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Die Schweiz lebt immer noch alte Rollenbilder: Der Mann «büglet» und die Frau bügelt

Der Vater macht mehr im Haushalt und die Mutter geht mehr arbeiten. Die Gesellschaft wandelt sich – aber noch sehr zögerlich, denn die alten Rollenbilder sind immer noch vorherrschend. Dies besagen die neuesten Zahlen vom Bundesamt für Statistik.

rollenbilder: Frau in der Küche

Die Frauen tragen immer noch die Hauptverantwortung im Haushalt.
Foto: Alen Dobric, iStock, Thinkstock

Der Mann ist der Ernährer und die Mutter hütet das Kind. Das ist doch tempi passati. Stimmt nicht, denn diese Rollenbilder sind immer noch vorherrschend. Die neuesten Daten, die das Bundesamt für Statistik für das Jahr 2013 erhoben hat, zeigen, dass rund 87 Prozent der Väter und 17 Prozent der Mütter mit Kindern unter 25 Jahren  vollzeiterwerbstätig waren. Wobei alleinerziehende Mütter den Schnitt heraufziehen. Denn mehr als jede fünfte alleinerziehende Mutter mit einem Kind bis sieben Jahren arbeitet in Vollzeit. Bei Müttern mit Partner hingegen sind es weniger als jede siebte.  Und die anderen machen den Haushalt?

Nicht ganz. 1997 trugen 90 Prozent, der Frauen, welche in einem Paarhaushalt mit Kindern unter 15 Jahren leben, die Hauptverantwortung in der Hausarbeit. Heute sind es noch rund 75 Prozent. Das Paradebeispiel – das Bügeln: Während Mütter 3,6 Stunden pro Woche bügeln sind es bei den Männern 0,6 Stunden. Das Ungleichgewicht im Haushalt zeichnet sich vor allem bei Paaren mittleren Alters ab. Bei jüngeren Paaren und Beziehungen ab dem Rentneralter übernehmen die Männer wieder zirka ein Drittel der Arbeit.

Rollenbilder: Vollzeitarbeit für Vater und Mutter lohnt sich nicht

Ein beliebtes Modell ist bei Müttern das Teilzeitmodell. Rund 60 Prozent der Mütter arbeiten innerhalb eines Teilzeitpensums. Grund dafür sind die hohen Lebenskosten, die einzig durch den Lohn des Mannes kaum gedeckt werden könnten. Dass beide Elternteile Vollzeit arbeiten, kommt für die wenigsten infrage, da man sich an der Erziehung des Kindes aktiv beteiligen will. Dr. Patrik Schellenbauer, der über «Monetäre Bewertung der unbezahlten Haushaltsarbeit» dissertierte, sieht dahinter aber auch ökonomische Fehlanreize: «Der Doppelverdienerabzug macht bezahlte Arbeit für Frauen zwar steuerlich attraktiv. Aber gleichzeitig führt die Kombination von gemeinsamer Steuerveranlagung und einkommensabhängigen Preisen bei Krippen, Prämienverbilligungen et cetera zu massiven Progressionen auf den Zweiteinkommen. Ein Grossteil des Mehreinkommens bei höherem Anstellungsgrad geht dadurch wieder verloren», so im Interview mit der NZZ im letzten Sommer.

Vollzeit zu arbeiten würde sich also gar nicht auszahlen, ausser es bestünde die Möglichkeit das Kind die ganze Woche umsonst abzugeben – bei den Grosseltern zum Beispiel: Diese fungieren als grösste Entlastung für die Eltern und werden häufiger in Anspruch genommen als Krippen oder Tagesmütter. Bei über 50 Prozent der Eltern dient die Verwandtschaft als familienergänzende Betreuung und rund 40 Prozent geben die Kinder an Krippen und Tagesmütter ab. Vielleicht wird diese familienergänzenden Betreuung in Zukunft noch mehr nachgefragt, denn laut Valentin Vogt, Präsident Schweizerischer Arbeitgeberverband, braucht es die Frauen und Männer gleichermassen auf dem Arbeitsmarkt. Aber: «Ohne grundsätzliche Veränderungen bei der Unternehmenskultur wird das nicht gehen. Damit sich etwas verändert, braucht es mehr Frauen in Führungspositionen, welche Einfluss auf die Unternehmenskultur haben», so Vogt am ersten Vereinbarkeitsgipfel der «Pro Familia Schweiz» letzten Montag. Auch der Staat müsse seine Rolle bei der Schaffung von Rahmenbedingungen wahrnehmen, sei es bei der Kinderbetreuung oder mittels steuerlichen Anreizen.

Autor: Ronnie Zumbühl, im Mai 2014

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