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Horrortrip im Schlaf: Wenn Albträume nachts Teenager quälen

Ein lauter Schrei mitten in der Nacht. Der Teenager sitzt schweissgebadet im Bett, ist aber erleichtert, aufgewacht zu sein. Er hasst die Albträume, die ihn immer wieder plagen. Albträume mit ihren erschreckenden Szenarien sind ein verbreitetes Problem in der Pubertät.

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Entspannungstechniken können den jugendlichen Schlaf wieder erholsam werden lassen. © GettyImages, fcafotodigital

Viele Jugendliche werden von schlimmen Träumen geplagt: Sie werden verfolgt, verlieren geliebte Menschen oder fallen ins schier Bodenlose. Angst, Ekel, Trauer und Ärger führen zum plötzlichen Erwachen. Zwar treten Albträume besonders häufig zwischen dem sechsten und zehnten Lebensjahr auf, doch auch Jugendliche quälen sich häufiger als Erwachsene damit herum.

Albträume mit Folgen

Nach einer Nacht mit Albtraum fühlen sich betroffene Jugendliche unausgeschlafen, in der Schule können sie sich nicht richtig konzentrieren. Und Albträume können noch weitere Kreise ziehen. Denn manche Teenager entwickeln eine regelrechte Angst davor und damit auch vor dem Schlafen. Wenn entspanntes Einschlafen nicht möglich ist, entsteht ein Teufelskreis voller Schlafprobleme.

Das Phänomen liegt in der Familie

Zwillingsstudien haben gezeigt, dass es eine genetische Neigung zu Albträumen gibt. «In einer grossen Zwillingsstudie konnte gezeigt werden, dass bei dem Auftreten von Albträumen ein genetischer Faktor eine Rolle spielt», erklärt die AG Traum der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin. Jugendliche, die unter schlimmen Träumen leiden, haben also oft auch Eltern, die solche Träume überdurchschnittlich oft erleben.

Stress löst Albträume aus

Ausgelöst werden Albträume durch Stress in belastenden Situationen. «Experimente haben gezeigt, dass insbesondere in der ersten Nachthälfte das am Tag Erlebte häufig in den Träumen wieder auftaucht», informiert die Schweizer Schlafapnoe-Selbsthilfe. Das kann zum Beispiel ein besonders Leistungsdruck in der Schule oder ein Streit mit der besten Freundin sein. Wie dünnhäutig der Jugendliche ist, spielt dabei auch eine Rolle. «Ein amerikanischer Forscher hat festgestellt, dass Personen mit so genannten dünnen Grenzen häufiger Albträume haben als andere Personen», so die AG Schlafforschung. Als Personen mit dünnen Grenzen gelten Menschen, die kreativ, empathisch, offen und sensibel sind. Sie können sich gegen Stress eher schlecht abgrenzen. Jugendliche sind in der Pubertät ohnehin empfänglich für Stress. Denn die Pubertät ist eine besonders herausfordernde Entwicklungsphase, geprägt von Konflikten, Identitätssuche und Unsicherheit bei der Abnabelung vom Elternhaus.

Albträume drücken Traumata aus

Treten Albträume bei älteren Kindern oder Jugendlichen gehäuft auf, zum Beispiel ein Mal pro Woche, können psychische oder soziale Probleme dahinter stecken. Auch Traumata lassen sie entstehen. Beispiele sind psychische und körperliche Misshandlungen, sexueller Missbrauch und Vergewaltigung. Die AG Schlaf: «In vielen Fällen kommt es zur so genannten Posttraumatischen Belastungsstörung, bei der Albträume häufig ein Leitsymptom sind.»

Schlimme Träume: Erste Hilfe für Jugendliche

Eltern, die in der Nacht von Schreien aufgeschreckt werden, wollen ihrem Teenager gern helfen. Sinnvoll ist es, das Kind sanft aufzuwecken und von dem Traum zu erlösen. Das Licht sollte dabei ausbleiben, damit der Teenager nicht hellwach wird, sondern schnell wieder einschlafen kann. Wichtig ist, ihm kurz zu erklären, dass sein Traum nicht Realität ist und er nur schlecht geträumt hat.

So lässt sich am Tag der Albtraum bewältigen

Leidet der Teenager unter regelmässigen Albträumen, können Eltern ihrem Kind eine Strategie empfehlen, die von der AG Schlaf in ihrem Merkblatt «Albträume: Was kann ich dagegen tun?» vorgestellt wird. Dabei gilt es, den Jugendlichen anzuregen, sich mit dem Inhalt seines Traums auseinander zu setzen, statt ihn zu verdrängen. So soll der Jugendliche ein Traumtagebuch führen mit Beschreibungen und Zeichnungen. Dann gilt es, eine Lösung für einen der Träume zu suchen, Flucht ausgenommen. Die angsterregende Geschichte wird also umgeschrieben und durch aktives Handeln zu einem glücklichen Ende geführt. Vielleicht lässt sich der Dämon selbst in die Flucht schlagen? Oder ein Helfer taucht auf, mit dessen Hilfe ein Verfolger ausgetrickst wird? «Damit sich das neu erlernte Muster auf die Träume auswirkt, ist es wichtig, die Strategie einmal pro Tag (im Laufe des Tages) durchzugehen und sich möglichst gut in der Vorstellung auszumalen», erklärt die AG Schlaf. Dabei solle über zwei Wochen immer der gleiche Traum mit der gleichen Lösung verwendet werden, wobei durchaus weitere Details hinzugefügt werden können

Geborgen im Bett

Ein gutes Gefühl beim Ins-Bett-Gehen erspart manchen Albtraum. Richtig gemütlich soll es sein! Das Bett vermittelt dem Jugendlichen besonders viel Geborgenheit, wenn es in einer Ecke und mit dem Kopfende an der Wand steht. Vielleicht kann ein Paravent die Schlafecke vom Rest des Jugendzimmers abgrenzen. Ein kleines Nachtlicht hilft dem Teenager, sich zu orientieren, falls er nachts aufwacht. Als eine ideale Raumtemperatur in der Nacht gelten 16 bis 18 Grad.

Entspannungstechniken statt Albträume

Auch Entspannungstechniken können den Schlaf wieder erholsam werden lassen. Im Handel sind viele Ratgeber mit Audio-CDs erhältlich, die Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung vermitteln. Entspannungstechniken lassen sich auch in einem Kurs lernen. «Auf diese Art und Weise kann bereits den meisten Kindern und Jugendlichen geholfen werden», betonen die «Neurologen und Psychiater im Netz».

Wann sollte man therapeutische Hilfe beanspruchen?

Wenn aber alle Bemühungen, dem Jugendlichen in der Nacht den Schrecken zu nehmen, nicht fruchten, kann eine therapeutische Hilfe notwendig werden. Hilfreich ist es dann, sich mit dem Kind an einen Verhaltenstherapeuten, einen Psychiater oder an ein schlafmedizinisches Zentrum zu wenden.

Autor: Sigrid Schulze, im September 2016

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