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«Als würde alles unten rausfallen»: Warum Rückbildung ein Muss ist

«Diese Beckenbodenübungen sind so langweilig! Muss das denn wirklich sein?» Ja, sagt Familienleben-Expertin Iris Lehner. Die Postnatal-Trainerin erklärt, warum Rückbildung unverzichtbar ist, wenn man später nicht unter unangenehmen Komplikationen leiden will.

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Einfache Übungen helfen dabei, Komplikationen nach der Geburt vorzubeugen. Bild: Iris Lehner

Immer wieder werde ich gefragt, ob denn Rückbildung tatsächlich nötig wäre. Aus Erfahrung kann ich sagen: Ja! Ich selber habe diese Phase nach der ersten Geburt nämlich ebenfalls total unterschätzt. Wie viele andere sportliche Frauen mit einer problemlosen Schwangerschaft und Geburt dachte ich, dass zwei oder drei YouTube-Videos ausreichen müssen. Nach drei Wochen absolvierte ich bereits wieder ein erstes etwas modifiziertes CrossFit Workout. Absolut nicht empfehlenswert... aber ich wusste es damals einfach nicht besser.

Also: Ja, Rückbildung ist ein Muss, egal wie einfach und unkompliziert die Geburt war, egal ob vaginale Geburt oder Kaiserschnitt, egal ob sportlich oder nicht!

Das passiert mit dem Körper während der Schwangerschaft und der Geburt

  • Die Bauchmuskeln werden stark gedehnt und zur Seite geschoben.
  • Die Gebärmutter wächst von ca. 8 cm bis zu 30 cm und wird ca. 1kg schwer.
  • Die Bänder, welche die Gebärmutter halten, werden um das drei- bis vierfache gedehnt.
  • Der Beckenboden wird durch das zusätzliche Gewicht nochmals belastet.
  • Bei einer vaginalen Geburt wird der Beckenboden maximal gedehnt.
  • Bei einem Kaiserschnitt werden die Bauchdecke und die Gebärmutter durchtrennt.
  • Die Plazenta hinterlässt eine Wunde mit bis zu zehn Zentimeter Durchmesser in der Gebärmutter.

Diese Liste ist nicht vollständig, aber es wird deutlich, dass die Schwangerschaft und Geburt eine riesige Belastung für den Körper sind. Das bedeutet, dass sich der Körper wieder erholen muss. Dies dauert nicht ein paar Tage oder Wochen, sondern Monate oder Jahre. Rückbildung ist hier der erste Schritt, den Körper dabei aktiv zu unterstützen. Jeder Sportler weiss, dass eine Verletzung erst verheilen muss, dass man dies mit spezifischen Übungen unterstützen kann, dass danach ein Aufbau nötig ist und erst dann wieder das davor gewohnte Ausmass an sportlicher Betätigung möglich ist. Dies ist nach einer Geburt nicht anders.

Wann kann mit der Rückbildung begonnen werden?

Die Rückbildung, respektive Heilung beginnt mit dem Abstossen der Plazenta von selbst. Unterstützen können Sie diesen Prozess von Anfang an mit Atemübungen und angepassten Verhaltensweisen im Alltag. Ganz leichte spezifische Rückbildungsübungen können langsam dazu genommen werden. Klassische Rückbildungskurse werden oft ab sechs bis acht Wochen nach der Geburt angeboten. 

Was passiert ohne Rückbildung?

Aus der Aufzählung oben ist ersichtlich, dass vor allem der Beckenboden und die Bauchmuskulatur durch die Schwangerschaft und Geburt sehr belastet werden. Wenn Sie Glück haben, bildet sich das ganze System ohne Probleme zurück. Jedoch steigt das Risiko für Dysfunktionen ohne Rückbildung.

Im Bereich der Bauchmuskeln kann dies zu einem bleibenden Spalt zwischen den geraden Bauchmuskeln, einer sogenannten Rektusdiastase, führen. Aufgrund einer Beckenbodenschwäche können Inkontinenz oder eine Senkung der Blase, Gebärmutter oder des Dammes auftreten. Die Symptome sind unterschiedlich und reichen von Rückenschmerzen über ungewollten Urinverlust zu einem Schweregefühl, als würde «alles unten rausfallen». Dies kann im Alltag sehr einschränkend sein und zu einer grossen psychischen Belastung werden.

Muss ich einen Rückbildungskurs besuchen?

Nein, auch wenn die Rückbildung ganz klar ein Muss ist, muss diese nicht zwingend mit einem klassischen Gruppenkurs geschehen. Wenn Sie einen für sich passenden Kurs in deiner Nähe finden, ist dies natürlich eine gute Option.

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Es gibt aber auch Alternativen. Ich empfehle jedem, einen Beckenbodenphysiotherapeuten nach der Geburt zu konsultieren, dabei kann auch eine individuelle Rückbildung angeschaut werden. Zudem gibt es mit der heutigen Technik die Möglichkeit, die Rückbildung selbständig daheim mithilfe einer App oder eines Onlinekurses zu absolvieren. Dafür braucht es aber etwas mehr Selbstdisziplin als bei einem Kurs vor Ort, da der Zeitpunkt nicht vorgegeben wird. Und aufgepasst: Mehr ist nicht zwingend mehr! Entscheiden Sie sich für ein Programm und halten Sie sich daran. Es bringt nicht wirklich einen Mehrwert, mehrere Programme gleichzeitig durchzuführen, da die Gefahr, Ihren Körper zu überfordern, gross ist.

Aber Rückbildung ist langweilig und nicht wirklich streng!

Ja, ich gebe zu, ich persönlich finde Rückbildung auch langweilig und nicht anstrengend im Sinn von auspowern. Ich musste mich nach der zweiten Schwangerschaft dazu zwingen, es langsam und diszipliniert anzugehen und nicht zu schnell zu viel zu wollen. Es schien am Anfang endlos und einfach nicht genug schnell vorwärts zu gehen. Aber vertrauen Sie Ihrem Körper und dem Prozess! Es wird besser und einfacher und die Zeit für anstrengenden Sport ohne Komplikationen kommt schneller wieder, wenn Sie es am Anfang etwas langsamer angehen lassen.

Was kommt nach der Rückbildung?

Wie bereits erwähnt ist die Rückbildung der erste wichtige Schritt auf dem Weg zurück zu anstrengenden sportlichen Leistungen nach der Geburt, aber damit ist der Weg dorthin noch nicht zu Ende. Nach der Rückbildung braucht es einen gezielten und gut programmierten Aufbau, um wieder voll in die gewünschte Sportart einsteigen zu können. Danach einfach wieder die Laufschuhe zu montieren und darauf loszurennen oder sofort wieder schwere Gewichte zu heben, könnte Sie auf Ihrem Weg weit zurückwerfen.

Iris Lehner Training

Iris Lehner will der Coach sein, den sie vor dem ersten Kind selbst gerne gehabt hätte. Darum hat sie sich mit ihrer Firma Iris Lehner Training selbstständig gemacht. Die Pregnancy- und Postpartum-Trainerin berät Frauen rund ums Training mit Babybauch und nach der Geburt und bietet Online-Coachings und -Beratungen an. Mit Trainings wie den MomFit-Kursen will sie Freude an Bewegung wecken. Die zweifache Mutter ist selbst begeisterte Crossfitterin.

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