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Eltern-Guide: Wie Eltern ihr Kind beim Lernen unterstützen – und wie nicht

Kinder sind von Natur aus neugierig. Und mit der richtigen Motivation und Begleitung macht ihnen auch das Lernen Spass. Ob Kinder gerne lernen, hängt somit auch von der Unterstützung der Eltern ab. Die wichtigsten Tipps des bekannten Psychologen Fabian Grolimund von der Akademie für Lerncoaching.

Nahaufnahme: Mutter schaut Sohn bei den Hausaufgaben über die Schulter.
Mit der richtigen Unterstützung lernen die meisten Kinder gerne. © Getty Images, Imgorthand

Wie schön, wenn Kinder Freude am Lernen haben! Vor allem aber profitieren sie selbst am meisten davon: Kinder, die lernen, erfahren ständig Neues und entwickeln sich weiter. Ob Kinder gerne lernen, hängt auch von der Unterstützung und Begleitung der Eltern ab.

Wie Eltern ihre Kinder dabei unterstützen können – und wie nicht – , weiss der Fribourger Psychologe Fabian Grolimund von der Akademie für Lerncoaching. Wir haben ihn um die wichtigsten Dos and Don'ts für Eltern gebeten. 

🚫 So verlieren Kinder die Freude am Lernen

Stell dir ein Kind vor, dass laut liest und dabei spürt, dass seine Eltern angespannt und gestresst sind. Immer, wenn es liest, hört es Sätze wie «Lies‘ doch etwas sorgfältiger» oder «Konzentriere dich!»

Das sagt der Experte: «In diesem Fall besteht die Gefahr, dass sich das Kind während des Lesens gestresst und unzulänglich fühlt», warnt Fabian Grolimund. «Es erlebt: 'Lesen schadet der Beziehung zu meinen Eltern, ich kann es sowieso nicht und fühle mich dabei dumm'.» In diesem Fall würden die Grundbedürfnisse nach Beziehung, Anerkennung und Selbstwirksamkeit des Kindes während des Lernens frustriert. «Das Kind kann die Lust am Lesen auf diese Weise verlieren.»

✅ So gewinnen Kinder Freude am Lernen

Stell dir ein Kind vor, dass laut liest und dabei spürt, dass die Eltern entspannt und interessiert sind. Immer, wenn es liest, macht es die Erfahrung: Meine Eltern und ich lesen gemeinsam und verbringen dabei eine schöne Zeit. Sie sehen meine Anstrengungen und freuen sich.

Das sagt der Experte: Hier motivieren die Eltern das Kind beim Lesenlernen. «Sie erfüllen die Grundbedürfnisse des Kindes nach Beziehung, Anerkennung und Selbstwirksamkeit während des Lesens», erklärt Fabian Grolimund.

Fabian Grolimund

Der Psychologe Fabian Grolimund leitet zusammen mit der Psychologin Stefanie Rietzler die Akademie für Lerncoaching.

Gemeinsam haben sie mehrere Lernratgeber, zum Beispiel Erfolgreich lernen mit ADHS und ADS (Hogrefe) und Clever lernen (Hogrefe), sowie verschiedene Kinderbücher geschrieben. 

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 Immer auf die Atmosphäre achten!

«Es ist sehr wichtig, dass Eltern auf die Atmosphäre während des Lernens achten!», betont Fabian Grolimund. Und wenn bei den Hausaufgaben ein Konflikt droht? Dann können Eltern früh genug und in ruhigem Tonfall etwas sagen wie: «Ich fände es schade, wenn wir uns wegen der Hausaufgaben streiten. Lass uns eine Pause machen und es später nochmals probieren.» Der Lernexperte rät: «Zur Not geht das Kind mal ohne Hausaufgaben zur Schule.» Das sei weniger schädlich, als wenn das Kind Hausaufgaben mit Konflikten verbindet.

 Aufs Kind schauen

Viele Eltern wollen ihr Kind zum neuen Schuljahr unterstützen – so, dass es gut lernen kann. Was hilft am besten? Ein neues, höhenverstellbares Pult fürs Kinderzimmer? Ein ergonomischer Stuhl? Fixe Zeiten für die Hausaufgaben? Vielleicht – aber vielleicht auch nicht. «Es ist nicht immer sinnvoll, allgemeine Empfehlungen zu beachten», so Fabian Grolimund. Hilfreicher sei stattdessen, auf das eigene Kind zu achten und herauszufinden, was ihm persönlich guttut. Er nennt drei Beispiele:

→ Passt es für mein Kind wirklich, alleine im Kinderzimmer zu lernen? Oder macht es die Hausaufgaben lieber in der Küche, während ich koche oder meine Mails beantworte?

→ Kann es die Hausaufgaben gleich nach der Schule erledigen? Oder braucht es zunächst die Möglichkeit, sich zu bewegen oder sich ein bisschen zurückzuziehen und ist eher kurz vor oder nach dem Abendessen in der richtigen Form?

→ Braucht das Kind eine ruhige Atmosphäre beim Lernen? Oder kann es sich besser konzentrieren, wenn es ein wenig Musik hört?

 Selbstständig statt fehlerfrei

«Jetzt hast du alles alleine geschafft!» oder «So weit bist du schon selbst gekommen?» Mit solchen Sätzen ermutigen Eltern ihr Kind, so viel wie möglich selbst zu tun. Fabian Grolimund: «Kinder lernen oft selbstständiger, wenn sie spüren: 'Meinen Eltern ist es wichtiger, dass ich es alleine versuche, als dass ich alles perfekt und fehlerfrei erledige'.» Das Kind muss nicht immer alles gut oder alles richtig machen. «Was hast du alles auf? Was davon traust du dir alleine zu?» Mit diesen Fragen fördern Eltern die Selbstwirksamkeit.

 Helfen – gut dosiert

Wenn das Kind beim Lernen nicht weiterweiss, fragen sich Eltern oft, ob sie eingreifen sollen oder lieber nicht. «So wenig wie möglich, so viel wie nötig helfen», rät Fabian Grolimund. Es sei von Kind zu Kind unterschiedlich, wie viel und wie lange es Hilfe benötige. «Viele Kinder haben nicht mit den Inhalten Schwierigkeiten, sondern mit der Selbststeuerung. Sie können sich nicht selbst organisieren, haben Mühe anzufangen und dranzubleiben oder können noch nicht mit Unsicherheiten umgehen.» Von den Kindern werde heute vielerorts weit mehr verlangt als früher. Eltern dürfen der Schule zurückmelden, dass ihr Kind überfordert ist. Fabian Grolimund nennt ein Beispiel:

→ Oft wird bereits in der Primarschule mit Wochenplänen gearbeitet: Die Kinder sollen selbst die Hausaufgaben einteilen und über die Woche hinweg erledigen. Die Kinder müssen sich fragen: Was habe ich alles auf? Wie lange benötige ich für die einzelnen Aufgaben? Welches Material brauche ich dazu? Wann in der Woche habe ich Zeit? Bis wann muss was fertig sein? «Und dann müssen sie sich am Mittwoch beim Klingeln daran erinnern, dass sie am Montag doch für heute Nachmittag Mathe eingeplant haben und deswegen jetzt das Heft mitnehmen müssen. Und sie müssen sich dann auch noch überwinden, frühzeitig anzufangen», so Fabian Grolimund. Das alles sei ein hoher Anspruch, den oft selbst Erwachsene nicht erfüllen können.

 Keine neuen Lösungswege

Dürfen Eltern neue Lösungswege vorschlagen? «Darauf würde ich verzichten», sagt Fabian Grolimund. «Gerade Kinder mit Schwächen – beispielsweise in Mathematik – werden auf diese Weise zusätzlich verwirrt.» Oft reagieren sie dann mit Tränen und Sätzen wie «Die Lehrerin hat es aber anders erklärt!» Sinnvoller sei es, so der Lernexperte, das Kind zu ermutigen, die Lehrperson am nächsten Tag nochmals zu fragen.

 Hausaufgaben mit Limit

Manchmal ziehen sich Hausaufgaben scheinbar unendlich in die Länge. Das Kind ist generell eher langsam, kann kaum ruhig sitzen, konzentriert sich wenig, schreibt unordentlich, fühlt sich überfordert oder schiebt auf. Fabian Grolimund weiss, worauf es bei den Hausaufgaben ankommt: «Ganz wichtig finde ich, dass die Hausaufgaben nicht ausufern. Denn lange Hausaufgaben schaden den Kindern langfristig sehr. Es fällt ihnen dann immer schwerer, sich zu konzentrieren und sich auf die Aufgaben einzulassen.» Wichtig sei daher, die Hausaufgabenzeit zu begrenzen. Fabian Grolimund nennt ein Beispiel:

→ Eltern können mit der Lehrkraft Rücksprache halten und beispielsweise die folgende Abmachung treffen: Wenn Lisa, dritte Klasse, 30 Minuten konzentriert Hausaufgaben gemacht hat, darf sie die Hausaufgaben abbrechen, obwohl sie noch nicht fertig ist. Es ist hilfreich, die 30 Minuten zum Beispiel in 3 x 10 Minuten aufzuteilen und dazwischen 2 bis 5 Minuten Pause zu machen – um etwas zu trinken, einen Snack zu essen, Springseil zu hüpfen oder auf Toilette zu gehen. Vor den Blöcken fragt man das Kind: «Weisst du, was du bei dieser Aufgabe machen musst? Ja? Bist du bereit? Los.» Dann wird der Wecker angeschaltet. Fabian Grolimund: «Oft möchten dann die Kinder in der vorgegebenen Zeit so weit wie möglich kommen und sind schneller.»

Gemeinsame Planung

Puh, manchmal hat das Kind wirklich viel zu tun! Die Hausaufgaben sind zu erledigen und ein Test steht an. «Das Kind bei der Planung der Herausforderungen zu unterstützen, hilft dem Kind jetzt am meisten», erklärt Fabian Grolimund. Wann ist der Test? Wie viel Stoff ist es? Auf wie viele Tage wollen wir diesen verteilen? Das Kind kann dann beispielsweise als erstes 10 bis 15 Minuten für den Test lernen und dann die Hausaufgaben erledigen.

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