Kleinkinder, Hände weg vom Smartphone!
Mit der Einführung der 5G-Technologie wird der Strahlenschutz in der Schweiz wieder Thema. Immer mehr Studien weisen auf negative Folgen elektromagnetischer Strahlen für Kinder hin. Doch verteufeln sollte man die digitalen Medien dennoch nicht.
Kürzlich schlugen das Bundesamt für Kommunikation (Bakom), Swisscom, Salt und Sunrise Alarm: Der strenge Strahlenschutz in der Schweiz verhindere die Einführung der neuen Mobilfunktechnologie 5G. Dieses neuartige Netz soll unter anderem Antwortzeiten von wenigen Millisekunden möglich machen und das Internet der Dinge, wo Autos selbständig mit einem Verkehrsleitsystem kommunizieren, ermöglichen. Noch dieses Jahr will der Bundesrat die Frequenzen für diese fünfte Generation von Mobilfunknetzen freigeben, 2020 könnte das Netz in Betrieb gehen.
Strahlung beeinflusst Gehirnaktivität
Das Bakom und die Mobilfunkanbieter sehen allerdings ein grosses Problem: Da der maximal zulässige Grenzwert pro Antenne in der Schweiz tiefer als im internationalen Durchschnitt ist, könne ein Grossteil der Antennen nicht entsprechend aufgerüstet werden. Erst vor einem Jahr hatte der Bund einen Versuch unternommen, die Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung zu lockern – ohne Erfolg. In der Grossen Kammer fand sich keine Mehrheit, aus Sorge um die gesundheitlichen Folgen einer Erhöhung der Strahlengrenzwerte.
Welche Auswirkungen Mobilfunkstrahlen auf die Gesundheit von Menschen haben, wird immer wieder untersucht und diskutiert. Studien zur Langzeitwirkungen ergeben bislang keine eindeutigen Resultate. Sicher ist aber, dass die elektromagnetische Strahlung Effekte auf die Gehirnaktivität hat. Niemand mag das Risiko einer negativen Beeinträchtigung der Gesundheit ausschliessen.
Bei Kindern dringen Strahlen tiefer ins Gehirn ein
So hält eine im September 2017 veröffentlichte Studie, welche die Johannes Gutenberg Universität Mainz im Auftrag der Schweizer Stiftung für Gesundheit und Umwelt durchführte, fest: Elektromagnetische Strahlen verändern die elektrische Gehirnaktivität, was Ursache sein kann für verschiedene Beeinträchtigungen des Befindens und der Gesundheit wie chronische Müdigkeit, Gereiztheit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen.
Bei Kindern, deren Kopf kleiner ist als der von Erwachsenen und die Mobilfunkstrahlung daher in tiefere Hirnregionen dringt, könnten die Auswirkungen noch grösser sein. «Es ist dringlich, Kinder und Jugendliche anzuleiten, wie sie strahlenarm Handys nutzen», sagt Edith Steiner von der Schweizer Sektion der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz. «Zur Langzeitwirkung von Handystrahlung auf Kinder und Jugendliche existieren kaum Studien. Doch die wenigen, die vorliegen, geben keine Entwarnung.» Auch eine Studie der Universität Basel vor vier Jahren habe aufgezeigt, dass ein Zusammenhang bestehe zwischen abendlicher Elektroniknutzung von Jugendlichen und Schlafstörungen, kürzerer Schlafdauer und depressiven Symptomen.
Einschlafstörungen, Konzentrationsschwäche, Übergewicht
Vor einem häufigen Gebrauch von digitalen Medien warnt auch die «BLIKK»-Studie 2017 der deutschen Bundesregierung. Darin haben Kinderärzte rund 5500 Kinder und Jugendliche untersucht und die Eltern befragt, um herauszufinden, wie sich digitale Medien auf Heranwachsende auswirken. Die Studie zeigte folgendes:
- Nutzt eine Mutter mit ihrem Säugling auf dem Arm digitale Medien, hat das Kind eher Fütter- und Einschlafstörungen
- Kinder unter sechs Jahren, die intensiv digitale Medien nutzen, haben häufiger Störungen bei der Sprachentwicklung, sind eher hyperaktiv oder können sich schlechter konzentrieren
- Kinder zwischen 8 und 13 Jahren, die täglich mehr als eine Stunde digitale Medien nutzen, leiden häufiger unter Konzentrationsschwäche oder sind hyperaktiv.
- Sie konsumieren mehr süsse Getränke und Süssigkeiten und haben eher Übergewicht
Smartphone-Nutzung für Kinder beschränken
Fachleute sind sich heute einig: Die Mediennutzung von Kindern sollte beschränkt sein. In die Hände von Babys und Kleinkindern gehören keine Smartphones und Tablets, auch wenn die Versuchung gross ist, sie den Kleinen für eine Weile zu überlassen. Nicht nur wegen möglicher Folgen der elektromagnetischen Strahlung, sondern auch weil eine intensive Mediennutzung generell für die Entwicklung von Kindern problematisch sein kann. Das Smartphone generell zu verbieten, macht in unserer digitalisierten Welt keinen Sinn, doch sollten Eltern ihre Kinder eng begleiten.
Ratgeber zur Handynutzung von Kindern
Viele Informationen und Tipps für den altersgerechten Umgang von Medien bietet Jugend und Medien, die Nationale Plattform für Förderung von Medienkompetenz des Bundesamts für Sozialversicherungen. Unter anderem gibt es einen Ratgeber in 16 Sprachen. Die Broschüre finden Sie unter www.jugendundmedien.ch
Kauftipp zum Strahlenschutz
Wer sich und sein Kind vor Strahlung schützen will, sollte ein Handy mit niedrigem SAR-Wert kaufen. Der empfohlene maximale Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt bei 2,0 Watt/kg. Gut ist es zudem, nur kurz zu telefonieren und das Gerät regelmässig ganz auszuschalten. Auch sollte auf eine gute Verbindung geachtet werden: Je mehr Balken die Verbindungsqualität anzeigt, desto geringer ist die Strahlenbelastung.