachsenenschutzrecht löste im Jahr 2013 das veraltete Vormundschaftsrecht ab. Dadurch wurde die Vormundschaftsbehörde durch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde ersetzt. 

«Die Aufgabe der KESB ist es, den Erwachsenen- und Kindesschutz zu gewährleisten» sagt Yvo Biderbost, Leiter des Rechtsdienstes der KESB Stadt Zürich. «Mit sogenannten Gefährdungsmeldungen erfahren wir von Personen, welche gegebenenfalls einen besonderen Schutz benötigen.» 

Wie auch Sie eine Meldung machen können

«Der KESB kann man auf mehreren Arten eine Meldung einreichen», sagt Biderbost. Dies kann per Telefon, E-Mail oder mit einem Internetformular passieren. «Solche Meldungen erhalten wir von der Polizei, Spitälern und auch von Angehörigen.» Jedermann ist meldeberechtigt, in amtlicher Tätigkeit ist man sogar meldepflichtig.

Bei Internetformularen wird zwischen Gefährdungsmeldungen für Kinder und Jugendliche und denjenigen für Erwachsene unterschieden. Ein solches Formular ist mit mehreren Fragen versehen, welche der KESB dabei helfen soll, eine Voreinschätzung des jeweiligen Falles vorzunehmen.

Was auf keinen Fall auf diesen Meldungen fehlen darf, sind die Personalien der gefährdeten und der meldenden Person. Zudem muss aufgezeigt werden, in welchen Punkten die Grundbedürfnisse eines Betroffenen nicht gedeckt werden oder ihr Wohl gefährdet ist.

Eine solche Meldung kann in den wenigsten Fällen anonym gemacht werden: «Im Normalfall erfährt die gemeldete Person, wer die Meldung gemacht hat», sagt Yvo Biderbost. «Ausser natürlich, wenn beispielsweise eine sehr hohe Gefahr für Leib oder Leben der meldenden Person besteht.»

Keine Beteiligung an das Verfahren

Ab dem Zeitpunkt, an dem die Gefährdungsmeldung bei der KESB eintrifft, eröffnet die Behörde ein Verfahren und prüft, ob das Kind oder die erwachsene Person wirklich Schutz braucht. «Es ist gleichgültig, auf welchem Weg uns die Meldungen erreichen, wir müssen jeder nachgehen», so Biderbost.

Durch die Meldung an die KESB wird man selber nicht zum Verfahrensbeteiligten. «Normalerweise wird man nicht darüber informiert, welchen Verlauf oder welches Ende der Fall genommen hat.» Auch hier werden Ausnahmen gemacht wenn ein Spezialfall oder ein Grund zur Benachrichtigung oder zur Akteneinsicht vorliegt oder wenn die Meldung von Angehörigen eingeht, welche ohne weiteres in die Fallführung zu involvieren sind.

Betagte Rentner und Kindesschutz

Die häufigsten Meldefälle bei der KESB sind gemäss Yvo Biderbost betagte Menschen, welche ihre Angelegenheiten nicht mehr ganz im Griff haben oder ausgenutzt werden. Hinter diesen Fällen reihen sich Meldungen über Kinder, welche in zerstrittenen Familien aufwachsen- und andere Familienkomplikationen ein. Auch Fälle, in denen die betreffende Person von häuslicher Gewalt betroffen ist, werden häufig gemeldet.

In der Schweiz leben über 20’000 Kinder und Jugendliche nicht bei ihren Eltern, die Mehrheit jedoch mit deren Einverständnis. Nur etwa ein Fünftel wurde durch die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde platziert. Bis Ende 2017 wurde diese Massnahme zum Kinderschutz in der Schweiz bei rund 4300 Kindern durchgeführt. 

Diese Rechte haben Kinder in der Schweiz

Damit Kindern weltweit ein gerechtes Leben geschenkt wird, wurde vor über 30 Jahren die Kinderrechtskonvention als internationales Menschenrechtsinstrument entwickelt. Die Schweiz hat diese im Jahr 1997 ratifiziert und damit versprochen, für das Kindswohl zu sorgen. Vier Grundrechte übernehmen die Funktion von Grundprinzipien zur Gewährleistung des Kindeswohls:

  • Recht auf Nicht-Diskriminierung
  • Recht auf Kindeswohl
  • Das Recht auf Leben, Überleben und eine optimale Entwicklung.
  • Recht auf Mitwirkung.

Das Gespräch mit den Betroffenen suchen

Ziel der KESB ist es, zusammen mit den betroffenen Kindern, Erwachsenen oder Eltern eine Lösung zur Besserung ihrer Situation zu finden. Rund ein Drittel dieser Fälle werden Kesb-extern gelöst: «In rund 30 Prozent der Fälle brauchen die Personen keinen Beistand von uns», sagt Biderbost. Dabei erkennen vor allem ältere Personen, dass sie ihr Leben alleine nicht mehr ganz in den Griff bekommen und holen sich Hilfe von Verwandten, Angehörigen oder von Organisationen wie der Pro Senectute oder Spitex.  

Ein Verfahren mit der KESB hat immer auch etwas unangenehmes

Auch im Kindesschutz führen lange nicht alle Meldungen zu behördlichen Massnahmen. Wenn behördlicher Schutz nötig ist, kann die KESB die Eltern oder das Kind ermahnen oder ihnen Weisungen erteilen. Sie kann auch eine Fachperson bestimmen, welche die Eltern oder das Kind in bestimmten Angelegenheiten berät, beaufsichtigt und unterstützt.

Eine Beistandschaft ist die mit Abstand häufigste KESB-Massnahme bei gemeldeten Kindern. Im Mittelfeld reihen sich die mildesten Massnahmen wie Ermahnungen, Weisungen oder Entscheide über regelmässige Aufsichten der Kinder ein. Und am seltensten wird den Eltern von der Behörde die elterliche Sorge entzogen, damit das Kindeswohl gewährleistet ist. 

Eingesetzte Berufsbeistände sind dafür verantwortlich, dass den Betroffenen eine adäquate Lebensführung ermöglicht wird. Im Mittelpunkt ihres Wirkens steht immer das Wohl der zu betreuenden Person, sei es im Kindesschutz oder im Erwachsenenschutz. Häufig hat der Beistand auch die Kontrolle über die Finanzen des Schützlings.

Viele Menschen wollen nicht, dass eine Behörde sich in ihr Leben einmischt. «Die KESB möchte in erster Linie ja schützen und helfen, ich verstehe aber den Kummer – ein Verfahren mit der Kesb hat immer auch etwas unangenehmes», sagt auch Yvo Biderbost. «Und trotzdem muss man die Kesb als eine helfende Hand betrachten. »

Von A bis Z: Das macht die KESB mit Ihrer Meldung

Die KESB nimmt die Meldung entgegen.

Bei der KESB kann man melden, wenn eine Person möglicherweise Hilfe braucht. Es kann auch sein, dass die Person sich selber bei der Behörde meldet.

Die KESB führt das Verfahren.

Bei einem solchen Verfahren geht es nicht um ein Strafverfahren. Es geht nicht um etwas, das jemand falsch gemacht hat, und dafür einen Schuldigen zu finden. Es geht darum, welche Unterstützung nötig ist.

Die KESB macht die Abklärung.

In der Abklärungsphase wollen die KESB-Mitarbeitende herausfinden, ob die Person Hilfe braucht und in welcher Art diese gewährleistet werden kann.

Die KESB bespricht mit den Betroffenen ihre Situation.

Bei der sogenannten «Anhörung» bespricht die Kesb mit der betroffenen Person oder mit Eltern und Kindern die Vorgehensweise und entscheidet definitiv über geeigneten Massnahmen und ob ein Beistand ein Thema ist oder nicht. 

Die KESB entscheidet über Unterstützung und Schutz.

Die passende Unterstützung oder der passende Schutz kann notfalls auch gegen den Willen der Person beschlossen werden. In der Realität erfolgen nur wenige Massnahmen gegen den Willen.

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