6 Tipps, die den Start in die Pensionierung erleichtern
Paare sind in der Schweiz durchschnittlich immer älter, wenn sie Eltern werden. Dadurch kommt es häufiger vor, dass sie in Pension gehen, während das Kind noch zuhause wohnt. Ängste, Sorgen und Startschwierigkeiten des Elternteils können so zur Belastung für die ganze Familie werden.
Das Wichtigste in Kürze:
Von 100 auf null innerhalb eines Tages – was nach einer vernichtenden Bilanz eines Autos klingt, ist gleichzeitig eine Umschreibung für den Start ins Pensionsleben. Viele Berufstätige können jahrelang kaum abwarten, endlich mehr Zeit zu haben, und haben trotzdem zu Beginn des neuen Lebensabschnittes mit Ängsten und Minderwertigkeitsgefühlen zu kämpfen. So auch Daniel Aegerter.
Kurz vor seiner Pensionierung zog sich der sonst so lebensfrohe und aktive Vater aus dem Familienleben zurück. Stille und Emotionslosigkeit prägten diese Phase. «Ein halbes Jahr vorher war schrecklich», erinnert sich seine Frau Eva. «Und ich hätte nicht gedacht, dass es mich so sehr mitbetrifft.» Eva und ihre Tochter Aila bemühten sich, Daniel beizustehen – und holten den 66-Jährigen schliesslich aus seinem Tief heraus.
6 Tipps, die den Pensionsstart erleichtern
Nicht jeder schafft es, sich wie Daniel Aegerter gemeinsam mit seiner Familie selbst aus dem Tief herauszumanövrieren und in die neue Alltagssituation einzufinden. Albert Baumgartner, Sozialarbeiter bei Pro Senectute St. Gallen, gibt wichtige Tipps zur Pensionierung:
1 Neue Ziele stecken
Sie sind nun der eigene Chef Ihres Lebensunternehmens und sollten diese Chance nutzen, um sich neue Ziele zu setzen. Überlegen Sie, was Ihnen Freude bereitet oder welche Visionen Sie für Ihr Leben haben: Vielleicht wollten Sie immer noch eine Sprache lernen, eine Sportart ausprobieren oder Ausflüge unternehmen. Dafür ist nun Zeit!
2 Pflegen Sie Ihre Gesundheit
Physische und seelische Gesundheit sind auch im Alter ein wichtiges Thema – dazu gehören ein gesunder Lebensstil, Bewegung und eine Balance aus Aktivität und Musse. Planen Sie daher bewusst Ruhepausen in Ihren Alltag ein.
3 Soziale Beziehungen neu organisieren
Nach der Pensionierung brechen Kontakte zu ehemaligen Arbeitskollegen oft ab. Daher ist es sinnvoll, die sozialen Beziehungen neu zu organisieren. Wichtig sind für Sie besonders Freunde, mit denen Sie sich bereits vor der Pensionierung über Ihre neue Situation austauschen können. So bekommen Sie klarere Vorstellungen davon.
4 Planen Sie Ihre Zeit
Nun, da Sie keinen vorgeschrieben Tagesablauf mehr haben, müssen Sie Ihre Zeit selbst einteilen. Dazu sollten Sie erst einmal herausfinden, wie viel Zeit Sie für welche Tätigkeit benötigen und einplanen müssen. So können Sie sich aus Ihren neuen Aufgaben einen eigenen Tagesablauf gestalten.
5 Überprüfen Sie Ihre Vorsorge
Natürlich sollten Sie sich bereits möglichst früh um Ihre Rente nach der Pensionierung kümmern. Ideal ist, sich zehn Jahre vor der Pension einen Überblick zu verschaffen: Überprüfen Sie dazu (sofern vorhanden) alle drei Vorsorge-Säulen. Gibt es Kürzungen bei der AHV wegen Beitragslücken? Und wie sieht es mit der beruflichen Vorsorge aus?
Wer Kapital auf einem Konto hat, das er nicht unbedingt benötigt, sollte sich überlegen, sich in die Pensionskasse einzukaufen. Das bedeutet, dass Sie einen gewissen Geldbetrag an die Pensionskasse überweisen und dort anlegen, um später davon zu profitieren. Dies sei vor allem aus steuerlicher Sicht interessant, weil man diese Beträge von der Vermögenssteuer abziehen könne, so Finanzexperte Luca Dauccia.
6 Legen Sie ein neues Haushaltsbudget fest
Durch eine Pensionierung ändert sich in den meisten Fällen auch das monatlich verfügbare Budget. Stellen Sie alle Einnahmen und Ausgaben gegenüber und kontrollieren, wie Sie künftig mit Ihrem Budget am besten zurechtkommen.
Gewährten für die Sat.1-Sendung «Familiezyt» im Oktober 2017 Einblick in ihr Leben: Familie Aegerter. (Video: Sat.1 Schweiz)
Pensionierung – und ihre psychischen Folgen
Die Pensionierung ist in jedem Lebenslauf ein einschneidendes Erlebnis. Das kann zu psychischen Tiefs bis hin zu depressiven Verstimmungen führen, die nicht nur den Betroffenen, sondern auch alle anderen Familienmitglieder belasten. Dies stellt auch Albert Baumgartner in seinem Beruf immer wieder fest. Er weiss, was man gegen depressive Verstimmungen tun kann.
Was tun bei depressiven Verstimmungen?
1 Tief erkennen
Zunächst müssen Sie selbst erkennen, dass Sie sich in einem Tief befinden und eventuell sogar an Depressionen leiden. Erst dann können Sie diese entsprechend behandeln.
2 Gespräche führen
Je nach Ausprägung der Verstimmung helfen oft Gespräche mit Vertrauenspersonen und Familienmitgliedern. Handelt es sich jedoch tatsächlich um Depressionen, ist die professionelle Hilfe eines Therapeuten ratsam, sagt Albert Baumgartner.
3 Die Zeit heilt Wunden
Geben Sie sich selbst etwas Zeit, um mit der neuen Situation vertraut zu werden, sich daran zu gewöhnen und das Tief zu überwinden. Das erfordert mitunter Geduld.
Positiv denken und Pensionsleben geniessen
Der Gedanke, nicht alleine zu sein, half Daniel Aegerter letztlich aus seinem Tief hinaus. Seit seiner Pensionierung hat er nun mehr Zeit für seine Tochter Aila, für Arbeiten im Haus und Garten. Ausserdem gibt er Kurse, die auf die Pensionierung vorbereiten. So hat der 66-Jährige einen Weg gefunden, um seine Zeit weiterhin aktiv und lebensfroh zu gestalten.
Text: Désirée Reinke