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Schwangerschaft > Schwangerschaftsgesundheit

Bodyshaming nach der Geburt: Zwischen Selbstliebe und gesellschaftlichem Druck

Während der zehn Monate deiner Schwangerschaft vollbringt dein Körper Höchstleistungen. Kaum ist das Baby da, wird oft erwartet, dass er möglichst schnell wieder so aussieht wie vorher – von vielen Frauen selbst, aber auch von der Gesellschaft. Iris Lehner, Expertin für postnatales Training, erklärt, warum dieser Druck weder realistisch noch gesund ist. Sie gibt dir wertvolle Tipps, wie du Frieden mit deinem Körper schliessen kannst.

After-Baby-Body: Frau hält ihr Baby in den Armen
Kaum ist das Baby da, soll der Körper wieder so aussehen wie vor der Schwangerschaft – aber der Körper braucht jetzt Zeit, sich zu erholen. © AnaSha / iStock / Getty Images Plus

Wenn ich Mütter nach der Geburt jeweils frage, worauf sie am wenigsten vorbereitet waren, bekomme ich grösstenteils die Antwort: Darauf, wie sich mein Körper nach der Geburt anfühlt. Und auch mir selber ging es so. Während der Schwangerschaft zeigen zahlreiche Artikel und Apps alle möglichen körperlichen Veränderungen und Beschwerden auf. Doch, wer sich über die Zeit nach der Geburt informieren will, findet fast nur Infos zur Pflege und Entwicklung des Babys. Aber wie steht es um die Mutter? Was ist die Erwartung und wie ist es tatsächlich?

Falsche Vorstellungen und gesellschaftlicher Druck

Dass der Bauch nicht sofort wieder weg ist, kaum ist das Baby «draussen» und in der ersten Woche nicht schon wieder gejoggt werden kann, wissen viele. Aber so nach ein paar Wochen, sollte dann doch alles wieder beim alten sein, vor allem, wenn man sich bis Ende Schwangerschaft noch gut fühlte und auch noch regelmässig sportliche Aktivitäten ausgeübt wurde, oder?!

Diese Ansicht scheint in der Gesellschaft und auch unter Frauen stark verankert zu sein. Und deswegen müssen frischgebackene Mamis leider oft auch einiges über sich ergehen lassen. Sprüche wie: «Bist du schon wieder schwanger!?» oder «Bist du sicher, dass sie kein Baby im Bauch vergessen haben?» ein paar Wochen nach der Geburt sind leider keine Seltenheit.

Warum dein Körper nach der Geburt Zeit zur Heilung braucht

Wenn man sich ein paar Fakten über die Schwangerschaft und Geburt ins Bewusstsein ruft, wird aber eigentlich schnell klar, dass die Erholung nicht so schnell gehen kann. Denn…

  • die Bauchmuskeln werden stark gedehnt und zur Seite geschoben.
  • die Gebärmutter wächst von etwa 8 cm auf bis zu 30 cm und wird etwa 2 Kilo schwer.
  • die Bänder, welche die Gebärmutter halten, werden um das drei- bis vierfache gedehnt.
  • bei einer vaginalen Geburt wird der Beckenboden maximal gedehnt.
  • bei einem Kaiserschnitt werden die Bauchdecke und die Gebärmutter durchtrennt.
  • die Plazenta hinterlässt eine Wunde von bis zu zehn Zentimeter Durchmesser in der Gebärmutter.

Der Körper erbringt in der Schwangerschaft über zehn Monate Höchstleistungen und die Geburt, egal ob vaginal oder Kaiserschnitt, ist ein Trauma, von welcher er sich erst wieder erholen muss. Die Stabilität der Körpermitte ist anfangs sehr angeschlagen. Dieses Gefühl, wenn man nach der Geburt, anstatt einen prallen Bauch, ein schwabbeliges Bäuchlein sieht, welches sich auch innen so richtig wackelig anfühlt, ist vor der Geburt unvorstellbar. Umso praller werden dafür nach der Geburt die Brüste durch den Milcheinschuss. Aber auch dies ist häufig unangenehm bis schmerzhaft und es braucht Zeit bis sich das Stillen eingespielt hat. Auch wenn man sich gegen das Stillen entscheidet, braucht der Körper Zeit, sich daran zu adaptieren. Ein paar Meter zu gehen, fühlt sich bereits wie ein Marathon an und das Baby zu tragen, ist bereits eine Höchstleistung.

Die 10-Monats-Regel: Realistisch erholen nach der Schwangerschaft

Keine Sorge. Das Körpergefühl und die Leistungsfähigkeit werden mit der Zeit wieder besser, aber grob gesagt, braucht der Körper nochmals solange wie die Schwangerschaft selber, um sich zu erholen. Also ebenfalls etwa 10 Monate. Wie lange diese Phase dauert, ist aber sehr individuell und von verschiedenen Faktoren abhängig.

Neben den körperlichen Veränderungen, kommen hormonelle Umstellungen und psychische Herausforderungen dazu. Und um das Ganze noch zu erschweren, ist da ja auch noch das Baby, das Aufmerksamkeit, Zuneigung und Pflege braucht… Eine herausforderdernde und fordernde Zeit. Dabei sind Ruhe, viel Schlaf und eine ausgewogene Ernährung genau jetzt die wichtigsten Faktoren, welche die Erholung positiv beeinflussen. Sich Zeit zu nehmen, für erste Wahrnehmungsübungen, dann Rückbildungsübungen und später einen soliden Aufbau der Rumpfmuskulatur, ist gerade jetzt aber nicht immer einfach.

10 Tipps für mehr Selbstliebe und ein gesundes Körperbild

  1. Schliesse Frieden mit deinem Körper! Ich habe 10 Tipps für dich zusammengestellt, die dir helfen können, deinen neuen alten Körper zu akzeptieren und zu lieben.
  2. Übe dich in Geduld. Du warst 10 Monate schwanger und darfst dir nun mindestens genauso viel Zeit geben, um dich davon zu erholen.
  3. Stell dich darauf ein, dass dein Bauch nicht von heute auf morgen verschwinden wird – und das muss er auch nicht.
  4. Vergleich dich nicht mit anderen. So individuell wie deine Schwangerschaft war, ist es auch jetzt danach.
  5. Besorge dir passende Kleidung und setz dich nicht unter Druck, möglichst schnell wieder in deine alten Kleider zu passen.
  6. Hol dir Unterstützung aus deinem Umfeld, damit du dir Zeit für dich selbst nehmen kannst.
  7. Lass dir vor allem am Anfang Zeit und warte, bevor du wieder mit sportlichen Aktivitäten startest. Dein Körper wird es dir langfristig danken.
  8. Starte mit Atem- und Wahrnehmungsübungen, mach eine Rückbildung und danach einen Aufbau, bevor du wieder mit Sport anfängst.
  9. Konzentriere dich auf eine ausgewogene, gesunde Ernährung, statt auf irgendwelche Crashdiäten.
  10. Lass dich zusammen mit deinem Baby fotografieren, auch wenn du mit deinem eigenen Körper gerade nicht zufrieden bist. Die Zeit vergeht so schnell, und bald wirst du dir wünschen, mehr Bilder von dir und deinem Kind aus der Babyzeit zu haben.

Es ist absolut in Ordnung, wenn dein Fokus jetzt nicht auf der perfekten Figur liegt. Fühl dich wohl, so wie du bist!

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