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Autismus bei Kindern erkennen: Symptome, Diagnose und Ursachen

Vermutest du, dass dein Kind an einer Autismus-Spektrum-Störung leidet? Es gibt bestimmte Anzeichen, die darauf hinweisen können. Diese zeigen sich oft schon im ersten Lebensjahr. Wenn Kinder mit ein Jahren nicht lächeln, nicht auf Stimmen oder bestimmte Spiele reagieren oder sich nur für bestimmte Tätigkeiten interessieren, solltest du deinen Kinderarzt darauf ansprechen. Internet-Tests sind nicht verlässlich. Erst eine Abklärung durch eine Fachperson gibt Klarheit. Die häufigsten Symptome, alles zur Diagnose und Tipps für den Alltag für Eltern mit autistischen Kindern. 

Kleiner Junge schaut durch Loch von Holzspielzeug
Menschen aus dem Autismus-Spektrum sehen, hören und erleben die Welt anders als ihre Mitmenschen. © GettyImages Plus, kate_sept2004

Das Wichtigste in Kürze:

  • Kinder mit Autismus nehmen die Welt anders wahr. Verschiedene biologische oder genetische Prozesse können die Entwicklungsstörung auslösen. Die Ursachen.
  • Schon ab frühem Kindesalter können die Symptome auffallen. Zu typischen Symptomen zählen unter anderem die Schwierigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen, ein grosses Interesse an einem Spezialgebiet und das Bedürfnis nach festen Strukturen. Die häufigsten Symptome findest du hier. Die ersten Symptome bei Babys und Kleinkindern findest du hier.
  • Fachpersonen stützen sich bei der Diagnose bei kleinen Kindern vor allem auf die Beobachtungen und Informationen der Eltern. Eine Diagnose ist etwa ab einem Jahr möglich. Mehr zur Diagnostik.
  • Internet-Tests geben keine abschliessende Klarheit, ob ein Kind oder auch eine erwachsene Person im Autismus-Spektrum ist. 
  • Für Kinder mit Autismus ist ein übersichtlich strukturierter Alltag wichtig. Was es im Alltag zu beachten gibt und Tipps für Eltern von autistischen Kindern findest du hier.

Das Bild von Menschen mit Autismus fällt oft einseitig aus. Unsere Vorstellungen sind geprägt von Filmen wie Rain Man aus den 80er Jahren, Serien wie Atypical und Romane wie Das Rosie-Projekt. Aber Menschen mit einer autistischen Wahrnehmung haben genauso vielseitige und individuelle Charaktereigenschaften wie alle anderen Menschen. Die Entwicklungsstörung lässt sich allerdings oft schon im frühen Kindesalter an bestimmten Symptomen erkennen. 

Wie man Autismus bei Kindern erkennt

Das Wort Autismus stammt aus dem Griechischen. Es umschreibt die Eigenschaft, auf sich selbst sehr bezogen zu sein. Regula Buehler, Geschäftsleiterin vom Verein autismus deutsche schweiz erklärt: «Menschen aus dem Autismus-Spektrum sehen, hören und erleben die Welt anders als ihre Mitmenschen.» Autismus-Spektrum-Störungen erkennt man schon früh an verschiedenen Symptomen.

Die häufigsten Symptome von Autismus bei Kindern

Die Autismus-Spektrum-Störung kann sich bei Kindern wie auch Erwachsenen unter anderem folgendermassen bemerkbar machen:

  • Schwierigkeiten bei sozialen Interaktionen und in der Kommunikation
  • Sensorische Über- bzw. Unterempfindlichkeiten
  • Intensive Beschäftigung mit einem Spezialinteresse
  • Starkes Bedürfnis nach festen Alltagsstrukturen und Ritualen
  • Orientierung an Details und Mühe, den Gesamtzusammenhang zu erkennen

Kinder mit Autismus: Unterschiedliche Symptome je nach Alter

Der Autismus begleitet das Kind sein Leben lang. Die Art und Weise, wie sich die autistische Wahrnehmung ausprägt, ist aber immer individuell. Anzeichen von Autismus machen sich oft schon früh bemerkbar, erklärt Regula Buehler. Aber, so fügt sie an: «Autistische Verhaltensweisen verändern sich im Laufe der Entwicklung des Kindes.»

Die ersten Anzeichen: Autismus beim Baby und Kleinkind 

Laut Regula Buehler sind sandardisierte Verhaltensbeobachtungen ab circa zehn Monaten möglich. Viele Eltern stellen fest, dass ihr autistisches Kind die Brust ablehnt und später starre Vorlieben für gewisse Speisen hat. Dazu kommen oft Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Gegen Ende des ersten Lebensjahres fällt oft ein stereotypes Spielverhalten auf: Das Kind spielt nur mit einem spezifischen Gegenstand oder konzentriert sich hauptsächlich auf eine Tätigkeit. Wenn dein Kind um den ersten Geburtstag herum noch nicht brabbelt, nicht lächelt und kaum eine Reaktion auf seine Umwelt zeigt, nicht auf Stimmen reagiert oder einfachen Spiele wie «Gugus-Dada» reagiert, sollte das Vorliegen einer Autismus-Spektrum-Störung abgeklärt werden.

Kleiner autistischer Junge reiht Autos aneinander
Stapeln, aneinander reihen oder ordnen: Autismus lässt sich oft schon früh an der Art des Spiels erkennen. © GettyImages Plus, UrsaHoogle

Autismus bei Kindern feststellen: Die Diagnose

Eltern, die glauben, ihr Kind könnte im Autismus-Spektrum sein, wenden sich am besten zunächst an ihre Kinderärztin oder ihren Kinderarzt. Danach ist es sinnvoll, den Verdacht frühzeitig mit einer Fachperson abzuklären. Adressen, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner hat der Verein autismus deutsche schweiz hier aufgelistet. Die Diagnose ist bereits ab einem Alter von 18 Monaten möglich. Das sogenannte Asperger-Syndrom zeigt sich bei Kindern oder Jugendlichen allerdings oft erst im Schul- oder im Erwachsenenalter.

Zu den Verfahren, die zur Diagnose eingesetzt werden, gehören zum Beispiel:

  • ADOS (Autism Diagnostic Oberservation Schedule)
  • ADI-R (Autism Diagnostic Interview-Revised)
  • AQ (Autism Quotient)

Diese Verfahren bestehen aus standardisierten Verhaltensbeobachtungen und Interviews gepaart mit dem klinischen Eindruck. In der Regel stellen Fachpersonen den Eltern und auch Erzieherinnen und Erziehern, Lehrerinnen und Lehrern, Therapeutinnen und Therapeuten viele Fragen zum Verhalten des Kindes. Darüber hinaus wird es beim Spiel beobachtet. Von der Erstabklärung bis zur Diagnose gibt es mehrere Termine.

Eine Diagnose …

 … kann für Erleichterung sorgen, denn sie bietet eine Erklärung für viele Schwierigkeiten im Alltag und Besonderheiten des Kindes.

…löst in der Regel auch viele Fragen aus: Welche Einschränkungen wird es geben? Welche Unterstützungsmöglichkeiten existieren? Wie wird das Kind in der Schule klar kommen? Noch können die Eltern nicht überblicken, was die Diagnose für das Leben ihres Kindes und auch für ihr eigenes Leben bedeutet.

…ermöglicht Beratungen, in denen die weiteren Schritte geklärt werden, sowie Therapien und eventuell finanzielle Unterstützung.

Autismus: Internet-Test schaffen keine Klarheit!

Im Internet gibt es mehrere Autismus-Tests. Doch viele Symptome treffen auch auf Kinder ohne Autismus zu. So müssen alle Kinder Empathie erst entwickeln. Viele haben Spass an einem Spezialgebiet, in dem sie oft beeindruckende Kenntnisse aufbauen. Und strukturierte Tagesabläufe mit Ritualen sind sowieso ein wichtiger Bestandteil der Kindheit. Regular Buehler: «Diese Internettests können alleine keine Klarheit schaffen.» 

Kleiner Junge spielt mit Sand und Tieren mit einer Psychotherapeutin.
Langer Weg zur Diagnose: Experten beobachten das Kind unter anderem beim Spiel. © GettyImages Plus, aquaArts studio

Das sind die Ursachen für Autismus bei Kindern

Worin die Ursachen von Autismus-Spektrum-Störungen liegen, ist noch nicht abschliessend geklärt. Geforscht wird in den Bereichen Genetik, Umweltfaktoren und Biologie. Wahrscheinlich führen verschiedene Ursachen und auch Kombinationen von Faktoren zu einer Autismus-Spektrum-Störung. Als Hauptursache werden jedoch meist genetische Faktoren verantwortlich gemacht.

Laut Experten können aber auch Infektionskrankheiten der Mutter in der Schwangerschaft, wie die Rötelninfektion, das Risiko einer Autismus-Spektrum-Störung erhöhen. Mehr dazu hier. Laut der Seite Neurologen und Psychiater im Netz konnten diverse Studien aufzeigen, dass eine (starke) Frühgeburtlichkeit das Risiko für Autismus-Spektrum-Störungen erhöht.

Tipps für den Umgang mit Kindern mit Autismus

Ein Kind mit Autismus ist durch seine besondere Wahrnehmung und seine Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und der Kommunikation oft gestresst, verunsichert und manchmal sogar verängstigt. Es braucht Strategien, um mit seinen Gefühlen zurechtzukommen. Vielleicht sondert es sich in überfordernden Situationen ab, weil es Rückzugsmöglichkeiten braucht, um sich zu beruhigen. Oder es nutzt stereotype Verhaltensweisen, um Stress abzubauen. Möglicherweise machen sich die Hilflosigkeit und die Überforderung auch durch impulsives Verhalten bemerkbar. Dafür braucht es Verständnis, Akzeptanz, Geduld und Einfühlungsvermögen. Auch Hilfsmittel können sich auf das Kind stressregulierend auswirken.

5 Tipps für den Alltag von und mit Kindern mit Autismus

1 Ein Kind, das nicht sprechen kann, braucht alternative Kommunikationsmittel wie zum Beispiel Apps und Kommunikationstafeln.

2 Ein strukturierter Alltag mit festen Ritualen und Ordnung ist für ein Kind mit Autismus besonders wichtig. Ein Kind mit Autismus muss wissen, was auf es zukommt, was von ihm erwartet wird, welche Wechsel und Übergänge anstehen und wann es wieder Zugang zu bevorzugten Aktivitäten und Personen hat. Bilder, Piktogramme, Pläne, Checklisten und visuelle Sprache helfen, das Geschehen vorhersehbar zu machen.

3 Geschwisterkindern kann es helfen, von der Diagnose zu erfahren. Zu wissen, dass der Bruder oder die Schwester die Welt ganz anders erlebt, kann ihnen helfen, schwierige Situationen zu verstehen. Es ist wichtig, dass die Geschwisterkinder trotz der fordernden Situation nicht in den Hintergrund rücken.

4 Stereotype Verhaltensweisen setzt das Kind oft dann ein, wenn es sich regulieren möchte. Es gibt Verhaltensweisen, die für das Kind negative Folgen haben können. Wichtig ist, dass eine Fachperson sie sich anschaut. Dabei lässt sich auch erarbeiten, welchen Zweck die Verhaltensweise erfüllt und welche Alternativen hilfreich sind.

5 Geräusche, die Konsistenz bestimmter Lebensmittel und Berührungen können für gewisse Kinder im Autismus-Spektrum eine Herausforderung sein. Hilfreich ist es, ihnen und dem Umfeld Strategien aufzuzeigen, wie sie mit diesen Reizen umgehen können.

Weiterführende Informationen

Eltern von Kleinkindern und Schulkindern mit autistischer Wahrnehmung finden beim Verein autismus deutsche schweiz wertvolle Tipps. Auch die Stiftung Kind und Autismus unterstützt Eltern in der Schweiz mit Beratungen und mehr. 

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