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Corona bei Kindern: «Seit der Erkrankung ist mein Sohn ein anderes Kind»

Corona sei für Kinder nicht schlimm, heisst es in der Schweiz oft. Eine leichte Erkältung und gut ist. Dass auch Kinder von Langzeitfolgen wie zum Beispiel Long Covid betroffen sind, hört man selten. Bis man selbst betroffen ist. Deborah erzählt wie es ist, wenn das eigene Kind plötzlich ein Schatten seiner selbst ist und einem niemand sagen kann, ob und wann es dem Kind jemals wieder so richtig gut geht.  

Das Virus hat seine Spuren hinterlassen: Seit der Corona-Infektion ist Deboras Sohn wie ein anderes Kind. Bild: GettyImages Plus, Sanya SM

Schon über 18 Monate leben wir mit dem Virus. Ihr wisst von welchem ich spreche. Das Virus, dessen Namen wir früher nur als mexikanische Biermarke kannten. Und seit Beginn der Pandemie heisst es, es sei für ältere Menschen gefährlich. Die müsse man schützen. Die Kinder hingegen, ja, die könnten es ruhig bekommen. Da sei es ja eh höchsten eine Erkältung, wenn überhaupt.

Wir hatten die üble Vorahnung, dass diese Aussage nicht auf Grossbub zutreffen würde. Genau wie wir ahnten, dass Grossbub die erste Person in unserer Familie sein würde, die positiv auf das Corona-Virus getestet würde. Und so kam es auch. An einem schönen Tag im September bekam ich das Email des Labors: Grossbub, der schon seit rund zehn Tagen schrecklich krank war, hatte Covid.

Hohes Fieber, starker Husten, Atemnot – wir vermuteten eine Lungenentzündung, der Corona-Abstrich wurde mehr als Formalität durchgeführt.

Ich fiel aus allen Wolken. Damit hatten weder die Kinderärztin noch wir Eltern gerechnet. Wir waren ihn zeigen, weil er schon lange krank war. Immer wieder mit hohem Fieber und starkem Husten. Dazu kam Atemnot, wenn er rannte. Einem Belastungsasthma ähnlich. Wir vermuteten eine Lungenentzündung. Oder einen Infekt mit dem RS-Virus. Der Corona-Abstrich wurde mehr als Formalität durchgeführt.

Doch da hatten wir es Schwarz auf Weiss. Unser mittleres Kind, das immer, aber wirklich immer, zu schweren Krankheitsverläufen neigt, hatte Covid. Damit kamen in die ganze Quarantänen-Contact-Tracing-Maschinerie, die uns während der nächsten zehn Tagen psychisch ganz fest ans Limit bringen sollte. Und dann gab es da unseren knapp vierjährigen Sohn, der mehr einem wandelnden Elend als einem Kind glich.

Über die Autorin: Das ist Deborah 

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Deborah schreibt als Mamarocks auf ihrem Blog aus ihrem Alltag mit drei Kindern. In ihren Beiträgen will sie nicht über andere Familien und Erziehungsstile urteilen, sondern allen Mamas und Papas helfen, den richtigen Weg zu finden – und das Elternsein zu rocken, also zu versuchen, sich nicht wegen Kleinigkeiten verrückt zu machen. Auch wenn es ab und zu sehr schwierig ist, das Elternsein mit Humor zu nehmen... Weil es manchmal einfach nicht viel zu Lachen gibt.

Zum Blog: Mamarocks

Immer wieder glaubten wir, jetzt sei er über den Berg. Mal war das Fieber einen Tag weg, um am nächsten Tag wieder zu kommen. Er hustete sich die Seele aus dem Leib. Ass nicht, rannte nicht, spielte nicht. Lag nur auf dem Sofa rum. Nach dem positiven Test behielten wir ihn weitere zehn Tage zu Hause. Länger als dass wir laut BAG und Kantonsarzt hätten müssen. Das Fieber war hartnäckig, er wollte einfach nicht genesen.

Auf Spielplätzen sucht er sich oft einen bequemen Platz zum Hinliegen und beobachtet von dort aus die Situation. Die Energie kommt nur langsam zurück.

Seit der Erkrankung ist Grossbub ein anderes Kind. Das Virus hat seine Spuren hinterlassen. Unser – sowieso schon zarter – Bub, besteht nur noch aus Haut und Knochen. Erst gut einen Monat nach der Erkrankung kam der Appetit langsam zurück. Er, der immer unendlich viel Energie hatte und sich fast ausschliesslich rennend fortbewegte, ist ein Schatten seiner selbst. Manchmal mag er laufen, meist lässt er sich stehend auf dem Kinderwagen herumfahren. Auf Spielplätzen sucht er sich oft einen bequemen Platz zum Hinliegen und beobachtet von dort aus die Situation. Die Energie kommt nur langsam zurück.

Was wir über Long Covid bei Kindern wissen

  • Laut Long Covid Schweiz sind schätzungsweise 45 000 Kinder und Jugendliche in der Schweiz von Long Covid betroffen. 

  • Häufige Symptome sind unter anderem Erschöpfung, Kurzatmigkeit, Belastungsintoleranz, Gelenkschmerzen sowie Denk- und Konzentrationsschwierigkeiten. 

  • Einige Symptome können sofort auftreten, andere zeigen sich erst Wochen nach der Covid-Erkrankung

  • Es ist noch unklar, wie lange die Symptome anhalten können. 

Mehr zu Long Covid bei Kindern lesen Sie hier. 

Wie lange es dauert, bis es besser wird? Wir wissen es schlichtweg nicht. Ja, es ist selten, dass ein Kind so stark an Covid erkrankt. Und ja, Grossbub ist ein Spezialist für schwere Krankheitsverläufe: Noro- und Rota-Virus brachten ihn ins Spital, von der Influenza bekam er eine Lungenentzündung, jede Erkältung verursacht drei Tage über 40 Grad Fieber.

Wir wünschen uns, dass Covid bei Kindern nicht weiter banalisiert wird. 

Trotzdem fühlen wir uns allein gelassen. Gerne wüssten wir mehr, über die Auswirkungen auf das Corona-Virus bei Kindern. Auch über dessen Langzeitfolgen (Stichwort Long Covid). Wüssten gerne, wie lange es dauert, bis wir unser energiegeladenes Kind wieder zurück haben. Oder was wir tun können, um ihn in seiner Genesung zu unterstützen. Und wir wünschten uns auch, dass Covid bei Kindern nicht weiterhin banalisiert würden.

Wenn Kinder nach der Corona-Infektion weiter leiden

Wenn man die täglichen Corona-Infektionszahlen anschaut, sind Kinder und Jugendliche die derzeit am stärksten betroffene Altersgruppe. Bei vielen Kindern verläuft eine Covid-Erkrankung zwar meist milde. Doch nach der Genesung besteht das Risiko, das Long Covid-Syndrom zu entwickeln. Zurzeit geht man in der Schweiz davon aus, dass drei Prozent, der an Corona erkrankten Kinder anhaltende Folgesymptome entwickeln. Von etwa 1,2 Millionen Kindern und Jugendlichen in der Schweiz könnten also bis zu 36'000 Kinder und Jugendliche an Long Covid erkranken und an Symptomen leiden, die die Lebensqualität und Perspektiven der jungen Menschen massiv einschränken. Mehr dazu. 

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