Wie man Hodenhochstand erkennt und wann operiert werden muss
DefinitionUrsachenErkennenSo sieht ein Hodenhochstand ausWas tun?Ablauf der OperationSpätfolgen ohne Operation
Etwa vier Prozent der Jungen kommen mit Hodenhochstand zur Welt. In vielen Fällen wandert der Hoden bis Ende des ersten Lebensjahrs von alleine nach unten. Aber nicht in allen: Dann muss er operativ in den Hodensack verlegt werden. Um den Eingriff zu planen, sollte euch euer Kinderarzt etwa ab dem neunten Monat an einen Spezialisten überweisen. Wir erklären hier alles, was du wissen musst über den Eingriff, die Ursachen und Spätfolgen eines Hodenhochstands.
Fragend schauten wir die Kinderärztin an: Hodenhochstand? Was bedeutet das? Weder ich noch mein Partner hatten bisher davon gehört. Und dies, obwohl ein solcher recht häufig auftritt: Etwa 4 von 100 Jungen kommen mit Hodenhochstand zur Welt. In einigen Fällen rutscht der Hoden von selbst noch in den Hodensack. Aber nicht in allen. Dann wird eine Operation empfohlen, erklärte uns die Ärztin. Aber keine Sorge, beruhigte sie uns. Der Eingriff sei für die Spezialisten reine Routine.
Definition: Was ist ein Hodenhochstand?
Bei einem Hodenhochstand ist mindestens einer der Hoden nicht im Hodensack. Diese Lageabweichung ist angeboren: Rund vier Prozent der neugeborenen Jungen kommen mit hochstehenden/m Hoden zur Welt. Unter Frühgeborenen ist der Anteil noch höher. Statt im Hodensack befindet sich der Hoden noch im Leistenkanal oder sogar im Bauchraum.
Guido Baumgartner ist Leitender Arzt der Kinderchirurgie am Spital Linth und tätig für Kinderärzte Schweiz. Er behandelt und betreut immer wieder kleine Patienten mit Hodenhochstand.
Hat dein Neugeborenes einen oder zwei hochstehende Hoden? Kein Grund zur Sorge, beschwichtigt Guido Baumgartner, Leiter der Kinderchirurgie am Spital Linth: «Der Hoden hat bis Ende des ersten Lebensjahrs Zeit, nach unten zu rutschen.» In zwei Drittel der Fälle von Hodenhochstand bei Neugeborenen senken sich die Hoden innerhalb von drei bis sechs Monaten spontan selbst nach unten, heisst es in einem Bericht des Kinderspitals Zürich.
Hodenhochstand beim Baby: Ursachen
Bei einem Hodenhochstand sollte sich die Mama keine Vorwürfe machen: «Die Schwangerschaft hat keinen Einfluss darauf, ob es zu einem Hodenhochstand kommt», sagt Baumgartner. Wenn der Hoden im Leistenkanal liegt, stecke eine nicht zurückgebildete Auszipfelung des Bauchfells dahinter. «Dies führt dazu, dass der Hoden «feststeckt» und im Kanal fixiert ist.» Wieso der Hoden in einigen Fällen in der Bauchhöhle liegen bleibt, ist laut Baumgartner nicht bekannt.
Hodenhochstand beim Baby oder Kind erkennen
Ob dein Kind einen hochstehenden Hoden hat, wird bei den Vorsorgeuntersuchungen beim Kinderarzt überprüft. Der Arzt kontrolliert die Lage des Hodens in den Untersuchungen im ersten Lebensjahr regelmässig. Stellt er Auffälligkeiten fest, wird er euch als Eltern darauf ansprechen und bitten die Angelegenheit ebenfalls zu beobachten.
Ist es ein Hodenhochstand oder Pendelhoden?
Es kann sein, dass sich der Hoden bei der Kontrolle reflexartig zurückzieht und darum nicht im Hodensack zu tasten ist. «In diesem Fall spricht man von einem Pendelhoden», erklärt Baumgartner. Als Eltern fällt euch beim Wickeln oder beim Baden vermutlich auf, ob sich die Hoden zumindest zwischenzeitlich im Hodensack befinden oder ob einer der Hodensäcke ständig «leer» erscheint. Wenn sich der Hoden zwischenzeitlich im Hodensack befindet, muss in den meisten Fällen nichts unternommen werden. Die Lage müsse aber regelmässig kontrolliert werden, so Baumgartner.
So sieht ein Hodenhochstand aus
Äusserlich lässt sich ein Hodenhochstand von Laien daran erkennen, dass der Hodensack leer erscheint. Ist nur ein Hoden hochstehend, ist dies aufgrund des Kontrasts zum «normalen» Hoden auffälliger. Der Arzt kann den Hodenhochstand nicht nur äusserlich erkennen, er kann auch die genau Lage des hochstehenden Hodens ertasten.
Hodenhochstand erkennen: Der Spezialist ertastet die Lage des hochstehenden Hodens. Grafik: Kinderchirurgie Bremen
Hodenhochstand beim Baby erkennen: Das macht der Arzt
Stellt der Kinderarzt einen Hodenhochstand fest oder vermutet er einen, sollte er euer Kind etwa ab dem neunten Lebensmonat an einen Spezialisten, einen Kinderchirurgen, überweisen. Dieser versucht den hochstehenden Hoden in der Leistengegend oder im Bauchraum zu ertasten. In schwierigen Fällen kann es sein, dass zur Sicherheit ein Ultraschall gemacht wird. Wurde der Hoden lokalisiert, kann die Operation vorbereitet werden. Kann er nicht lokalisiert werden, ist ebenfalls ein operativer Eingriff nötig.
Was tun bei einem Hodenhochstand beim Baby oder Kind?
Bei einem Hodenhochstand, der auch nach Ende des ersten Lebensjahrs besteht, ist ein operativer Eingriff unumgänglich. Der Hoden wird operativ von der Leiste oder dem Bauchraum in den Hodensack verlegt.
Früher wurde versucht, den Hoden mittels Hormontherapie in Bewegung zu setzen. «Da das Problem aber meist mechanisch bedingt ist, bringt dies nichts – der Hoden ist zu weit oben fixiert», erklärt Baumgartner. Auch manuelle Therapien seien aussichtslos: «Es gibt Eltern, die fragen, ob man den Hoden trainieren kann, in dem man ihn von Hand in den Hodensack zieht. Das nützt nichts und ist für das Kind nur eine unangenehme Prozedur.»
Hodenhochstand: Bis wann sollte er operiert werden?
«Ein Hodenhochstand sollte im Idealfall bis Ende des ersten Lebensjahrs operiert werden», rät Kinderchirurg Guido Baumgartner. Früher hat man das Ende des zweiten Lebensjahrs abgewartet. Die neusten Erkenntnisse würden jedoch zeigen, dass der Hoden spätestens ab dem Alter von 15 Monaten nicht mehr spontan deszendiert. Ist dein Sohn betroffen, solltet ihr etwa ab dem neunten Monat mit eurem Kinderarzt das weitere Vorgehen besprechen und euch an den Kinderchirurgen überweisen lassen.
Hodenhochstand beim Baby OP: Ablauf Operation
Um eine Operation werdet ihr nicht herumkommen, wenn der Hodenhochstand auch Ende des ersten Lebensjahrs noch besteht. Je nach Ausprägung des Hodenhochstands läuft die Operation beim Baby anders ab.
Diese drei Szenarien gibt es:
1 Der Hoden befindet sich im Leistenkanal: In diesem Falle kann er in einem einzigen Eingriff in den Hodensack verlegt werden. Der Eingriff dauert rund 30 Minuten und findet ambulant statt, aber unter Vollnarkose.
2 Der Hoden befindet sich im Bauchraum: Mittels Bauchspiegelung wird festgestellt, ob sich der Hoden noch in der Bauchhöhle befindet. Wird er lokalisiert, wird er – je nach Lage und Gegebenheiten – entweder in den Leistenkanal oder direkt in den Hodensack verlegt. Bei einer Verlegung in den Leistenkanal ist eine zweite Operation notwendig, um den Hoden im Hodensack zu fixieren. Der Eingriff dauert 60 bis 90 Minuten und findet unter Vollnarkose statt. Das Kind muss danach zur Beobachtung für ein bis zwei Nächte im Spital bleiben.
3 Der Hoden kann nicht lokalisiert werden: Wenn bei einer Bauchspiegelung kein Hoden auffindbar ist, kann es sein, dass er bereits im Laufe der Schwangerschaft zugrunde gegangen ist - zum Beispiel aufgrund einer Hodentorsion oder gar nie angelegt wurde. Die Bauchspiegelung findet stationär und unter Vollnarkose statt.
Egal, was auf euch und euer Kind zukommt: Jede Variante ist für den Kinderchirurgen ein verhältnismässig kleiner Routineeingriff.
Hodenhochstand Operation: Komplikationen und Spätfolgen
Auch bei einem Routineeingriff kann es zu Komplikationen kommen, fügt Baumgartner an. So kann es sein, dass der Samenstrang verletzt wird, oder dass der Druck auf die Gefässe zu gross wird und der Hoden durch die Schädigung nicht mehr befruchtungsfähig ist. Auch kann es sein, dass eine Vernarbung entsteht und der Hoden deswegen nicht im Hodensack bleibt und eine zweite Operation notwendig ist.
Spätfolgen ohne Operation
Ein Hodenhochstand, wenn in den ersten Lebensjahren operiert, sollte die Fruchtbarkeit und Zeugungsfähigkeit nicht beeinflussen, meint Guido Baumgartner. Wichtig ist aber, dass ein hochstehender Hoden zeitig operiert wird. Ansonsten steigt das Risiko für Hodenkrebs um etwa das Zehnfache. Und je länger der Hoden einer höheren Körpertemperatur als im Hodensack (33 Grad) – 35 Grad in der Leiste und 37 Grad im Bauch – ausgesetzt ist, desto eher wird die Fruchtbarkeit geschädigt.