Mutterkuchen: Ein besonders leistungsfähiges Organ
Der Mutterkuchen ist ein ganz besonderes Organ. Zum einen besteht er nicht nur aus Gewebe der Mutter, sondern auch aus Gewebe des Kindes. Zum anderen hat er keine lange Zeit zu reifen. Er muss bereits vor Erreichen seiner endgültigen Grösse die Versorgung des Embryos aufnehmen.

Über den Mutterkuchen, auch «Plazenta» genannt, wird das wachsende Kind mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Doch das Verbindungsorgan zwischen Mutter und Kind leistet noch mehr.
Streng biologisch gesehen ist ein Embryo nichts anderes als ein Parasit. Er lebt auf Kosten seines Wirts, also seiner Mutter. Er entzieht ihr Nährstoffe und Energie, ohne ihr dafür eine Gegenleistung zu bieten. Eigentlich ist unser Immunsystem darauf trainiert, fremdes Gewebe, das versucht, auf diese Art und Weise zu wachsen, abzustossen. Doch die Plazenta sorgt dafür, dass das Immunsystem der werdenden Mutter genau dies nicht tut. Unsere Körperabwehr wird quasi in seiner Funktion eingeschränkt, jedoch nicht so stark, dass wir uns nicht mehr gegen Infektionen wehren könnten. Wie genau dieser Mechanismus funktioniert, ist für Wissenschaft und Medizin bis heute ein Rätsel.
Untersuchung des Mutterkuchens
In manchen Fällen sprechen Ärzte bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft mit den werdenden Eltern über die Möglichkeit einer Untersuchung des Mutterkuchens durch eine sogenannte Chorionzottenbiopsie. Eine Biopsie ist die Entnahme von Gewebe, in diesem Fall vom Mutterkuchen, das mit dem Gewebe des Embryos genetisch identisch ist. Eine Chorionzottenbiopsie kann auf zwei Weisen durchgeführt werden. Eine Möglichkeit besteht darin, dass ein sehr feiner Stift durch die Bauchdecke geführt wird. In einem ganz frühen Stadium der Schwangerschaft erfolgt die Biopsie aber in der Regel über den Muttermund. Diese Variante birgt allerdings mehr Risiken für den Embryo. Die Kosten für diese Untersuchung trägt die Schweizer Grundversorgung der Krankenkassen.
Mutterkuchen-Gewebe gibt Aufschluss über Behinderungen
Mit Hilfe dieser Untersuchung lassen sich chromosomale Besonderheiten und einige Stoffwechselerkrankungen feststellen. Allerdings gibt es für die meisten auf diesem Weg herausgefundenen Erkrankungen weder Therapie noch Heilungschancen. Durch die Biopsie kann es aber zu einer Fehlgeburt kommen. Vor einer Untersuchung des Mutterkuchens sollten sich Eltern darüber im Klaren sein, ob sie bei einer Muttermund-Untersuchung das Risiko einer Fehlgeburt tragen wollen. In der Schweiz brechen 80 bis 90 Prozent der Frauen nach dem Befund «Down-Syndrom» die Schwangerschaft ab.